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Jurassic Park?

Michael Lange14. März 2012

Der Südkoreaner Hwang Woo Suk galt als Klon-Pionier - bis er als Fälscher überführt wurde. Nun präsentiert er ein neues Projekt: Durch Klonen möchte er Mammuts wieder zum Leben erwecken.

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Nachbildung eines asiatischen Mammuts im Römer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Lange war es ruhig um den südkoreanischen Klonpionier und überführten Fälscher Hwang Woo Suk. Hwang hatte vor einigen Jahren behauptet, einen menschlichen Embryo geklont  und maßgeschneiderte embryonale Stammzell-Linien hergestellt zu haben. Beides stellte sich später als Fälschung heraus. Nun macht der umstrittene Tierarzt und Wissenschaftler wieder von sich reden. Aus gefrorenen Gewebeproben will er das ausgestorbene Wollhaarmammut durch Klonen wieder zum Leben erwecken.

Ein entsprechendes Abkommen mit der russischen Teilrepublik Jakutien hat er bereits unterzeichnet. In diesem Teil Sibiriens wurden in den letzten Jahren mehrere gut erhaltene Mammutkörper entdeckt. Über 10.000 Jahre waren sie im Permafrost eingefroren und können nun dank des Klimawandels aus dem Eis befreit werden. Um aus den Überresten ein neues Mammut zu klonen, braucht Hwang Woo Suk intakte Zellkerne. Darin könnte die vollständige Erbinformation eines Mammuts gespeichert sein, hofft er. Die Zellkerne müsste er dann in die Eizellen einer verwandten Art verpflanzen. Am besten geeignet ist der indische Elefant. Im Prinzip ist das möglich. Immerhin haben japanische Forscher vor drei Jahren aus Zellen einer 16 Jahre lang eingefrorenen Maus ein Tier klonen können. Diese Forschungsarbeiten gehörten zu einem Mammut-Klonprojekt in Japan. Seitdem hört man allerdings nichts mehr von den Wissenschaftlern.

Der einst als Fälscher entlarvte Klon-Spezialist Hwang Woo Suk aus Südkorea mit geklontem Hund 'Snuppy' (Foto: dpa)
Hwang Woo SukBild: picture-alliance/dpa

Zerfetzte Zellen und zerstückelte DNS

Der Biologe Alex Greenwood vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin hat sich mit den Erfolgsaussichten solcher Projekte beschäftigt. Er sieht kaum Aussichten auf Erfolg. Zwar mache ein erster Blick durch das Mikroskop durchaus Hoffnung, denn im Mammutgewebe können Fachleute tatsächlich Umrisse von Zellen und teilweise auch die Zellkerne erkennen. Dies seien jedoch keine intakten Strukturen, sondern nur fest gefrorene Abdrücke ehemaliger Zellen, so Greenwood.

Dass im Mammutgewebe aus Sibirien noch funktionsfähige Zellen stecken könnten, hält Alex Greenwood für absolut ausgeschlossen: "10.000 Jahre Permafrost sind nun einmal etwas anderes als 16 Jahre Tiefkühltruhe."  Denn in Sibirien herrscht keine gleichbleibende Temperatur. Das Mammutgewebe ist mehrfach eingefroren und wieder aufgetaut. Dadurch wurden alle Feinstrukturen lebendiger Zellen zerstört und auch die Erbinformation, die DNS, liegt nur noch in Fetzen vor. Sie sei garantiert nicht mehr funktionsfähig, versichert Greenwood.

Der Umweg über die Gene

Auch der aus Deutschland stammende Molekulargenetiker Stephan Schuster von der Pennsylvania State University in den USA sieht keinerlei Chance, ein Mammut durch Klonen wieder auferstehen zu lassen. Dennoch wäre eine Rekonstruktion auf Umwegen denkbar, meint er. Ihm und seinem Team war es im Jahr 2009 gelungen, 70 Prozent der Erbinformation eines Mammuts zu rekonstruieren. Dazu verwendeten sie nicht die Zellkerne im Mammutgewebe, sondern kleine Schnipsel von Erbmaterial, die am Fell der eingefrorenen Tiere hafteten.

