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KonflikteEuropa

Ukraine aktuell: Biden will keine F-16 liefern

31. Januar 2023

US-Präsident Joe Biden will Kiews Bitte um F-16-Kampfjets nicht nachkommen. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hingegen schließt Flugzeuge nicht aus. Ein Überblick.

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Symbolbild Lockheed Martin F-16 Kampfflugzeug auf Rollfeld
Die F-16 ist einer der am weitesten verbreiteten Kampfjets weltweit - in die Ukraine wollen die USA vorerst nicht liefern Bild: Robert Ghement/EPA/dpa/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze:

  • US-Präsident Joe Biden sagt "Nein" zu F-16-Kampfjets
  • Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schließt Flugzeuglieferungen nicht aus
  • Militärexperte Wiegold: Kampfjet-Lieferungen wären "Eskalation"
  • Putin will gemeinsame Militärausbildungszentren mit Belarus
  • Griechenland liefert der Ukraine keine Leopard-Panzer

 

Die USA werden nach Aussage ihres Präsidenten Joe Biden der Ukraine keine F-16-Kampfjets liefern. Auf die Frage einer Reporterin: "Werden die USA der Ukraine F-16 zur Verfügung stellen?", antwortete Biden in Washington mit "Nein". Bislang hatte es geheißen, dass die US-Regierung kein bestimmtes Waffensystem ausgeschlossen habe und die Unterstützung nach dem ausrichte, was die Ukraine brauche. Vor wenigen Tagen hieß es, man werde das "sehr sorgfältig diskutieren". Zugleich kündigte Biden einen noch nicht datierten Besuch in Polen an - das Nachbarland der Ukraine gilt als wichtigstes Drehkreuz für Waffenlieferungen und humanitäre Hilfe, aber auch für die Flucht von Ukrainerinnen und Ukrainern vor dem Krieg.

Bundeskanzler Olaf Scholz und sein neuer Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) hatten nach der Zusage von Leopard-2-Kampfpanzern in der vergangenen Woche eine Lieferung von deutschen Kampfjets ausgeschlossen. Scholz warnte wörtlich vor einem "ständigen Überbietungswettbewerb" in der Debatte um Waffenlieferungen.

Kampfjet-Debatte: Gespräch mit Gustav Gressel

Der stellvertretende Außenminister der Ukraine und frühere Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hatte moderne Kampfjets für den Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg gefordert. Die Verbündeten sollten eine starke Kampfjet-Koalition auf die Beine stellen, mit US-amerikanischen F-16 und F-35, Eurofightern und Tornados, französischen Rafale und schwedischen Gripen-Jets.

Macron schließt Kampfflugzeuge nicht aus

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat eine Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine hingegen nicht ausgeschlossen. "Grundsätzlich ist nichts verboten", sagte Macron bei einem Besuch in Den Haag. Zugleich warnte er vor dem Risiko einer Eskalation und nannte eine Reihe von "Kriterien", die für eine Lieferung französischer Kampfjets erfüllt werden müssten.

Niederlande, Den Haag | Rutte spricht mit Macron über Migration und die Ukraine
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu Gast bei Ministerpräsident Mark Rutte in den NiederlandenBild: Lex van Lieshout/ANP/picture alliance

Macron sagte, zunächst müsse Kiew vor der Lieferung von Kampfjets eine offizielle "Anfrage" stellen. Dies habe die Ukraine "bislang nicht getan". Zudem dürften die Waffen "nicht eskalierend" sein und "keinen russischen Boden berühren, sondern ausschließlich die Abwehrfähigkeit unterstützen". Auch dürfe jegliche Waffenlieferung "die Kapazität der französischen Streitkräfte nicht schwächen".

Der niederländische Regierungschef Mark Rutte stimmte den von Macron genannten Kriterien für Kampfjet-Lieferungen zu. Er betonte seinerseits, es gebe "kein Tabu, aber es wäre ein großer Schritt", wenn Kampfflugzeuge an Kiew geliefert würden. Auch die Niederlande hätten bislang keine entsprechende Anfrage aus Kiew erhalten, sagte Rutte. Die Niederlande betreibt unter anderem F-16, Frankreich nutzt insbesondere Jets des französischen Herstellers Dassault.

