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EU-Freunde vorn

22. Januar 2007

Aus der Parlamentswahl in Serbien sind die Ultra-Nationalisten wieder als stärkste Partei hervorgegangen. Sie errangen aber nicht genug Stimmen, um alleine regieren zu können.

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Tomislav Nikolic, extrem nationalistische Radikale (Quelle: AP)
Tomislav Nikolic von der extrem nationalistischen Radikalen freut sich über die StimmengewinneBild: AP

Zum ersten Mal seit der Abspaltung Montenegros waren am Sonntag (21.1.07) in Serbien Parlamentswahlen abgehalten worden. 6,6 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, über die Neubesetzung der 250 Mandate im Belgrader Parlament zu entscheiden.

Die demokratischen Parteien sind als Sieger hervorgegangen. Das
so genannte demokratische Lager, das von der Europäischen Union (EU) und den USA unterstützt wird, erreichte 146 von 250 Sitzen im
Parlament. Die extrem nationalistischen Radikalen (SRS) wurden mit 81 Abgeordneten zwar erneut die stärkste Partei. Sie kommen aber mit ihrem Bündnisgenossen, den Sozialisten (SPS) des inzwischen gestorbenen früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic, insgesamt nur auf 97 Abgeordnete. Die übrigen sieben Mandate errangen Vertreter der Minderheiten wie Albaner und Ungarn.

Streitigkeiten nach den Wahlen

Trotz ihrer Mehrheit zeigten sich die Spitzenpolitiker der demokratischen Parteien in der Wahlnacht tief zerstritten. Sowohl der amtierende Regierungschef Vojislav Kostunica als auch die Demokraten (DS) von Staatspräsident Boris Tadic beanspruchten das Amt des Ministerpräsidenten für sich. Dagegen verlangte der bisherige Finanzminister und Parteichef der G17, Mladjan Dinkic, eine "Regierung der demokratischen Einheit". Die Tadic-Demokraten und die Kostunica-Partei DSS sollten "alle Streitigkeiten aus der Vergangenheit beiseite lassen". Ein Zusammengehen von Tadic und Kostunica wird von der EU und den USA gewünscht, um Serbien an Europa heranzuführen.

Hinter den Radikalen kam die DS mit 65 Abgeordneten auf den zweiten Platz in der Wählergunst. Kostunicas DSS errang mit 47 Mandaten den dritten Platz. Vierter wurde die kleine Regierungspartei G17 (19 Sitze), gefolgt von den Sozialisten (SPS) mit 16 und den zum demokratischen Block gerechneten Liberalen mit 14 Mandaten. Der Liberalenchef Cedomir Jovanovic, ein enger Mitarbeiter des vor vier Jahren ermordeten serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic, lehnte in der Wahlnacht jede Zusammenarbeit mit Kostunica ab. Der sei für alle Fehlentwicklungen in Serbien und das Erstarken der alten Kräfte aus der Milosevic-Zeit verantwortlich, hatte er seine Position begründet.

Kommt eine Minderheitsregierung?

Vor diesem Hintergrund könnte Kostunica eine Minderheitsregierung mit stiller Unterstützung der Radikalen versuchen, hieß es in ersten Analysen. Schon bisher hatte Kostunica seine Minderheitsregierung von den Milosevic-Sozialisten stützen lassen. Eine solche Regierung würde jedoch von Brüssel und Washington abgelehnt.

Zu einer Belastungsprobe für eine zukünftige Koalition in Serbien könnte die Statusfrage des Kosovo werden, die auch schon den Wahlkampf beherrschte. UN-Vermittler Martti Ahtisaari wird vermutlich am 26. Januar seinen Vorschlag zum zukünftigen Status der nach Unabhängigkeit strebenden serbischen Provinz vorstellen.

Optimistische Reaktionen

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und weitere EU-Spitzenpolitiker haben das Ergebnis der Parlamentswahl in Serbien begrüßt. Zwar sei die nationalistische Serbische Radikale Partei (SRS) stärkste Kraft geworden, "aber immerhin mehr als zwei Drittel aller Parlamentssitze werden an die demokratischen Kräfte gehen", sagte Steinmeier. Er sehe günstige Voraussetzungen für eine Regierung, "die Serbien auf den europäischen Weg führt".

Auch der EU-Außenbeauftragte Javier Solana betonte: "Die Mehrheit
der Stimmen ging an Parteien, die europäische Ziele verfolgen." Er
hoffe nun, dass rasch eine Regierung gebildet werde, "die die
pro-europäischen Kräfte repräsentiert".

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn erklärte: "Wir in Europa haben auch eine Aufgabe zu erledigen." Europa sollte Serbien entgegenkommen, sofern die neue serbische Regierung wirklich demokratisch sei und die Zusammenarbeit mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag verbessere. Wenn diese Bedingungen erfüllt seien, "dann glaube ich, dass nachdem die NATO ja einen Schritt auf Serbien zugegangen ist, dass auch die Europäische Union diesen Schritt machen kann". (kas)