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UN-Syrien-Vermittler Brahimi will zurücktreten

Nils Naumann2. Mai 2013

Lakhdar Brahimi hat genug: Schon nach wenigen Monaten will der UN-Sondergesandte für Syrien wieder aufgeben. Die Chancen auf eine friedliche Lösung im syrischen Bürgerkrieg sind damit geringer denn je.

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Brahimi und Assad (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Lakhdar Brahimi wusste, auf was er sich einlässt. Seine Mission: Eine Verhandlungslösung für den Syrien-Konflikt. Seine Chancen auf Erfolg: Gering bis unmöglich. Sein Vorgänger: Gescheitert an der mangelnden Verhandlungsbereitschaft der Konfliktparteien in Syrien.

Doch Brahimi ließ sich nicht einschüchtern. Im September vergangenen Jahres übernahm der 79-jährige Algerier mit der schwarzen Hornbrille und den grauweißen gewellten Haaren das Amt als UN-Sondergesandter von seinem Vorgänger Kofi Annan. Der war nach nur sechs Monaten frustriert zurückgetreten.

Noch ein frustrierter Vermittler

Jetzt aber will offenbar auch Brahimi hinwerfen. Der frühere algerische Außenminister stehe kurz davor, sein Amt als Sondergesandter von Vereinten Nationen und Arabischer Liga niederzulegen, berichten mehrere Nachrichtenagenturen.

"Brahimi hat den Wunsch zurückzutreten. Im Moment wird versucht, ihn zu überreden, noch ein paar Tage dranzuhängen", erklärte ein Diplomat des UN-Sicherheitsrates gegenüber AFP. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, US-Außenminister John Kerry und Vertreter der anderen ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat wollen Brahimi zum Bleiben bewegen.

Doch die Chancen stehen offenbar schlecht: "Brahimi hat allen gesagt, dass er gehen will", erklärte ein arabischer Diplomat. "Es gibt nur wenig Hoffnung." Nach Angaben des Senders Al-Arabija hat Brahimi sich inzwischen bereit erklärt, bis Ende Mai zu bleiben. Sein Rückzug wäre ein weiterer Rückschlag für die Bemühungen um eine friedliche Lösung des Syrien-Konflikts.

Friedensziel verfehlt

"Lakhdar Brahimi hat in den letzten Monaten gemerkt, dass er seine Ziele und seine Vorstellungen von einer möglichst schnellen Friedenslösung in Syrien nicht hat umsetzen können", sagt Sebastian Sons. Er ist Syrien-Experte des Deutschen Orient-Instituts. Offenbar sei Brahimi desillusioniert: "Er ist wahrscheinlich zu dem Schluss gekommen, dass die ganze Sache keine Aussicht auf Erfolg mehr hat".

Ein syrisches Mädchen in Damaskus (Foto: OMAR AL-KHANI/AFP/Getty Images)
Sie träumen vom Frieden: Die Kinder SyriensBild: AFP/Getty Images

Während UN-Generalsekretär Ban Ki Moon immer wieder zu Gesprächen aufruft und Waffenlieferungen an die Konfliktparteien ablehnt, unterstützen einige Mitgliedstaaten der Arabischen Liga die syrische Opposition mit Geld und Waffen. Außerdem hatte die Arabische Liga Ende März Syriens Sitz in der Organisation an die Opposition vergeben. Syriens Machthaber Baschar al-Assad kündigte daraufhin jede Zusammenarbeit mit Brahimi auf. Dieser habe den Eindruck, dass die Liga einen anderen Weg als die UN eingeschlagen habe, hieß es in Diplomatenkreisen in New York.

"Brahimi steckt in einer Falle", sagt der Syrien-Fachmann Richard Gowan von der Universität New York. "Auf der einen Seite ist die syrische Regierung, die ihn geringschätzig behandelt. Auf der anderen Seite stehen die sunnitischen arabischen Regierungen, die keinen Kompromiss mit Assad schließen wollen." Es könne Brahimi nicht hoch genug angerechnet werden, dass er es in dieser Lage so lange auf seinem Posten ausgehalten habe.

Blockierte UN

Doch auch die Vereinten Nationen sind in der Syrien-Krise blockiert. Russland verhindert mit seinem Veto im UN-Sicherheitsrat ein härteres Vorgehen gegen das Assad-Regime. Auch China ist skeptisch gegenüber härteren Maßnahmen.

"Man hat es einfach verfehlt, Russland Angebote zu machen, die das Land dazu bewegt hätten, seine Meinung im UN-Sicherheitsrat zu ändern", sagt Sebastian Sons. Von Anfang an sei der Rücktritt von Baschar al-Assad gefordert worden. Dadurch sei der Spielraum für Verhandlungen extrem gering geworden.

Ein Kämpfer der Opposition (Foto: REUTERS/Hamid Khatib/Files) Edit status: New
Sie wollen nicht mehr verhandeln: Ein Kämpfer der OppositionBild: Reuters

Ohnehin lehnen inzwischen große Teile der syrischen Opposition Verhandlungen mit dem Assad-Regime ab. Auch der Diktator setzt auf eine militärische Lösung. "Assad spielt auf Zeit", sagt Sons, "weil er genau merkt, wie uneins die internationale Gemeinschaft ist." Deshalb seien die Perspektiven für eine Verhandlungslösung "minimal". Sons glaubt, dass sich der Konflikt noch über Monate, wenn nicht sogar über Jahre, hinziehen könnte. Daran könnte wohl auch ein möglicher Nachfolger Brahimis nicht viel ändern.

Es bliebe noch die Option eines Eingreifens von außen, ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrates. Der Rückzug Brahimis, glaubt der Syrien-Experte Richard Gowan, könnte den Druck auf US-Präsident Barack Obama zu einer härteren Gangart gegenüber Assad erhöhen. Schon die jüngsten Geheimdiensthinweise auf einen Chemiewaffeneinsatz hätten Obama in Zugzwang gebracht. Ein Scheitern Brahimis, so Gowan, könnte als weiterer Hinweis gedeutet werden, dass es keine diplomatische Lösung mehr gebe und die Zeit zum Eingreifen gekommen sei. Doch noch zögert Obama, sich auf ein militärisches Abenteuer in Syrien einzulassen.