Französischer Kampfjet Rafale
Die Rafale des französischen Herstellers Dassault - hier im Einsatz in der SahelzoneBild: abaca/picture alliance

Militärexperte Wiegold: Kampfjet-Lieferungen wären "Eskalation"

Der deutsche Militärexperte Thomas Wiegold gab im DW-Interview zu bedenken, dass die Lieferung von Kampfjets anders als die der nun in Aussicht gestellten Kampfpanzer weitere Fragen nach sich zögen: So müssten, um Lufthoheit zu gewinnen, auch Luftverteidigungsstellungen in Russland attackiert werden. "Das an sich wäre eine Eskalation", sagte Wiegold.

Dazu komme die ungleich kompliziertere Wartungslogistik, für die Kampfjets wohl regelmäßig auf eine nahegelegene NATO-Basis fliegen müssten - anders als Panzer, die auf Lkw nach Polen oder in die Slowakei geschleppt werden könnten. "In anderen Worten: Es gäbe einen Stützpunkt innerhalb der NATO, von wo aus ukrainische Kampfflieger starten. Das wäre definitiv eine Eskalation."

Die F-16 wäre für die Ukraine wohl auch deshalb so attraktiv, weil das System im westlichen Bündnis weit verbreitet ist und somit viele Staaten als Lieferanten in Frage kämen. Eine Alternative könnten MiG-29 sowjetischer Bauart bieten. Polen hatte bereits im März die Weitergabe solcher Jets als Teil eines Ringtauschs ins Gespräch gebracht. Ein Teil der polnischen Flotte stammt jedoch aus Beständen der damaligen DDR, sodass die Bundesregierung hier eine Weiterverkaufsgenehmigung erteilen müsste.

Slowakei Bundeswehr in Sliac
Die Slowakei hat ihre MiG-29-Flotte ausgemustert, weil Wartung und Ersatzteile nur mit russischer Unterstützung möglich warenBild: David Ehl/DW

Auch andere mittel-ost-europäische NATO-Partner besitzen MiG-29, die jedoch teilweise überaltert sind: Die Slowakei hat ihre Fliegerstaffel bereits ausgemustert und lässt ihren Luftraum von NATO-Partnern schützen, bis die vor Jahren bestellten F-16-Jets eintreffen. In dem Land wird seitdem immer wieder debattiert, ob die eingemotteten Maschinen an die Ukraine weitergegeben werden sollen. Bulgarien hat ebenfalls F-16 als Ersatz für seine MiG-29 bestellt. Als Problem bei dem Typ erweist sich der Nachschub mit Ersatzteilen, da diese nur in Russland hergestellt werden.

Frankreich liefert zwölf weitere Caesar-Haubitzen an die Ukraine

Frankreich stellt zwölf weitere Haubitzen vom Typ Caesar für Kiew bereit. Das kündigte Verteidigungsminister Sébastien Lecornu bei einem Besuch seines ukrainischen Kollegen Oleksij Resnikow in Paris an. Man habe der Ukraine bereits 18 dieser Haubitzen geliefert und habe nun mehrere Dutzend Millionen Euro zur Wartung der Kanonen freigemacht, sagte Lecornu. Zudem soll die Ukraine von Frankreich ein Luftüberwachungsradar vom Typ GM 200 erhalten sowie Treibstofflieferungen. Bis zum Sommer wolle man ferner 2000 ukrainische Soldaten in Frankreich ausbilden.

Frankreich Ukrainischer Verteidigungsminister Resnikow in Frankreich
Oleksij Resnikow (Mitte), Verteidigungsminister der Ukraine, wird in Paris von seinem Kollegen Sebastien Lecornu (rechts) empfangenBild: Julie Sebadelha/AFP POOL/dpa/picture alliance

Darüber hinaus kündigte der Minister die Entsendung von 150 französischen Soldaten nach Polen an, die dort gemeinsam mit polnischen Soldaten die Ausbildung von 600 ukrainischen Kämpfern übernehmen sollen. Zu einer möglichen Lieferung von Kampfpanzern oder Kampfflugzeugen sagte der französische Minister nichts. Er verwies auf die bereits angekündigte Lieferung von französischen Spähpanzern des Typs AMX-10 RC. Spekuliert wird über eine Lieferung von Kampfflugzeugen vom Typ Mirage 2000. "Prinzipiell ist nichts verboten", sagte Staatspräsident Emmanuel Macron am Montag, ohne sich konkreter zu positionieren.

