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Umweltrat sieht Fracking kritisch

Heiner Kiesel31. Mai 2013

In den USA hat das Fördern von Erdgas durch Chemikalien einen Boom ausgelöst. Für Deutschland sind die Chancen gering, meinen Experten - und die Risiken nicht absehbar.

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ARCHIV - Das Bohrfeld von ExxonMobil, aufgenommen am 06.10.2012 in Bötersen bei Rotenburg-Wümme. Auf der Suche nach Erdgas setzt das Unternehmen hier die umstrittene Frackingmethode ein. Die Öl- und Gasvorkommen in Deutschland gehen zunehmend zur Neige. Zusätzliche große Reserven seien vor allem in unkonventionellen Lagerstätten zu erwarten, die mit Hilfe der umstrittenen Fracking-Technik erschlossen werden könnten, teilte der Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung (WEG) am Donnerstag in Hamburg mit. Foto: Ingo Wagner/dpa (zu dpa 0362 vom 28.02.2013) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Fracking Erdgas Öl ExxoMobil ThemenbildBild: picture-alliance/dpa

Bei der Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten, dem Fracking, soll sich Deutschland lieber zurückhalten, stellt der Sachverständigenrat für Umweltfragen in einem jetzt vorgestellten Gutachten fest. Begründet wird das mit Umwelt- und Wirtschaftsaspekten. "Fracking ist energiepolitisch nicht notwendig, es sollte wegen großer Wissenslücken derzeit nicht kommerziell genutzt werden", betont der Vorsitzende des Umweltrates, Martin Faulstich. Bis genug über die Gefahren des Frackings bekannt sei, sollten Unternehmen lediglich Pilotprojekte unter hohen Umweltschutzauflagen durchführen dürfen, fordern die Experten. Der Sachverständigenrat berät die Bundesregierung seit 40 Jahren in Umweltfragen.

Die Methode, durch das Einpressen eines Chemikalienmixes in tiefere Erdschichten Erdgas zu fördern, hat in Nordamerika einen Energieboom ausgelöst. In Deutschland wird seither eine heftige Debatte über Chancen und Risiken des Frackings geführt. Befürworter sehen darin eine Chance, auf eine umweltverträgliche Art und Weise die Versorgungssicherheit des Landes zu verbessern. Dabei wird darauf verwiesen, dass durch Fracking die Energiepreise in den USA gesenkt worden seien und die dortige Wirtschaft dadurch Wettbewerbsvorteile habe. "Wir sehen das Potential für Deutschland nicht", stellt Faulstich dazu fest. Die "gefrackten" Vorkommen hätten eine Reichweite von nur zehn bis 13 Jahren. "Auch in den USA könnte es sich um eine Gasblase handeln, die in wenigen Jahren vorbei ist."

Dr. Martin Faulstich, Vorsitzender des Umweltrates
Dr. Martin Faulstich Vorsitzender des Umweltrates sieht wenig Zukunft für Fracking in DeutschlandBild: privat

Umweltrisiken ernst nehmen

Großen Nachdruck legen die Wissenschaftler des Umweltrates auf die ungeklärten Fragen zur Umweltverträglichkeit des Fracking. Um das Gas in der Tiefe zu lösen - es geht dabei vor allem um Schieferschichten - werden horizontale Kanäle in das Speichergestein getrieben und unter hohem Druck eine Mischung aus Wasser und chemischen Additiven eingeführt. Je nach den geologischen Bedingungen wird die Zusammensetzung der "Frack-Fluide" angepasst. Bisher wisse man noch zu wenig darüber, was passiert, wenn die Flüssigkeiten in Kontakt mit dem Grundwasser gelangen. "Wir reden von den seltenen Fällen, wo es Störungsquellen gibt, die man vorher noch nicht kannte", präzisiert Ratsmitglied und Umwelttoxikologin Heidi Foth, dennoch müsse man äußerst vorsichtig sein. "Das verlangt das Vorsorge-Prinzip." Das Gremium bezweifelt, dass die CO2-Bilanz des Fracking-Gases wirklich besser ist als bei Kohle und Öl, wie die Befürworter behaupten. Doch auch hier gebe es noch zu wenige Informationen. Überhaupt beklagen die Mitglieder des Gremiums, dass viele der Daten aus bisherigen Projekten dezentral verteilt und den Umweltbehörden nicht immer zugänglich seien.

Die Empfehlungen des Umweltrates entsprechen in ihrer Tendenz weitgehend einem Gesetzesvorhaben der Bundesregierung, das durch einen Entwurf im Februar konkretisiert worden ist. Er sieht eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung für Fracking-Projekte vor. Außerdem soll die Fördermethode in Wasserschutzgebieten gänzlich verboten werden. Bundesregierung wie Umweltrat wollen den Unternehmen die Option für Fracking jedoch nicht gänzlich nehmen. Die Regierung müht sich offenbar mit der Endfassung des Entwurfes, der inzwischen mehrfach verschärft wurde. Große Teile der Opposition treten für ein Verbot des Fracking ein.