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Gesellschaft

Trumps Luftschlösser

Wolfgang Dick
19. November 2016

Donald Trump hat in der Vergangenheit nicht nur mehrere gedankliche Anläufe zur US-Präsidentschaft unternommen - er wollte auch als Immobilien-Tycoon in Deutschland hoch hinaus.

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Deutschland Studie Grand Tower in Frankfurt am Main
Bild: Zabel Property AG

Champagner trinken im Sonnenuntergang mit Blick auf eine atemberaubende Skyline, umgeben von Wasserfällen und Palmen im Dachgarten auf dem 50. Stockwerk des Trump-Tower in 200 Metern Höhe - nicht in New York, sondern in Frankfurt am Main. Das war die Vision von Donald Trump für das höchste Hochhaus Europas im November 2001. Nur wenige Wochen nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York umfassten die Pläne für den Trump-Tower Frankfurt deshalb auch Baumaterial aus hochdruckfähigem Beton. Nur das Beste vom Besten sollte verarbeitet werden. Ein Investment von 350 Millionen Euro. Lokalpolitiker waren von dem Prestigeprojekt begeistert. Doch alles verlief kläglich im Sand.

"Die damaligen Pläne greift Trump wieder auf und will nun bis zum Frühjahr 2017 das Hochhaus in Frankfurt tatsächlich Wirklichkeit werden lassen", schrieb das Stadtmagazin Journal Frankfurt vor einigen Monaten. "Der künftige mächtigste Mann der Welt greift damit seine Pläne aus dem Jahr 2001 und seine Gespräche mit der damaligen Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) wieder auf. Jetzt ist sein Ansprechpartner der Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Diesmal soll das Projekt gelingen. Trump kommentiert das optimistisch, man komme ohnehin mit einem Mann einfach schneller ins Geschäft. Vorgesehen sind 70 Prozent Luxus-Appartements und immerhin 30 Prozent Sozialwohnungen."

Der geneigte Leser kommt wohl schon über das Wort Sozialwohnungen im Zusammenhang mit einem Mister Trump ins Grübeln. Auch die Information, dass die Fassade nicht in Echtgold gefasst sein sollte, macht stutzig. Und spätestens das Datum der Veröffentlichung des Artikels - der 1. April 2016 - offenbart, dass es sich um einen Aprilscherz handelte. Die späte Realisierung des Hochhauses war schlicht frech erfunden, hatte aber einen realen Hintergrund.

Abgefunkelt

Das Projekt mit dem Trump-Tower in Frankfurt gab es tatsächlich. Aber eben nur im Jahr 2001. Fertig gestellt werden sollte das Hochhaus dann im Jahr 2006 oder 2007. Petra Roth erinnert sich noch lebhaft an die Begegnung mit dem selbst erklärten Milliardär. "Sehr amerikanisch." Mit allem Pomp hatte Trump die Frankfurter Delegation um Roth in sein New Yorker Büro an der Fifth Avenue eingeladen und seine Pläne persönlich erläutert. Er wolle am Ufer des Flusses Main bauen - mindestens 200 Meter hoch. Doch das, was Trump sich vorstellte, ging den deutschen Stadtplanern zu weit. Sie boten nur das Europa-Viertel in Frankfurt an, eine kleine Parzelle am Rande des eigentlichen Zentrums. Das passte Trump gar nicht. Dennoch kam er persönlich nach Frankfurt, um seine Vorstellungen zu retten. Man kam sich aber nicht näher. Trump soll schmollend abgezogen sein. Für immer.

Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth
Petra Roth verhandelte persönlich mit Donald TrumpBild: picture-alliance/dpa

THINK BIG!

Dass Trump keinen Riecher für lohnende Geschäfte hätte, können ihm selbst seine ärgsten Kritiker nicht vorwerfen. In einer der führenden Wirtschaftsnationen wie Deutschland müsse etwas zu holen sein, dachte sich Trump und lag mit seiner Einschätzung "goldrichtig". In den vergangenen 15 Jahren sind die Immobilienpreise in deutschen Metropolen wie Frankfurt, Hamburg, München und Berlin tatsächlich um bis zu 25 Prozent, stellenweise sogar um bis zu 70 Prozent gestiegen. Bereits im Jahr 2000 beschloss Trump am deutschen Markt mitzuverdienen. Mit den schönsten, höchsten und größten Hochhäusern, die technisch machbar wären. 

Die TD Trump Deutschland AG wurde gegründet. Das Stammkapital betrug gerade einmal vier Millionen Euro. Mitgesellschafter neben Trump war Ulrich Marseille, der Eigner und Gründer der Marseille Kliniken Hamburg. Der Leiter von Trumps Immobilien-Unternehmen in Deutschland hieß Hans Ulrich Gruber, ein ehemaliger Vorstand des Thyssen-Konzerns. Doch was so hoffnungsvoll begann, endete wenig ruhmreich. Die AG wurde nach Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern aufgelöst. Das war 2005. Davor aber lagen vier Jahre, in denen das ganz große Rad gedreht werden sollte.

