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Ungleicher Lohn für gleiche Arbeit

7. Februar 2011

Wer als Leih- oder Zeitarbeiter in Deutschland beschäftigt ist, verdient nur etwa halb so viel wie seine vollzeitbeschäftigten Kollegen. Über eine Regelung zur gleichen Zahlung streiten sich Regierung und Opposition.

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Zwei Hände stecken Euro-Geldscheine in einem Briefumschlag (Foto: dpa)
Leiharbeiter in Deutschland verdienen nur die HälfteBild: picture alliance/dpa
Ein Arbeiter trägt Holzlatten auf einer Baustelle (Foto: dpa)
10,5 Prozent aller vollzeitbeschäftigten Leiharbeiter verdienen weniger als 1000 Euro bruttoBild: picture-alliance/dpa

Mit einem Vollzeitjob verdienen Leiharbeiter im Durchschnitt nur halb so viel wie ihre festangestellten Kollegen. Jeder achte Leiharbeiter hat sogar so wenig in der Lohntüte, dass er auf staatliche Unterstützung angewiesen ist. Das geht aus einer am Montag (07.02.2011) bekannt gewordener Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hervor.

Demnach liegt das monatliche Bruttoeinkommen aller festangestellten Vollzeitbeschäftigten in Deutschland bei 2805 Euro. Leiharbeitskräfte in Vollzeit kommen in Westdeutschland dagegen nur auf durchschnittlich 1456 Euro Einkommen, im Osten auf 1224 Euro. Das entspricht einem Einkommensunterschied von fast 50 Prozent, so der DGB.

Armut trotz Arbeit

Im Jahr 2009 kamen der Untersuchung zufolge nur etwa jeder fünfte der Leiharbeiter auf mehr als 2000 Euro brutto im Monat. Jeder zehnte aller vollzeitbeschäftigten Leiharbeiter verdient sogar weniger als 1000 Euro brutto. Hier sei Armut trotz Arbeit an der Tagesordnung, schreibt der Autor der Studie, Wilhelm Adamy. Jeder achte Leiharbeiter mit einem Vollzeitjob war im vergangenen Jahr zusätzlich auf staatliche Hilfsleistungen aus dem sogenannten Hartz IV-Gesetz angewiesen. Von Mitte 2009 bis Mitte 2010 stieg die Zahl der Hartz-IV-Aufstocker laut Studie um fast 60 Prozent auf 92.000.

Lohndumping in der Branche

Diese Ungleichheit dürfte eigentlich gar nicht sein, denn der Rechtsgrundsatz des "Equal Pay" ist im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verankert. Diese Maxime greift aber nur, wenn für die Leiharbeiter kein eigener Tarifvertrag gilt. Genau so läuft das Lohndumping aber in der Praxis ab: Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften hat mit der Zeitarbeitsbranche eigene Tarifverträge mit bescheidenen Löhnen abgeschlossen - der Deutsche Gewerkschaftsbund spricht von "Gefälligkeits-Verträgen".

Die Folge: Das Lohnniveau in der Leiharbeitsbranche wurde gedrückt. Der DGB beklagt seit langem, dass Leiharbeit längst nicht mehr nur genutzt wird, um betriebliche Auftragsspitzen abzufangen, sondern mehr und mehr auch, um die höheren Tariflöhne in den Einsatzbetrieben zu unterhöhlen.

"Unsoziale Provokation"

Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer (Foto: apn)
'Kein ernst zu nehmendes Angebot', urteilt DGB-Chef Michael SommerBild: AP

Laut Bundesagentur für Arbeit waren im Juni 2010 rund 800.000 Leiharbeiter beschäftigt. Jede dritte gemeldete Arbeitsstelle komme aus der Zeitarbeit. Vor allem im Dienstleistungssektor nehme die Zahl der Leiharbeiter zu. Mehr als die Hälfte aller Beschäftigungsverhältnisse in der Zeitarbeit dauert den Angaben zufolge weniger als drei Monate an.

Die Entlohnung von Leiharbeiten spielt derzeit bei den Hartz-IV-Verhandlungen eine Rolle und sorgt für Streit zwischen Regierung und Opposition. SPD und Grüne fordern, dass Leiharbeiter spätestens nach vier Wochen den gleichen Lohn erhalten wie die Stammbelegschaft. Die FDP besteht darauf, dass es erst nach neun Monaten gleichen Lohn für gleiche Arbeit gibt. Für DGB-Chef Michael Sommer ist das nicht hinnehmbar: "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit erst nach neun Monaten Leiharbeit zahlen zu wollen, ist kein ernst zu nehmendes Angebot, sondern eine unsoziale Provokation."

Autorin: Pia Gram (dapd, afp, rtr)
Redaktion: Sabine Faber