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Politik

Aktuell: Raketen auf Stadt Saporischschja

12. August 2022

Bei Attacken auf Kramatorsk werden zwei Zivilisten getötet. Die Internationale Atomenergiebehörde fordert sofortigen Zugang zum AKW Saporischschja. Ein Überblick.

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Ein Russischer Soldat steht mit automatischem Gewehr auf dem Gelände des AKW Saporischschja
Russischer Soldat auf dem Gelände des AKW SaporischschjaBild: AP/dpa/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze:

  • IAEA-Chef Grossi will AKW Saporischschja inspizieren
  • Ukrainische Regierungsmitarbeiter sollen nicht mehr über Taktik reden
  • USA: Russland will mehrere Referenden in Ostukraine organisieren
  • Erster Weizenfrachter verlässt ukrainischen Hafen
  • Geberkonferenz sammelt 1,5 Milliarden Euro für die Ukraine

 

Die südukrainische Großstadt Saporischschja ist nach örtlichen Angaben am Freitagabend von fünf russischen Raketen getroffen worden. Dabei seien Gebäude der Infrastruktur zerstört worden, teilte Gebietsgouverneur Olexander Staruch auf Telegram mit. Ein Brand sei ausgebrochen. Mindestens eine Frau sei verletzt worden. Die Gebietshauptstadt Saporischschja, sechstgrößte Stadt der Ukraine, ist seit Beginn des russischen Angriffskrieges in ukrainischer Hand geblieben. Der südliche Teil des Verwaltungsgebietes ist aber von russischen Truppen besetzt. Dort bei der Stadt Enerhodar liegt das Atomkraftwerk Saporischschja, dessen Beschuss sich Russen und Ukrainer gegenseitig vorwerfen.

Auch die Stadt Kramatorsk im Donbass wurde nach Behördenangaben am Abend beschossen. Dabei seien mindestens zwei Zivilisten getötet und 13 verletzt worden. Über dem südlichen Gebiet Mykolajiw fing die ukrainische Luftabwehr angeblich eine russische Rakete ab.

IAEA-Chef Grossi will persönlich Mission in Saporischschja leiten

Bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zur Lage am ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja hat der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, sofortigen Zugang zu der Anlage gefordert. "Dies ist eine schwere Stunde, eine ernste Stunde, und die IAEA muss so schnell wie möglich ihre Mission in Saporischschja vornehmen können", sagte der per Video zugeschaltete Grossi. Er sei persönlich bereit, eine solche Mission zu leiten.

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA spricht per Videoschalte auf der Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zur Lage am ukrainischen AKW Saporischschja
IAEA-Chef Rafael Grossi war bei der Sicherheitsratssitzung per Video zugeschaltetBild: Andrew Kelly/REUTERS

IAEA-Experten haben laut dem Behördenchef zwar "vorläufig festgestellt, dass keine unmittelbare Bedrohung der Sicherheit infolge des AKW-Beschusses oder anderer militärischer Aktionen" bestehe. Dies könne sich jedoch jederzeit ändern. Die Sitzung des UN-Sicherheitsrats war von Russland beantragt worden.

Selenskyj fordert Abzug russischer Truppen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte einen sofortigen Abzug der russischen Truppen aus dem besetzten Kernkraftwerk. In seiner abendlichen Videoansprache warf er Moskau erneut "nukleare Erpressung" vor. "Niemand sonst" habe ein Atomkraftwerk "so offensichtlich benutzt, um die ganze Welt zu bedrohen und Bedingungen zu stellen". Ein Unfall im größten Kernkraftwerk Europas wäre wie ein Atomschlag, nur ohne den Einsatz von Atomwaffen, sagte Selenskyj.

Tschernobyl - Angst vor der Atomkatastrophe

Seit Tagen wird aus der Gegend um das von Russland besetzte AKW im Süden der Ukraine heftiger Beschuss gemeldet. Moskau und Kiew machen sich gegenseitig für die Angriffe verantwortlich.

