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Streit um Gaspreise

6. September 2011

Kiew und Moskau streiten wieder um Gaspreise. Die ukrainische Industrie ist auf niedrigere Tarife angewiesen. Moskau will diese aber nur gewähren, wenn die Ukraine der Zollunion mit Russland beitritt.

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Naftogaz und Gazprom Logos (Grafik: DW)
Streit um Abkommen zwischen Gazprom und Naftogaz

Die ukrainische Regierung will die staatliche Aktiengesellschaft "Naftogas Ukrajiny" umstrukturieren. Das Unternehmen soll in die Bereiche Förderung, Transit und Handel aufgeteilt werden, heißt es in Kiew. Diese Trennung sieht auch das Brüsseler Memorandum zwischen der Ukraine und der EU über die Modernisierung der ukrainischen Gaspipelines vom März 2009 vor. Demnach soll die EU eine Sanierung des Leitungsnetzes mitfinanzieren. Die Ukraine ist das wichtigste Transitland für russische Öl- und Gasexporte nach Europa. Etwa 80 Prozent des russischen Gases fließen über das Land in Richtung Westen.

Premier Mykola Asarow (Foto: AP)
Asarow hofft auf einen Kompromiss mit MoskauBild: AP

Durch die Umstrukturierung von "Naftogas Ukrajiny" würde eine Revision des ukrainisch-russischen Gasabkommens von 2009 notwendig, erklärte der ukrainische Premier Mykola Asarow. Den damals ausgehandelten Gaspreis von 400 Dollar je 1000 Kubikmeter hält Kiew für überhöht. Es könne nicht angehen, dass der Gaspreis für die Ukraine heute höher sei als der für Deutschland, so Asarow. Und betont weiter, für diese ungünstigen Verträge sei die ehemalige ukrainische Premierministerin Julia Tymoschenko verantwortlich. Sie sitzt derzeit in Kiew in Untersuchungshaft und muss sich einem Gerichtsverfahren wegen Amtsmissbrauchs verantworten.

Zunehmend verhärtete Fronten

In der Vergangenheit hatte es immer wieder Streit um Tarife zwischen der Ukraine und Russland sowie Lieferstörungen gegeben. Auch derzeit spitzt sich die Lage wieder zu. Wegen des hohen russischen Gaspreises seien viele ukrainische Erzeugnisse auf Auslandsmärkten nicht mehr wettbewerbsfähig, so der Kiewer Energieexperte Walerij Borowik. Vor allem die energieintensiven Unternehmen der Metall- und Chemieindustrie würden deswegen die Regierung in Kiew zunehmend unter Druck setzen. Und laut Borowik ist der Einfluss der Industrielobby auf die Regierung ist groß.

Präsident Dmitrij Medwedew (Foto: AP)
Medwedew stellt BedingungenBild: AP

Russland zeigt für die ukrainische Haltung wenig Verständnis. Gazprom-Chef Aleksej Miller stellte jüngst klar, auch für das Jahr 2012 gelte vertraglich, dass die Ukraine für 33 Milliarden Kubikmeter Gas bezahlen müsse – unabhängig davon, ob sie diese Menge abnehme oder nicht. Die Regierung in Kiew hatte zuvor angekündigt, die Gasimporte aus Russland zu reduzieren durch den vermehrten Import von Flüssiggas. Zugleich sollten erneuerbare Energien und neue Gasvorkommen im eigenen Lande erschlossen werden.

Moskau nutzt die Gaspreisfrage auch, um politisch Druck auf die Ukraine auszuüben. Der russische Präsident Dmitrij Medwedew machte deutlich, Neuverhandlungen über den Gaspreis könnten nur im Falle eines Beitritts der Ukraine zur Zollunion zwischen Russland, Belarus und Kasachstan in Aussicht gestellt werden.

Lösungssuche vor Gericht?

Kiew, das mit der EU über eine Freihandelszone verhandelt, schließt eine Mitgliedschaft in der von Russland dominierten Zollunion aus. Regierungschef Asarow sagte, die Ukraine wolle keinen Preisnachlass auf russisches Gas. "Wir verlangen lediglich ein normales Gasabkommen, wie Russland es mit jedem anderen europäischen Land hat."

Gegen das Abkommen von 2009 will die ukrainische Führung notfalls vor einem internationalen Gericht vorgehen. "Die Regierung hat sich mit ukrainischen und internationalen Experten beraten, was einen Rechtsstreit mit Moskau angeht. Sie ist zu einem Verfahren bereit", bekräftige Asarow. Wenig später betonte er allerdings, Kiew hoffe immer noch auf einen Kompromiss mit Moskau.

Damit rechnet der ukrainische Energieexperte Mychajlo Hontschar aber nicht mehr. Der Ukraine werde früher oder später nichts anderes übrig bleiben, als sich an das internationale Schiedsgericht in Stockholm zu wenden.

Autoren: Markian Ostaptschuk, Alexander Sawizki
Redaktion: Bernd Johann