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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Putin zu "Arbeitsbesuch" in Mariupol

19. März 2023

Der russische Staatschef Putin besucht die Ukraine - aber nur die besetzten Gebiete. Die ukrainische Regierung spricht von Zynismus. Präsident Selenskyj kündigt derweil neue Sanktionen an. Nachrichten im Überblick.

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Ukraine | Krieg | Putin besucht Mariupol
Putin (r.) mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Marat Khusnullin beim Besuch einer Konzerthalle in MariupolBild: Pool Photo via AP/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Putin besucht Mariupol im Süden der Ukraine
  • Ukrainische Regierung spricht von Zynismus
  • Würde Putin in Südafrika verhaftet?
  • Selenskyj verkündet Sanktionen gegen Iran und Syrien
  • Moskau: Getreideabkommen nur zwei Monate verlängert

 

Erstmals seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine ist Russlands Präsident Wladimir Putin offiziell in die von russischen Einheiten besetzten Gebiete gereist. Wie der Kreml am Sonntagmorgen mitteilte, stattete Putin der in schweren Kämpfen zerstörten Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer einen "Arbeitsbesuch" ab. Nach seiner Ankunft in einem Hubschrauber habe er sich bei einer Rundfahrt über die Lage informiert und sich auch mit Bewohnern unterhalten, berichtete die Staatsagentur Tass. Russlands Vize-Regierungschef Marat Chusnullin habe Putin über den Stand der Wiederaufbauarbeiten informiert.

Bereits bekannt war, dass Putin am Samstag die 2014 annektierte Halbinsel Krim besuchte. Das Staatsfernsehen verbreitete Bilder, auf denen der Kremlchef bei der Eröffnung einer Kunstschule für Kinder in Sewastopol zu sehen war.

Ukrainische Regierung spricht von Zynismus

"Verbrecher kehren immer an den Tatort zurück", heißt es aus dem Umfeld des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Dessen Berater Mychajlo Podoljak bezeichnet Putin als " Mörder von Tausenden von Familien in Mariupol" und wirft ihm "Zynismus und mangelnde Reue" vor.

Putin winkt bei seinem nächtlichen Besuch in Mariupol
Putin bei seinem nächtlichen Besuch in MariupolBild: Pool Photo via AP/picture alliance

Das ukrainische Verteidigungsministerium erklärte, Putin habe die durch russische Bombardements weitgehend zerstörte Stadt im Schutze der Nacht besucht, "so wie es sich für einen Dieb gehört". Die Dunkelheit habe es ihm ermöglicht, die Stadt "und ihre wenigen überlebenden Einwohner vor neugierigen Blicken" zu schützen.

Würde Putin in Südafrika verhaftet?

Südafrika ist Gastgeber des BRICS-Gipfels im kommenden August. Auf die Frage, ob bei einem Besuch des russischen Präsidenten der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Wladimir Putin vollstreckt werden würde, reagiert Präsident Cyril Ramaphosa ausweichend. "Wir als Regierung sind uns unserer rechtlichen Verpflichtung bewusst", sagte sein Sprecher. "Bis zum Gipfeltreffen werden wir jedoch mit den verschiedenen relevanten Akteuren in Kontakt bleiben."

Es gibt zwar noch keine offizielle Bestätigung für Putins Teilnahme am Gipfel der BRICS-Staaten kommenden August in Südafrika, allerdings wird erwartet, dass er anreisen wird. Die BRICS-Staaten sind ein Zusammenschluss von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Der Internationale Strafgerichtshof hatte am Freitag den Haftbefehl wegen des Verdachts von Kriegsverbrechen ausgestellt. Südafrika gehört zu den 123 Staaten, die den Strafgerichtshof tragen.

Selenskyj verkündet Sanktionen gegen Iran und Syrien

Präsident Selenskyj hat neue Sanktionen der Ukraine gegen Russland und dessen Verbündete Iran und Syrien angekündigt. "Die ukrainischen Sanktionen sind Teil des globalen Drucks auf Russland", sagte der 45-Jährige in seiner täglichen Videobotschaft. Insgesamt betroffen seien 400 Personen und Firmen, darunter auch die Verantwortlichen für die Lieferungen iranischer Shahed-Drohnen. Diese werden vom russischen Militär gegen die Ukraine eingesetzt. Die Sanktionen haben wohl vor allem eine symbolische Bedeutung, da die meisten Betroffenen keine Geschäfte mit Kiew unterhalten.

