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Ungarns Parlament ändert Mediengesetz

8. März 2011

Nach massiver Kritik der Europäischen Union hat das ungarische Parlament das Mediengesetz des Landes geändert. Kritikern reichen die Änderungen jedoch nicht aus.

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Parlamentarier mit zugeklebte Mündern halten Protestnoten hoch (Archivfoto: ap)
EU-Parlamentarier protestierten im Januar gegen das MediengesetzBild: AP

Das ungarische Parlament votierte am Montagabend (07.03.2011) mit den Stimmen der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz für mehrere Änderungen an dem umstrittenen Mediengesetz. Diese betreffen vor allem ausländische Medienanbieter, bestimmte Internet-Dienste sowie das Gebot der "ausgewogenen" Berichterstattung.

Viktor Orban vor Plakataufschrift: FIDEZ (Archivfoto: ap)
Ministerpräsident Viktor Orban machte eine Parteifreundin zur Chefin der MedienkontrollbehördeBild: AP

Ausländische Anbieter von Medienprodukten, die in Ungarn verbreitet werden, müssen bei Verstößen gegen das Mediengesetz keine Geldbußen mehr befürchten, wohl aber "andere rechtliche Konsequenzen", schrieb die ungarische Nachrichtenagentur MTI. Nicht verschont von den möglichen Geldbußen bleiben jedoch ungarische Medienanbieter, die mit ihrem Sitz "nur deshalb in ein anderes EU-Land umgezogen sind, um dem ungarischen Mediengesetz auszuweichen", schrieb MTI weiter.

Blogs fallen nicht unter das Mediengesetz

So genannte On-Demand-Dienste im Internet sind in Ungarn nicht mehr zu journalistischer "Ausgewogenheit" verpflichtet, sondern nur noch die allgemein zugänglichen Medien. Blogs und Internet-Tagebücher werden nicht mehr als Medienerzeugnisse definiert und fallen damit nicht mehr in den Geltungsbereich des Gesetzes. Medienanbieter müssen sich jetzt erst 60 Tage nach Beginn ihrer Tätigkeit bei der Medienbehörde registrieren lassen, nicht wie ursprünglich geplant vor dem Start eines neuen Informationsangebots.

In Absprache mit der EU strich Ungarns Parlament auch die bisherige Vorschrift, wonach die "Beleidigung" von Personen oder Gruppen verboten war. Verboten bleibt hingegen die "Hetze" gegen Personen, Nationen, sowie gegen ethnische oder religiöse Gruppen.

Kritik von Branchenverbänden

Eine Frau und ein Mann mit zugeklebten Mündern (Archivfoto: dpa)
Die Gefahr von Zensur bestehe weiter, meinen MedienexpertenBild: picture-alliance/dpa

Fachverbände kritisierten, dass die EU wesentliche Vorschriften im Gesetz, die die Pressefreiheit gefährdeten, nicht beanstandet habe, weshalb diese Punkte unverändert im Gesetzt stehen. Auch Justizminister Tibor Navracsics bekräftigte am Montag, dass das Gesetz sich nicht grundsätzlich geändert habe.

Nicht im Fokus der EU-Kritik stand beispielsweise die umstrittene Besetzung der Nationalen Medien- und Infokommunikationsbehörde (NMHH), die weiterhin potenziell ruinöse Strafen für inhaltlich als falsch eingestufte Berichterstattung verhängen kann. Die Chefin dieser Behörde, Annamaria Szalai, wurde von Regierungschef Viktor Orban ernannt. Sie stammt wie Orban von der konservativen Partei Fidesz und soll die NMHH die nächsten neun Jahre leiten. Die Behörde ist deswegen auch über die nächsten Wahlen hinweg in der Hand der konservativen Partei. Auch der beigeordnete Medienrat ist ausschließlich mit Mitgliedern der Fidesz besetzt.

Die Vorgaben des neuen Medienrechts sind auch nach den Änderungen oft vage, die NMHH hat weiterhin die Deutungsmacht. Dies leistet nach Einschätzung von Kritikern der politischen Zensur und vor allem der Selbstzensur Vorschub, da die Redaktionen in Rechtsunsicherheit gehaltenen würden.

Autor: Martin Schrader (afp, dapd, dpa)
Redaktion: Gerhard M Friese