Griechenland liefert der Ukraine keine Leopard-Panzer

Griechenland wird wegen der Spannungen mit der Türkei keine Leopard-Panzer an die Ukraine abgeben. Dies teilte der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis bei einem Besuch in Japan mit, wie japanische Medien und das staatliche griechische Fernsehen berichteten. Die Leopard-2 seien "für unsere Verteidigungsstrategie absolut notwendig", so Mitsotakis. Die Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei gehen wegen eines Disputs um Hoheitsrechte im östlichen Mittelmeer zurzeit durch eine sehr angespannte Phase. Griechenland hat so viele Leopard-Panzer wie kein anderes Land Europas: Rund 350 Leopard 2 und 500 Leopard 1. Die Regierung in Athen hat aber kein Interesse, Panzer abzutreten, weil sie sich vom NATO-Partnerland Türkei bedroht fühlt.

Putin will gemeinsame Militärausbildungszentren mit Belarus

Der russische Präsident Wladimir Putin strebt an, gemeinsame Zentren für die Militärausbildung mit Belarus aufzubauen. In einem Dekret beauftragte Putin die Verteidigungs- und Außenminister, Gespräche mit dem Nachbarland dazu aufzunehmen und ein Abkommen zur Einrichtung der Ausbildungszentren zu schließen. Im Dokument wurden keine Angaben dazu gemacht, wo die Einrichtungen ihren Sitz haben könnten.

Russland Moskau | Wladimir Putin, Präsident
Der russische Präsident Wladimir PutinBild: Aleksey Babushkin/Sputnik Kremlin/AP/dpa/picture alliance

Derweil nehmen Befürchtungen zu, dass Belarus in den Ukraine-Konflikt eintreten und an Moskaus Seite kämpfen könnte. Die Führung in Minsk hat Russland bereits erlaubt, belarussisches Staatsgebiet als Ausgangspunkt für die Ukraine-Offensive im Vorjahr zu nutzen. Trotz verstärkter Militärkooperation mit der russischen Regierung bestand der Machthaber Alexander Lukaschenko aber darauf, dass er seine Soldaten nicht in die Ukraine schicken werde. Im Oktober hatte Belarus die Bildung einer gemeinsamen regionalen Truppe mit Russland angekündigt, mehrere tausend russische Soldaten sind in Belarus eingetroffen. Mitte Januar begannen die beiden Länder gemeinsame Militärübungen der Luftwaffe.

Mehr als 1.000 Aufnahmezusagen für gefährdete Russen

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Deutschland 1149 gefährdeten russischen Staatsbürgern eine Aufnahme zugesagt. Bis zum 13. Januar sind 679 humanitäre Visa vergeben worden. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Die Bundesregierung hatte Russinnen und Russen, die aufgrund ihres Einsatzes für Menschenrechte und gegen den Krieg besonders gefährdet sind, Hilfe versprochen. Dazu gehören etwa Oppositionelle, Journalisten und Menschenrechtler.

NATO will Partnerschaft mit Japan stärken

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg dankt Japan für die Unterstützung während des Ukraine-Krieges. "Der Krieg in der Ukraine geht uns alle an, und deshalb sind wir auch sehr dankbar für die Unterstützung, die Japan leistet, auch mit Flugzeugen und Frachtkapazitäten", sagt Stoltenberg in einer kurzen Ansprache nach der Besichtigung des Luftwaffenstützpunkts Iruma. Das Bündnis werde die Partnerschaft mit Japan weiter stärken.

HRW wirft Ukraine Einsatz verbotener Landminen vor

Die Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch (HRW) beschuldigt die Ukraine, im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg verbotene Landminen eingesetzt zu haben. Kiew müsse den "mutmaßlichen Einsatz Tausender Antipersonenminen durch die eigene Armee" in und um die Stadt Isjum untersuchen, erklärte HRW. Isjum war im September nach russischer Besatzung zurückerobert worden. Die ukrainische Regierung machte die russische Invasion für das "Problem" mit Minen verantwortlich, die Vereinten Nationen sprachen sich für eine Untersuchung aus.

