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Politik

Aktuell: EU plant neue Russland-Sanktionen

7. Dezember 2022

Die Europäische Kommission will Russland mit einem neunten Sanktionspaket weiter unter Druck setzen. Diplomaten bei den UN berichten, der Kreml habe im Iran Hunderte neue Drohnen bestellt. Nachrichten im Überblick.

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
Die bisherigen acht EU-Sanktionspakete zeigten bereits deutliche Wirkung, sagte Kommissionschefin Ursula von der Leyen Bild: Florion Goga/REUTERS

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • EU-Kommission schlägt neues Sanktionspaket gegen Russland vor
  • Moskau soll neue Drohnen und Raketen beim Iran bestellt haben
  • Warschau wirft Berlin Vertrauensbruch vor
  • Polen nimmt jetzt doch Patriot-Flugabwehrsysteme von Deutschland
  • Ukraine fordert weitere technische Ausrüstung

 

Die Europäische Kommission will Russland mit einem umfassenden neunten Sanktionspaket weiter unter Druck setzen. "Wir stehen an der Seite der Ukraine und lassen Russland für seine Grausamkeiten bezahlen", schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter.

Mit dem neunten Paket sollen fast 200 Personen und Organisationen zur Sanktionsliste hinzugefügt werden. Die neue Liste umfasst laut von der Leyen "Schlüsselfiguren bei den brutalen und gezielten Raketenangriffen Russlands auf Zivilisten und bei der Entführung ukrainischer Kinder nach Russland". Auch seien Sanktionen gegen drei weitere russische Banken angedacht. Zudem werden neue Exportkontrollen und -beschränkungen vorgeschlagen, insbesondere für Güter, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke genutzt werden können, darunter bestimmte Chemikalien, Nervengas, Elektronik und IT-Komponenten. Daneben will die EU auch den Export von Drohnenteilen nach Russland und in den Iran verbieten. Außerdem sollen vier Nachrichtenorganisationen, die der Kommissionschefin zufolge Propaganda verbreiten, vom Netz genommen werden.

Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen erfordern einen einstimmigen Beschluss der Mitgliedsländer. Im Idealfall sollen sie nächste Woche in Kraft treten.

Kreml soll Hunderte Drohnen bestellt haben

Russland soll nach Angaben von Diplomaten Hunderte Drohnen und ballistische Raketen aus dem Iran bestellt haben. "Wir wissen, dass der Iran plant, seine Lieferungen von unbemannten Flugkörpern und Raketen an Russland in erheblichen Mengen zu erhöhen", teilten Beamte bei den Vereinten Nationen in New York der Deutschen Presse-Agentur mit. Moskau wolle damit dem akuten Mangel an militärischem Nachschub begegnen. Es handle sich um mehrere hundert Geschosse und hunderte Drohnen. "Ich glaube nicht, dass sie schon versandt wurden, aber sie stehen eindeutig in den Auftragsbüchern", hieß es aus New York weiter.

Kampfdrohnen im Iran
Kampfdrohnen im Iran (Foto vom August) Bild: Iranian Army Office/ZUMA/IMAGO

Der Iran hatte nach übereinstimmenden Berichten im August Drohnen nach Russland geschickt, die zum Beispiel für Angriffe auf militärische Objekte wie Radaranlagen und Artillerie benutzt werden können. Wenige Wochen später attackierten Russlands Streitkräfte Ziele in der Ukraine mehrfach mit iranischen Kamikaze-Drohnen vom Typ Schahed 136, die mit hoher Geschwindigkeit auf ihr Ziel stürzten und große Schäden anrichteten.

Warschau wirft Berlin Vertrauensbruch vor

In Hin und Her um das deutsche Angebot von Patriot-Luftabwehrsystemen hat Warschau der deutschen Bundesregierung jetzt einen Vertrauensbruch vorgeworfen. "Der grundlegende Fehler der deutschen Seite bestand darin, dass sie mit dem Angebot der Patriot-Systeme an die Medien gegangen ist, bevor die Verhandlungen beendet waren", sagte Vize-Außenminister Marcin Przydacz dem öffentlich-rechtlichen Sender TVP.

Zuvor hatte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak bekanntgeben, Polen werde die deutschen Flugabwehrsysteme nun doch annehmen. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht und Blaszczak hätten "sich im Grundsatz geeinigt", teilte ein Sprecher in Berlin mit. Einzelheiten wie denkbare Orte der Stationierung und die erforderliche Infrastruktur würden jetzt auf Fachebene besprochen. 

Gefechtsbereites Patriot-Flugabwehrsystem
Gefechtsbereites Patriot-Flugabwehrsystem der Bundeswehr auf dem Militärflughafen Schwesing in Schleswig-Holstein Bild: Axel Heimken/dpa/picture alliance

Nach einem Raketeneinschlag im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine Mitte November hatte Deutschland angeboten, den NATO-Partner Polen mit den Patriots zu unterstützen. Blaszczak nahm das Angebot zunächst an. Einen Tag später schlug er jedoch überraschend vor, die deutsche Flugabwehr statt in Polen auf ukrainischem Gebiet zu stationieren. Dies sorgte in Berlin für Verstimmung. Der Einsatz der Patriots in der Westukraine hätte die polnische und ukrainische Sicherheit erhöht, erklärte Blaszczak via Twitter.   

