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Politik

Trumps Umsturzpläne für Venezuela

Oliver Sallet Washington
3. April 2020

Inmitten der Corona-Krise schicken die USA Kriegsschiffe und Aufklärungsflugzeuge ins karibische Meer. Präsident Trump wittert seine Chance, den Druck auf das Maduro-Regime zu erhöhen. Aus Washington Oliver Sallet.

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Venezuela Coronavirus Nicolas Maduro
Die Corona-Krise hält derzeit auch Venezuelas Staatschef Maduro in AtemBild: AFP/Venezuelan Presidency/J. Zerpa

Das tägliche Briefing des US-Präsidenten ist in amerikanischen Wohnzimmern zum festen Bestandteil eines Quarantänetages geworden. Bis zu acht Millionen Amerikaner schalten ein, wenn Präsident Donald Trump und sein Expertenstab die neuesten Zahlen und Entwicklungen präsentieren - und die sahen zuletzt nicht gut aus.

Zwar sind die Amerikaner nach den prognostizierten Todeszahlen von bis zu 240.000 schon einiges gewohnt. Das Briefing vom Mittwoch kam für viele dennoch wie ein Paukenschlag. Zunächst kein Wort von der Corona-Krise, stattdessen kündigten Trump und sein amtierender Verteidigungsminister Mark Esper eine der größten US-Militäroperationen der letzten Jahre im karibischen Meer an: einen Anti-Drogen-Einsatz mit Kriegsschiffen und Aufklärungsflügen - die militärische Präsenz in der Region soll verdoppelt werden.

Der Sender CNN unterbrach die Pressekonferenz schon nach wenigen Minuten. Der Präsident missbrauche die Bühne im Presseraum des Weißen Hauses für Wahlkampfmanöver, so die Meinung der Experten.

Erinnerungen an die Invasion von Panama

Die US-Regierung sieht das naturgemäß anders: Trump wolle Amerika "vor der tödlichen Geißel der illegalen Drogen schützen", sagte er auf der Pressekonferenz. Und Verteidigungsminister Esper machte keinen Hehl daraus, dass es der US-Regierung dabei auch um Venezuelas Machthaber Nicolas Maduro geht. Das Regime hänge von den Einnahmen aus dem Drogenverkauf ab und die Menschen litten enorm infolge Maduros "krimineller Herrschaft über das Land".

Das Manöver weckt Erinnerungen an die US-Invasion in Panama im Jahr 1989, durch die der damalige Machthaber Manuel Noriega gestürzt wurde. Auch ihm warfen die USA Drogenschmuggel vor - und machten ihm anschließend den Prozess.

BG US-Invasion in Panama 1989 | US Helikopter
Mit der Invasion in Panama 1989 stürzten die USA den damaligen Machthaber NoriegaBild: AFP/C. Guardia

Maduro selbst sieht sich seit vergangener Woche einer Anklage der US-Justiz ausgesetzt. Ein New Yorker Gericht wirft ihm und 14 weiteren amtierenden und ehemaligen venezolanischen Politikern "Narco-Terrorismus, Korruption, Drogenschmuggel und andere kriminelle Vergehen" vor und setzte ein Kopfgeld von 55 Millionen US-Dollar aus.

Augenwischerei aus dem Weißen Haus

Ein Militäreinsatz gegen die illegalen Aktivitäten des Maduro-Regimes und zum Schutz der eigenen Bevölkerung, will die US-Regierung also glauben machen. Mehr noch: Wenn Maduro und sein politischer Gegenspieler, der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaido, den Weg frei machten für eine unabhängige Übergangsregierung, wären die USA bereit, ihre Sanktionen gegen Venezuela fallen zu lassen.

Venezuela-Experte Geoff Ramsey vom Washington Office for Latin Amerika (WOLA) warnt in einem Meinungsartikel für die "Washington Post" vor Augenwischerei. Zwar sei die Menge des Kokains, das aus Kolumbien über Venezuela in die USA gelangt, "signifikant", es handele sich dabei aber nur um einen Bruchteil des Kokains, das auf anderen Wegen nach Amerika geschmuggelt werde. Venezuela sei "kein Haupttransitland für Drogen, die in Richtung USA geschmuggelt werden", schreibt Ramsey und bezieht sich dabei auf erst kürzlich veröffentlichte Daten der US-Regierung, die er ausgewertet hat. Geht es nach Ramsey, steckt also mehr hinter der Militäraktion als Amerikas Wunsch, Drogenschmugglern das Handwerk zu legen.

Trumps außenpolitische Ablenkungsmanöver

Klar ist, die Welt befindet sich durch die Corona-Pandemie im Ausnahmezustand und Präsident Trump steht gewaltig unter Druck. Erst einen Tag zuvor musste er seinen Bürgern erklären, dass sein Land bis zu 240.000 Tote zu erwarten habe. Bedenkt man Trumps anfängliches Zaudern, als er das Virus wochenlang als "harmlose Grippe" und "Erfindung der Demokraten" kleinredete, kommen diese Zahlen einem politischen Offenbarungseid gleich. Trump muss sich den Vorwurf gefallen lassen, zu spät reagiert zu haben.

Präsident Donald Trump
US-Präsident Trump verkündete die Pläne bei seinem Corona-Pressebriefing am MittwochBild: picture-alliance/O. Contreras

Manche sehen das Säbelrasseln im karibischen Meer daher als ein klassisches Ablenkungsmanöver: Ein außenpolitischer Erfolg soll helfen, um von einer innenpolitischen Schieflage abzulenken.

Dabei geht es der Trump-Regierung wohl nicht nur um Ablenkung. DW-Korrespondent José Briseño, der aus Washington die Lage in Venezuela verfolgt, glaubt, das Weiße Haus sieht nun die Chance, den Druck auf das strauchelnde Maduro-Regime zu erhöhen, mit dem Ziel eines Regimewechsels in Venezuela.

Zwar sei es keine Frage, dass Venezuela eine wichtige Rolle im Drogenschmuggel spiele, sagt Briseño. Das sei aber bereits seit mindestens zehn Jahren der Fall und deshalb zwinge sich umso mehr die Frage auf, warum die USA eine so "schwerwiegende Operation" ausgerechnet jetzt lanciert, mitten in der Coronakrise.

Venezuelas Schwäche nutzen

Die Folgen des Coronavirus für Venezuela, dessen Wirtschaft schon vor dem Ausbruch der Pandemie wirtschaftlich am Boden lag, sind verheerend. Das Gesundheitssystem stand schon ohne Pandemie kurz vor dem Zusammenbruch. Es fehlt im Land an nahezu allem - Machthaber Maduro hat seine Bürger zuletzt im Staatsfernsehen auf die "schwerste Notlage in der Geschichte des Landes" eingeschworen.

Das Virus, das Präsident Trump zuletzt ein historisches Umfragehoch beschert hat, soll ihm jetzt also dabei helfen, den alten Konflikt mit dem Maduro-Regime zu lösen und eine unabhängige Übergangsregierung ins Amt zu bringen.

Maduro, der zurzeit noch von Russland und China geschützt wird, hat bereits klar gemacht, was er von der "amerikanischen Verschwörung" hält: Er sei als Staatschef verpflichtet, "den Frieden und die Stabilität" des Landes unter allen Umständen zu verteidigen, schreibt er auf Twitter.

Maduros Versprechen könnte für viele Venezolaner wie Zynismus klingen. Zuletzt hatte nur jeder dritte Venezolaner Zugang zu ausreichend Nahrung. In Teilen des Landes ist zudem das Trinkwassersystem zusammengebrochen.