Regierungsmitarbeiter sollen schweigen

Zudem rief Selenskyi in der Ansprache seine Regierungsmitarbeiter auf, nicht mehr mit Journalisten über militärische Taktik zu sprechen. "Krieg ist definitiv nicht die Zeit für Eitelkeiten und laute Stellungnahmen", erklärte er. Je weniger Details bekannt würden, umso besser sei das für die Verteidigung der Ukraine.

Nach Explosionen auf dem Luftwaffenstützpunkt Nowofjodorowka auf der Krim steigt über Häusern in der Nähe Rauch in den leicht bewölkten Himmel
Rauch über dem Luftwaffenstützpunkt Nowofjodorowka auf der KrimBild: REUTERS

Nach den Explosionen auf einem russischen Luftwaffenstützpunkt auf der Krim vom Dienstag berichteten die "New York Times" und "Washington Post" unter Berufung auf nicht genannte Regierungsmitarbeiter, ukrainische Streitkräfte seien dafür verantwortlich. Die Regierung in Kiew verweigert eine Aussage darüber, wer hinter den Explosionen steckt.

Britischer Geheimdienst sieht Schwarzmeerflotte geschwächt

Die Explosionen auf dem Militärstützpunkt auf der Krim beeinträchtigen nach britischen Erkenntnissen die Einsatzfähigkeit der russischen Schwarzmeerflotte. Der Flugplatz von Saki sei zwar wahrscheinlich  noch betriebsbereit, teilt das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf die Geheimdienste mit. Allerdings seien acht Kampfjets ziemlich sicher entweder zerstört oder schwer beschädigt worden.

Damit seien die Luftraum-Einsatzmöglichkeiten der Schwarzmeerflotte erheblich geschwächt worden. Russland nutzt die Krim als Basis für seine Schwarzmeerflotte und als Hauptnachschubroute für seine Invasionstruppen im Süden der Ukraine. Der Stützpunkt Saki spielt dabei eine zentrale Rolle.

USA: Moskau plant mehrere Referenden im Osten der Ukraine

Russland hat nach Informationen des US-Geheimdienstes mit konkreten Planungen für Referenden in mehreren Städten im Osten der Ukraine begonnen. Ziel sei ein Anschluss an Russland. Ein hochrangiger Vertreter des Nationalen Sicherheitsrates sagte in Washington, dass Russland in Cherson, Saporischschja, den Separatistengebieten Luhansk und Donezk sowie in Teilen von Charkiw Scheinreferenden abhalten wolle.  

"Wir haben Informationen, dass Beamte Kandidaten prüfen, die als Verwalter dieser Gebiete dienen sollen. Und dass dies bereits in den kommenden Wochen geschehen könnte." Moskau werde die Ergebnisse dieser Abstimmungen manipulieren, um fälschlicherweise zu behaupten, die ukrainische Bevölkerung wolle sich Russland anschließen, erklärte der US-Vertreter weiter.   

Kiew und Tallinn widersprechen Scholz in Visa-Debatte

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die Forderung nach einem Reisebann für russische Bürger bekräftigt. In einem Tweet griff er eine Formulierung von Bundeskanzler Olaf Scholz auf. Dieser hatte gesagt: "Das ist Putins Krieg", ein Verbot von Touristenvisa für Russen könne er sich deshalb nicht vorstellen.

"Das ist Russlands, nicht nur Putins Krieg", entgegnete Kuleba. "Nicht Putin, sondern russische Soldaten kommen aus Russland, um zu morden, foltern und zu zerstören." Die russische Bevölkerung unterstütze in ihrer Mehrheit den Krieg. "Also sollten sich russische Touristen an Russland erfreuen", forderte der Minister. 