Selenskyj zur "Person des Jahres" gekürt

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist wegen des Widerstandes gegen den russischen Einmarsch in sein Land vom US-Magazin "Time" zur Person des Jahres gewählt worden. Chefredakteur Edward Felsenthal erklärte: "Ob der Kampf um die Ukraine einen mit Hoffnung oder mit Angst erfüllt, Wolodymyr Selenskyj hat die Welt auf eine Weise elektrisiert, wie wir es seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben."  Der 44-Jährige habe eine "schicksalhafte" Entscheidung getroffen, nach dem Einmarsch der Russen Ende Februar sein Land nicht zu verlassen, sondern in Kiew zu bleiben. "Seine Informationsoffensive veränderte die geopolitische Wetterlage und löste eine Welle weltweiter Handlungen aus", so das Magazin weiter.

"Brauchen Abwehrsysteme und Ausrüstung für Energieanlagen"

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal ruft angesichts der russischen Raketenangriffe auf die Energieversorgung zu weiterer Unterstützung auf. "Wir brauchen zwei Dinge, um eine humanitäre Katastrophe und eine neue große Flüchtlingswelle zu vermeiden", sagte Schmyhal den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er nannte moderne Luftverteidigungs- und Raketenabwehrsysteme, über die westliche Länder einschließlich Deutschland verfügten. Außerdem benötige die Ukraine Ausrüstung und Ressourcen für die Wiederherstellung beschädigter Energieanlagen. Russland habe rund die Hälfte aller Energieanlagen in der Ukraine beschädigt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensyj besuchte am Montag Soldaten im Kriegsgebiet.

Präsident Selenskyj besucht Front im Donbass

USA: Haben die Ukraine nicht zu Angriffen ermutigt

Nach den mutmaßlich ukrainischen Drohnenangriffen auf Militärstützpunkte in Russland hat US-Außenminister Antony Blinken Vermutungen zurückgewiesen, Washington habe Kiew zu Angriffen auf Russland "ermutigt" oder "befähigt". Es sei jedoch wichtig, zu verstehen, "was die Ukrainer tagtäglich durch die anhaltende russische Aggression erleben", sagte Blinken.

Nach russischen Angaben wurden bei den Drohnenangriffen vom Montag auf drei Stützpunkte in Zentralrussland drei Menschen getötet und zwei Flugzeuge beschädigt. Die Regierung in Kiew hat sich bislang nicht dazu geäußert.

Experten gehen davon aus, dass die ukrainischen Streitkräfte auch mit einfachen Drohnen aus der Sowjetzeit in den russischen Luftraum eingedrungen sein könnten - und nicht auf die milliardenschwere Militärhilfe der westlichen Verbündeten zurückgegriffen haben.

London: Moskau baut Verteidigungsstellen an der Grenze

Russland baut nach Einschätzung britischer Geheimdienste zunehmend Verteidigungsstellungen an der Grenze zur Ukraine auf. In der Grenzregion Belgorod seien ausgefeilte Systeme zur Abwehr von Angriffen errichtet worden, hieß es in einem Bericht des Verteidigungsministeriums in London. Dort seien auch Gräben ausgehoben worden. London wertete dies als Sorgen vor einem ukrainischen Einmarsch. Zudem sei denkbar, dass der Kreml den Patriotismus im eigenen Land stärken wolle.

USA und Großbritannien weiten Energiepartnerschaft aus

Angesichts steigender Energiepreise im Zuge des russischen Kriegs gegen die Ukraine weiten Großbritannien und die USA ihre Zusammenarbeit aus. Die USA peilten an, im kommenden Jahr mindestens neun bis zehn Milliarden Kubikmeter Flüssigerdgas (LNG) über britische Terminals zu exportieren, teilte die Regierung in London mit. Das sei doppelt so viel wie 2021.

LNG-Terminal für Flüssigerdgas und Ölraffinerie im britischen Wales
LNG-Terminal für Flüssigerdgas und Ölraffinerie im britischen Wales Bild: K. Fitzmaurice-Brown/blickwinkel/picture alliance

Diese  Partnerschaft werde die Preise für die britischen Verbraucher senken und dazu beitragen, die Abhängigkeit Europas von russischer Energie zu beenden, sagte der britische Premierminister Rishi Sunak. Sie ziele auch darauf ab, Investitionen in saubere Energie voranzutreiben und Ideen zur Energieeffizienz und zur Reduzierung der Gasnachfrage auszutauschen.

uh/qu/nob/sti/se/mak (rtr, afp, dpa, ap) 

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.