HRW teilte mit, durch den Einsatz sogenannter Schmetterlingsminen seien in der Region um Isjum mindestens 50 Zivilisten, darunter fünf Kinder, verletzt worden. Russland habe seinerseits "wiederholt Antipersonenminen eingesetzt" und in der gesamten Ukraine "Gräueltaten begangen", sagte der HRW-Waffenexperte Steven Goose. Dies rechtfertige aber nicht den Einsatz "verbotener Waffen" durch die Ukraine. Die Ukraine ist Unterzeichnerstaat des Ottawa-Abkommens von 1997, das den Einsatz von Antipersonenminen verbietet. 2005 hat Kiew das Abkommen ratifiziert. Russland hat das Abkommen nicht unterzeichnet, die USA und China zählen ebenfalls nicht zu den 164 Vertragsstaaten.

Brasilien will Ukraine keine Gepard-Munition abgeben

Brasilien wird keine Munition für die von Deutschland in die Ukraine gelieferten Gepard-Flugabwehrpanzer zur Verfügung stellen. Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva erteilte solchen Wünschen nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Brasilia eine klare Absage. "Brasilien hat kein Interesse, die Munition weiterzugeben, damit sie im Krieg zwischen der Ukraine und Russland benutzt wird", sagte er in einer gemeinsamen Pressekonferenz. "Brasilien ist ein Land des Friedens. Und deswegen will Brasilien keinerlei Beteiligung an diesem Krieg, auch nicht indirekt."

Brasilien | Luiz Inacio Lula da Silva trifft Olaf Scholz
Lula empfing Scholz in Brasilia - beim Thema Munitionslieferungen gab es aber offenkundig keine EinigungBild: Ueslei Marcelino/REUTERS

Deutschland hat 30 Gepard-Flugabwehrpanzer in die Ukraine geliefert und sieben weitere zugesagt. Die Munition dafür ist allerdings knapp. Das Rüstungsunternehmen Rheinmetall schafft zwar derzeit neue Produktionskapazitäten in Norddeutschland, jedoch ist die erste Lieferung von dort erst für Juli geplant. Ein Gepard-Flakpanzer kann mit seinen beiden Kanonen insgesamt bis zu 1100 Schuss pro Minute abgeben. Zwar setzt die ukrainische Armee die Panzer mit einer sparsameren Frequenz ein, der Bedarf an Munition ist dennoch hoch.

Bereits im April vergangenen Jahres hatte Deutschland sich in Brasilien um Gepard-Munition bemüht und auf bis zu 300.000 Schuss gehofft. Jetzt steht fest, dass daraus nichts wird. Die brasilianische Zeitung "Folha de S. Paulo" hatte am Freitag zudem berichtet, Brasilien habe einem deutschen Ersuchen nach dem Verkauf von Panzer-Munition eine Absage erteilt. Es soll dabei aber um Munition für Leopard-Panzer gegangen sein. Brasilien verfügt neben Gepard-Flakpanzern auch über Leopard-1-Kampfpanzer aus deutscher Produktion.

Lula will gemeinsam mit Xi vermitteln

Zugleich erklärte Lula seine Absicht, gemeinsam mit Chinas Präsident Xi zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln. Er habe bereits mit Scholz und Macron über die Initiative gesprochen, sagte Lula beim Besuch des Kanzlers. "Es ist notwendig, eine Gruppe von Ländern zu bilden, die stark genug ist und respektiert wird, und sich mit den beiden an einem Verhandlungstisch zusammenzusetzen", sagte Lula.

Im Mai 2022 war der damalige Präsidentschaftskandidat mit Kritik am ukrainischen Staatsoberhaupt Wolodymyr Selenskyj aufgefallen. "Dieser Typ ist für den Krieg genauso verantwortlich wie Putin", sagte Lula dem Magazin "Time". Es sei unverantwortlich von westlichen führenden Politikern, Selenskyj zu feiern, statt sich auf Verhandlungen hinter verschlossenen Türen zu konzentrieren. "Wir ermutigen diesen Typen - und dann denkt er, er sei das Sahnehäubchen."
 

kle/uh/ehl/ack/cwo/sti (dpa, afp, rtr, ap)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.