Größenwahn und Grenzen

Deutschland Hans Ulrich Gruber und Wolfgang Schuster (CDU) halten Modelle des Trump Tower
Hans Ulrich Gruber (l.), Chef der TD Trump Deutschland AG und Wolfgang Schuster, Stuttgarts Ex-OB mit Modellen der geplanten Hochhäuser Bild: Stuttgarter Zeitung/A. Zweygarth

Den Anfang wollte man im boomenden Berlin machen. Direkt am Alexanderplatz, einem Filetstück der Hauptstadt, wollte Trump mindestens eine Milliarde Euro investieren. Nicht für Hotels, Kasinos oder Golfplätze, sondern für ein gigantisches Hochhaus von mindestens 200 Metern Höhe. Trumps Statthalter in Deutschland, Hans Ulrich Gruber, beschrieb die Motivation des amerikanischen Investors damals so: Es sei Trumps Wunsch, "eine Brücke zwischen Berlin und New York zu schlagen". Die Tragweite dieses großherzigen symbolischen Aktes muss die Verwaltung der Stadt Berlin allerdings nicht gleich erkannt haben. Sie verwies schlicht auf bestehende Bauvorschriften. Die ließen nur eine Hochhaushöhe von maximal 150 Metern zu. Auf derart "kleingeistiges Denken" wollte sich Trump nicht weiter einlassen.

In Stuttgart stieß Trump zunächst auf mehr Verehrung. Die Stadtverantwortlichen waren begeistert und boten ein Grundstück an herausgehobener Stelle zum Bau an: den so genannten Pragsattel. Hier sollten bis 2004 insgesamt 250 Millionen Euro verbaut werden - für 55 Stockwerke und einen 220 Meter hohen Turm mit transparenter Glasfassade. Der ambitionierte Entwurf des renommierten Hamburger Architekten Peter Schweger wurde mit viel Aufwand in der Staatsgalerie Stuttgart präsentiert, vor vielen honorigen Gästen.

Trump war glücklich. Der Baubeginn stand schon kurz bevor, als es plötzlich doch noch zu einer unerwarteten Wendung kam: Den verantwortlichen Politikern in der Stadt Stuttgart fehlte ein Finanzierungsplan Trumps. Damit verstärkten sich Zweifel an der Bonität des Bauherrn aus Amerika. Man wollte nicht auf einer Bauruine sitzen bleiben. Als sich die Zweifel an den Finanzzusagen nicht ausräumen ließen, stellte Stuttgart das Bauplanfeststellungsverfahren ein. Der Gemeinderat verweigerte im Januar 2003 die Genehmigung zum Bau. Trump tobte. Der schillernde Baumagnat klagte und verlangte Schadensersatz für seine aufgelaufenen Planungskosten in Millionenhöhe. Doch das Landgericht Stuttgart wies Trumps Klage in zweiter Instanz ab. Ende der Vorstellung.

Deutschland Studie Grand Tower in Frankfurt am Main
Gigantische Aussichten auf Frankfurt bietet der "Grand Tower" ab dem Jahr 2019Bild: Zabel Property AG

Bittere Schlusspointen

Kenner der Immobilienbranche mögen die derzeit in Deutschland gerne über Trump ausgeschütteten Kübel an Häme nicht verteilen. Von zehn angedachten Bauprojekten würde höchstens eines realisiert. Das sei in dem Geschäft absolut üblich und würde keine Aussage über ein spezielles Versagen Trumps machen.

Der Hochhauskönig kann auch froh sein, dass seine Pläne in Deutschland nicht funktioniert haben. Die "Wirtschaftswoche" berichtete, dass der ehemalige Gesellschafter der TD Trump Deutschland AG, Ulrich Marseille in betrügerische Deals involviert sein soll, um seine Klinikkette vor dem Konkurs zu retten. Und die Immobilieninvestitionsgesellschaft IVG AG aus Bonn hat sich mit "The Squaire", dem größten Bürogebäude Deutschlands mit 140.000 Quadratmetern Gesamtfläche direkt über dem Bahnhof des Frankfurter Flughafens, finanziell derart verhoben, dass zwischenzeitlich fast die Pleite drohte.

Trump kann sich aber auch heftig ärgern. Denn Deutschlands größtes Wohnhochhaus baut jetzt das Berliner Unternehmen gsp Städtebau GmbH. Erstellt werden derzeit 47 Stockwerke für 401 Appartements. Der Luxus vom Feinsten mit Concierge und Aussichtsterrassen entsteht ausgerechnet im Frankfurter Europaviertel. Es ist das Gebiet, in das Trump auf keinen Fall bauen wollte - eine Fehleinschätzung des künftigen US-Präsidenten. Denn die mit der Vermarktung exklusiv beauftragte, international erfolgreiche Firma Zabel Property AG vermeldet aktuell, dass bereits 70 Prozent aller Eigentumswohungen im "Grand Tower" in Frankfurt verkauft sind - für sagenhafte 19.000 Euro pro Quadratmeter.