1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Unendlicher Schmerz

11. Juli 2012

30.000 Menschen haben in Srebrenica der Opfer des Massakers von 1995 gedacht. General Mladic soll damals die Ermordung von 8000 bosnischen Muslimen angeordnet haben. Sein Prozess vor dem UN-Tribunal wird fortgesetzt.

https://p.dw.com/p/15V6t
Bild: dapd

"Ich spüre Schmerz, unendlichen Schmerz", sagt Sevdija Halilovic. Ihr Vater gehört zu den 520 im vergangenen Jahr identifizierten Opfern des Massakers an bosnischen Muslimen, die am heutigen Mittwoch im nahegelegenen Potocari beigesetzt wurden. Auf dem Friedhof der Gedenkstätte lagen bereits 5137 Tote begraben, deren Identität zweifelsfrei geklärt werden konnte.

Rund 30.000 Menschen nahmen an der Trauerfeier teil. Etwa 7000 von ihnen hatten zuvor an einem traditionellen Gedenkmarsch teilgenommen: In drei Tagen legten sie über 100 Kilometer von Tulsa in Richtung Srebrenica zurück. Auf der Strecke, in umgekehrter Richtung, hatten im Juli 1995 etwa 15.000 bosnische Muslime versucht, durch die Wälder vor den bosnisch-serbischen Truppen zu fliehen. Rund 8000 muslimische Jungen und Männer wurden damals bei der Einnahme von Srebrenica gefangengenommen und anschließend systematisch getötet. Es war das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.

Trauer in Srebrenica

Gegen das Vergessen

Der New Yorker Rabbiner Arthur Schneier warnte bei der Gedenkveranstaltung davor, den Genozid zu leugnen oder zu vergessen. "Es ist wichtig, so viele Zeugnisse wie möglich von Überlebenden zu sammeln. Das ist das stärkste Instrument, um die Leugnung der Tatsachen zu verhindern", sagte der in Wien geborene und nach dem Holocaust 1947 in die USA ausgewanderte Geistliche.

Auch US-Präsident Barack Obama wandte sich gegen Betrebungen, den Völkermord in Srebrenica zu leugnen. In einer Erklärung, die von der US-Botschaft in Sarajevo verbreitet wurde, erklärte er: "Die Vereinigten Staaten stellen sich jedem Versuch entgegen, das Ausmaß dieses Verbrechens zu verzerren, es zu rechtfertigen, die Opfer zu verleumden oder die unbestreitbare Tatsache zu leugnen, dass es sich bei diesem Verbrechen um einen Genozid handelt".

Der kroatische Premierminister Zoran Milanovic legt bei der Gedenkfeier in Potocari Blumen nieder. (Foto: REUTERS/Dado Ruvic)
Der kroatische Premierminister Zoran Milanovic bei der Gedenkfeier in PotocariBild: dapd

Anfang Juni hatte der neue serbische Präsident, der Nationalist Tomislav Nikolic, in einem Interview behauptet, das Massaker von Srebrenica sei seiner Ansicht nach kein Völkermord gewesen.

Prozess gegen Mladic fortgesetzt

Zeitgleich zu der Gedenkveranstaltung wurde in Den Haag wurde der Prozess gegen den Ex-Armeechef der bosnisch-serbischen Truppen, Ratko Mladic, fortgesetzt. Am Montag hörte das UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien erstmals einen Zeugen der Anklage. Das Gericht hatte den Prozess am 17. Mai für knapp zwei Monate wegen "Unregelmäßigkeiten" ausgesetzt, nachdem die Verteidigung der Anklage vorgeworfen hatte, Dokumente zurück zu halten.

Ex-Armeechef Mladic im Gerichtssaal in Den Haag (Foto: AP Photo/ICTY VIDEO)
Ex-Armeechef Mladic muss sich seit Montag wieder in Den Haag verantwortenBild: dapd

Die Anklage legt dem 70-Jährigen Völkermord sowie Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Bosnienkrieg von 1992 bis 1995 zur Last. Als Oberbefehlshaber der Serben soll Mladic das Massaker von Srebrenica angeordnet haben. Auch der frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic muss sich wegen des Massakers vor dem UN-Tribunal verantworten. Beide hatten sich lange einem Zugriff entziehen können – Karadzic fassten die Ermittler 2008, Mladic erst im vergangenen Jahr.

Am 11. Juli 1995 hatten niederländische Soldaten der Vereinten Nationen den Angreifern unter der Führung von General Mladic Srebrenica kampflos überlassen. 2009 erklärte das Europaparlament den 11. Juli zum Gedenktag für die Opfer des Massakers – auch um westliche Staaten daran zu erinnern, dass sie die Massenermordungen nicht verhindert hatten.

fi/se/gmf (afp, dpa)