Ähnlich äußerte sich auch der estnische Außenminister Urmas Reinsalu. Zweifellos trügen die russischen Bürger "durch ihre Passivität moralische Verantwortung" für den Krieg, sagte Reinsalu in Tallinn. Auf die Frage, wie er Deutschland und andere EU-Staaten von einem Komplett-Verbot von Touristenvisa für Russen überzeugen wolle, antwortete der Minister: "Aus moralischer Perspektive. Mit der Tatsache, dass es moralisch völlig inakzeptabel ist, dass wir Hunderttausende russische Bürger auf Touristentrips reisen lassen, während in der Ukraine Kinder mit Raketen in Stücke gesprengt werden, die buchstäblich mit den Steuergeldern dieser russischen Bürger bezahlt werden."

Die baltischen Staaten Estland und Lettland haben die Einreiseregeln für Russen bereits verschärft, auch Finnland erwägt dies. Deutschland und auch die EU-Kommission in Brüssel lehnen einen grundsätzlichen Stopp von Touristenvisa für Russinnen und Russen ab.

Erster Weizenfrachter verlässt die Ukraine

Aus dem ukrainischen Hafen Tschornomorsk im Schwarzen Meer hat seit Beginn des russischen Angriffskriegs erstmals ein mit Weizen beladener Frachter abgelegt. Bislang waren seit der Wiederaufnahme der Getreideausfuhr nur Mais und Sonnenblumenprodukte verschifft worden. Die Sormovskiy 121 werde etwas mehr als 3000 Tonnen Weizen in die Türkei transportieren, teilte das türkische Verteidigungsministerium mit. Parallel dazu legte die Star Laura aus dem Hafen Piwdennyj ab. Sie werde mehr als 60.000 Tonnen Mais in den Iran bringen, hieß es. In der Ukraine bestätigte das Infrastrukturministerium die Angaben. 

Geberkonferenz bringt 1,5 Milliarden Euro

Bei der Geberkonferenz in Kopenhagen zur Finanzierung militärischer Hilfen für die Ukraine sind nach Angaben des dänischen Verteidigungsministers Morten Bodskov mehr als anderthalb Milliarden Euro zusammengekommen. An der Konferenz waren 26 Länder beteiligt. Für Deutschland war Staatssekretär Benedikt Zimmer aus dem Bundesverteidigungsministerium dabei.

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, spricht per Videolink auf einer Geberkonferenz für die Ukraine
Geberkonferenz für die Ukraine in KopenhagenBild: Philip Davali/Ritzau Scanpix/AP/dpa/picture alliance

Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace sagte, die russische Armee erreiche in vielen Bereichen ihre Ziele nicht. Es sei unwahrscheinlich, dass es ihr je gelingen werde, das ganze Land zu erobern. In einer gemeinsamen Erklärung bekannten sich die Staaten zur weiteren und nachhaltigen militärischen Unterstützung für die Ukraine. Ein nächstes Treffen ist im September online geplant.

McDonald's will ukrainische Filialen wieder öffnen

Die Fastfood-Kette McDonald's will ihre Filialen in der Ukraine teilweise wieder öffnen. "Einige Restaurants in Kiew und der Westukraine" sollten in den kommenden Monaten den Betrieb wieder aufnehmen, erklärte der McDonald's-Chef für internationale Märkte, Paul Pomroy. Er verwies auf Bitten der ukrainischen Mitarbeiter des US-Unternehmens, die sich demnach "ein kleines, aber wichtiges Zeichen der Normalität" erhoffen.

Ein Mann läuft an der geschlossenen McDonald's-Filiale in der ukrainischen Hauptstadt Kiew vorbei
Geschlossene McDonald's-Filiale in Kiew am 25. Februar 2022Bild: Valentyn Ogirenko/REUTERS

McDonald's hatte mit dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine am 24. Februar seine Restaurants geschlossen. Laut Pomroy hat das Unternehmen seitdem mehr als 10.000 Angestellten weiterhin Lohn gezahlt.

gri/ww/se (afp, dpa, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.