Ein internationales Wissenschaftler-Team untersucht am 23.10.2007 im russischen Salechard (Jakutien) die Überreste des Mammut-Babys Ljuba, das in der Nähe des Ortes im Permafrostboden entdeckt wurde (Foto: dpa)
Dieses Mammut-Baby wurde im Permafrostboden von Jakutien gefundenBild: picture-alliance/dpa

Mit Computerhilfe brachten die Forscher aus den USA die Erbinformation in die richtige Reihenfolge, wie bei einem Puzzle. In den nächsten Jahren könne das Mammut-Erbgut, wie jetzt schon das Genom des Menschen und vieler Tiere, vollständig entziffert werden, glaubt Stephan Schuster. Was fehlt, ist nur ein potenter Geldgeber. Sobald man den vollständigen Code kenne, könne man sich daran machen, nach diesen Bauplänen die Erbinformation Baustein für Baustein zusammen zu setzen.

Vom Bakterium zum Mammut

Die vollständige DNS eines Bakteriums konnte der US-Genforscher Craig Venter 2010 erstmals zusammen bauen. Die gleiche Vorgehensweise wäre auch beim Mammut denkbar. Jedoch ist die Gesamtmenge an Erbinformation beim Mammut über 10.000 Mal größer als bei Bakterien. So lange es nicht möglich ist, so viel Erbinformation künstlich zusammen zu bauen, müssten die Forscher einen anderen Weg einschlagen, schlägt Schuster vor. Sie könnten eine verwandte Erbinformation so lange umbauen, bis sie Schritt für Schritt immer mammutähnlicher wird. Als nächster Verwandter kommt auch hier der indische Elefant in Frage.

Bakterien-Zellen (Foto: Fotolia/Irina Tischenko)
Bakterien-DNS ist einfacher zu bauen als die eines MammutsBild: Fotolia/Irina Tischenko

Der Genforscher George Church von der Harvard Medical School in Boston arbeitet bereits an geeigneten Methoden. Seine Mitarbeiter haben einen Apparat entwickelt, der Bakterien umbauen kann. Es handelt sich um eine Art Evolutionsautomat. Nach ein paar hundert Generationen ständiger Veränderungen haben sich die Bakterien in diesem Gerät vollkommen umkonstruiert. So konnten die Forscher die kleinen Lebewesen dazu bringen, aus einfachem Zucker Biodiesel herzustellen. Genau so könnten Schritt für Schritt aus Elefantenzellen Mammutzellen werden, glaubt George Church.

Aber auch dann wäre noch kein Mammut entstanden. Die Erbinformation müsste anschließend in eine lebende Zelle geschleust werden. Das ist der gleiche Prozess wie beim Klonen. Das heißt: Auch bei dieser Methode müsste letztlich eine indische Elefantenkuh aushelfen: als Eizellen-Spenderin und als Mammut-Leihmutter. Einen Berufsoptimisten wie George Church kann das allerdings nicht schrecken. Noch sei es nicht so weit, lächelt er verschmitzt und schaut auf ein kleines Stoffmammut auf seinem Tisch, aber die Entwicklung sei absehbar. 

Aus dem Eis in den Zoo

Es sind noch sehr viele Hürden zu nehmen, gibt Stephan Schuster zu bedenken. "Vor drei Jahren hätte ich gedacht: Es ist absolut unmöglich. Aber heute halte ich es nicht mehr für völlig ausgeschlossen." Ein einfacher Klonversuch, wie ihn Hwang Woo Suk plant, wird jedoch nicht die Lösung bringen. Der Weg zur Rekonstruktion der Eiszeitriesen sei viel komplizierter, weiß Schuster. Es werde vermutlich noch Jahrzehnte dauern, bis Wissenschaftler ein lebendes Mammut präsentieren können. Die Rückkehr der ausgestorbenen Wollhaarmammuts wäre aber auch das immer noch nicht, sondern bestenfalls eine Zooattraktion.