Ukraine I Selenskyj-Videoansprache
Formuliert täglich Videobotschaften: Wolodymyr Selenskyj (Archivfoto)Bild: The Presidential Office of Ukraine

Den Beginn des Ukraine-Kriegs brachte Selenskyj auch in Verbindung mit der Passivität der Weltgemeinschaft, als Wladimir Putin vor einigen Jahren Syriens Staatschef Baschar al-Assad mit Bomben an der Macht hielt: "Die Menschen in Syrien haben keinen angemessenen internationalen Schutz erhalten, und dies hat dem Kreml und seinen Komplizen das Gefühl gegeben, straffrei zu sein", so Selenskyj.

"Es gibt nur einen Weg, das Leben zu schützen - es ist notwendig, die russische Armee von ukrainischem Boden zu vertreiben. Und wir werden es tun", versprach der Präsident. Mit Blick auf die zurückliegende Woche wähnte er sein Land dabei auf einem guten Weg. So habe die Ukraine ein neues Rüstungspaket mit Munition, Artillerie und Kampfflugzeugen aus dem Westen bekommen. Zudem habe es in größerer Runde Verhandlungen mit den USA über weitere Rüstungshilfe gegeben.

Moskau: Getreideabkommen nur zwei Monate verlängert

Russland will nach eigenen Angaben das Getreideabkommen mit der Ukraine nur um 60 Tage verlängern. "Wir sehen Berichte von Partnern des Getreideabkommens, dass der Deal um 120 Tage verlängert wurde", sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Moskau. "Wir haben wiederholt erklärt, dass die russische Seite alle Vertragspartner darüber informiert hat, dass sie das Abkommen um 60 Tage verlängert", stellte sie klar. 

Ukraine Odessa | Getreideexport
Frachter für den Getreideexport aus der UkraineBild: Maksym Voitenko/AA/picture alliance

Zuvor hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Verlängerung des Getreideabkommens verkündet, ohne Angaben zur Dauer zu machen. Laut ukrainischer Darstellung soll das Abkommen jedoch weitere 120 Tage gelten. Es war im Juli unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei unterzeichnet worden, um die sichere Ausfuhr von ukrainischem Getreide durch einen Schutzkorridor im Schwarzen Meer zu ermöglichen. Die Türkei hatte eine Schlüsselrolle dabei gespielt, die Vereinbarung auf den Weg zu bringen.

Tote durch russischen Artilleriebeschuss

Durch einen russischen Artillerieangriff sind nach Angaben ukrainischer Behörden drei Zivilisten in einem frontnahen Dorf im Gebiet Saporischschja getötet worden. Zwei Menschen seien verletzt worden, teilte die Gebietsverwaltung am Sonntag über Telegram mit. Den Angaben nach wurde das Wohnhaus im Dorf Kamjanske von Geschossen eines Mehrfachraketenwerfers Grad (Hagel) getroffen. Das Dorf liegt nahe des Flusses Dnipro nur wenige Kilometer von russischen Stellungen entfernt. Die ukrainische Verwaltung rief die Menschen auf, solche gefährlichen Gebiete zu räumen.

Juncker sieht keinen schnellen EU-Beitritt der Ukraine

Der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat davor gewarnt, bei der Ukraine unrealistische Erwartungen auf einen raschen Beitritt zur Europäischen Union zu wecken. "Ich glaube, aus gegebenen Gründen braucht die Ukraine eine Beitrittsperspektive, aber ich bin sehr verstimmt über die Unvorsichtigkeit vieler auch im Westen handelnder Politiker, die der Ukraine einen schnellen Beitritt in Aussicht stellen, das sehe ich nicht", sagte Juncker im Podcast "Wortwechsel" der Zeitung "Luxemburger Wort". Es sei kein "gangbarer Weg", ein Land, das sich im Kriegszustand befinde und sich deshalb "im Reformwillen nicht voll entfalten kann", einfach so und aus übergeordneten politischen Gründen in die EU aufzunehmen. Aber dass "auf lange Sicht" die Ukraine zur Europäischen Union stoßen werde, halte er nach den jüngeren Ereignissen für "höchstwahrscheinlich".

Österreich I Jean-Claude Juncker
Bis 2019 Chef der EU-Kommission: Jean-Claude JunckerBild: Herbert Neubauer/APA/picturedesk/picture alliance

Er selbst habe immer den Dialog mit Russland gesucht, genauso mit China, führte Juncker aus. Auch jetzt sei er noch der Meinung, "dass wir mit Russland und mit China Kontakte halten müssen und Gesprächsbereitschaft signalisieren müssen". Tatsache sei aber, dass der russische Präsident Wladimir Putin "keinerlei Willen für wirkliche Friedensgespräche" erkennen lasse, so Juncker weiter. Zu einem Diktatfrieden in der Ukraine dürfe es nicht kommen. "Unrecht ist Unrecht." Im übrigen sei Frieden nicht der höchste Wert, den es zu verteidigen gelte, meinte Juncker. "Freiheit ist ein höher einzustufender Wert."

gri/wa/rb/uh (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.