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Islam-Uni Tirana

12. Mai 2011

In Tirana ist die erste islamische Universität eröffnet worden. Muslimische Geistliche werden im Sinne eines toleranten europäischen Islam ausgebildet. Damit will die Hochschule aufkeimendem Islamismus entgegenwirken.

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Halbmond und Stern vor grünem Hintergrund (Bild: AP Graphics / DW)
Theologische Uni eröffnet nach jahrzehntelangem Religionsverbot

Merkwürdig aber wahr: das Gebäude der Polizeiakademie am Stadtrand von Tirana, das neulich mit EU-Geldern wiederaufgebaut wurde, ist der Sitz der ersten Theologischen Islamischen Universität in Albanien. Altin Shima, Beauftragter für Erziehungsfragen bei der Albanischen Muslimischen Gemeinschaft (KMSH), erklärt, die albanische Regierung habe dieses Gebäude der KMSH geschenkt, weil sie nicht in der finanziellen Lage sei, dieser Gemeinschaft die Besitztümer zurückzugeben, die während des Kommunismus (1944 - 1990) beschlagnahmt und verstaatlicht wurden.

Den 2.500 Studenten, die jetzt in jenen Bänken sitzen werden, wo bisher die Polizisten ausgebildet wurden, steht nicht nur ein Abschluss in islamischer Theologie zur Verfügung, sagt Altin Shima. Die Theologische Islamische Universität Tirana bestehe aus der Fakultät der Geisteswissenschaften mit drei Abteilungen Islamwissenschaften, Kommunikationswissenschaften und Jura; aus der Fakultät für Fremdsprachen mit den Abteilungen Englisch, Türkisch und Arabisch und aus dem Forschungszentrum für den Interreligiösen und Interkulturellen Dialog, erklärt der Erziehungsbeauftragte der Muslimischen Gemeinschaft und fügt hinzu: "An dieser Universität dürfen nicht nur Studenten aus Albanien, sondern auch aus Europa und der Region studieren."

Kein Muss

Halbmond und Kreuze vor dunklem Hintergrund (Bild: AP Graphics / DW)
Interreligiöser Dialog ist Tradition in AlbanienBild: AP Graphic / DW-Fotomontage

Die Zugehörigkeit zum Islam ist keine Voraussetzung für das Studium in den nicht religiösen Fächern (Jura, Fremdsprachen, Kommunikationswissenschaften) der Universität. Damit will die Universität ihren Beitrag für den interreligiösen und interkulturellen Dialog leisten. Eine wichtige Rolle soll in diesem Zusammenhang dem Forschungszentrum für den Interreligiösen und Interkulturellen Dialog zukommen. Der Auftrag für die Förderung des interreligiösen und interkulturellen Dialogs sollte nach Auffassung von Pirro Misha, Direktor des unabhängigen Instituts für Dialog und Kommunikation in Tirana, nicht sehr schwierig sein, weil "die albanische Gesellschaft ein gutes Beispiel für das harmonische Zusammenleben der Religionen und den interreligiösen Dialog ist", so Misha. Die Religion sei in Albanien nie als Mittel der Teilung und der Konfrontation missbraucht worden, sagt Misha und fügt hinzu: "Der Dialog und die interkulturelle Kommunikation zwischen den verschiedenen religiösen Gemeinschaften ist hier etwas ganz Natürliches." Es sei eine Kostbarkeit, dass Katholiken, Muslime, und Orthodoxen in Albanien jahrhundertlang friedliche zusammengelebt hätten. Dies sollte geachtet und bewahrt werden, betont Misha.

Islam als Teil Europas

Straßenszene aus Tirana, Albanien (1998)
Feste Werte: Europa und IslamBild: AP

Eine Gefahr für die Tradition des harmonischen Zusammenlebens der Religionen in Albanien sieht man jedoch bei einer Reihe junger Albaner, die islamische Theologie an verschiedenen Universitäten der arabischen Welt studiert haben. Wegen des absoluten Religionsverbotes ist es während des Kommunismus zu einem Vakuum in der Ausbildung von Geistlichen aller Religionen in Albanien gekommen. Nach der Wende boten einige islamische Länder, allen voran Saudi Arabien, Pakistan oder Ägypten, Hilfe und Stipendien für die Ausbildung von islamischen Geistlichen an Universitäten dieser Länder an. Nach dem Studium seien, laut Misha, die dort ausgebildeten Albaner mit anderen Vorstellungen zum traditionell toleranten Islam in Albanien zurückgekehrt. Die andere Sichtweise auf den Islam dieser Geistlichen habe in Albanien zu Konflikten mit Vertretern des in Albanien und auf dem Balkan überlieferten Islam geführt. Dieser betrachte sich selbst als Teil Europas und akzeptiere die europäischen Werte. "Der in Albanien praktizierte Islam entspricht den Zielen Albaniens, Teil Europas zu sein. Es ist ein Islam der für den Dialog und für den Austausch der geistlichen und kulturellen Werte mit Europa steht", erklärt der Publizist Pirro Misha, Direktor des unabhängigen Instituts für Dialog und Kommunikation.

In diesem Zusammenhang wird, so Misha, die Initiative der Albanischen Muslimischen Gemeinschaft, eine Islamische Theologische Universität zu gründen und die Erteilung der Lizenz durch die albanische Regierung als positiv bewertet. Auf diese Weise könne dem Einfluss der Länder begegnet werden, die die Religion zur Instrumentalisierung von Konflikten einsetzten, so der Publizist.


Autorin: Ani Ruci / Pandeli Pani
Redaktion: Mirjana Dikic