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Ditib soll sich von Erdogan distanzieren

6. August 2016

Angesichts der Repressionen gegen Regierungskritiker in der Türkei fordern Bundespolitiker eine klare Abgrenzung des Islamverbandes von der Politik des türkischen Präsidenten. Ditib dürfe nicht Erdogans Sprachrohr sein.

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Ditib-Zentralmoschee in Köln (Foto: Getty Images/AFP)
Prestigeprojekt von Ditib in Deutschland - die Zentralmoschee in KölnBild: Getty Images/AFP/M. Hitij

Wegen der Nähe des größten Verbandes von Moscheen in Deutschland zur Regierung des türkischen Staatspräsidenten Recip Tayyip Erdogan geht die deutsche Politik zunehmend auf Distanz zur "Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion", kurz Ditib.

"Eine Zusammenarbeit mit Ditib kann nur fortgesetzt werden, wenn sich der Verband nicht von dem türkischen Präsidenten und der Regierung als unkritisches Sprachrohr instrumentalisieren lässt", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, der Tageszeitung "Die Welt". Ditib müsse ihre Eigenständigkeit unter Beweis stellen, "bevor weitere Kooperationsgespräche fortgeführt werden", erklärte der CSU-Politiker.

Ähnlich äußerte sich die kirchen- und religionspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kerstin Griese. Sie erwarte von Ditib, dass der Verband "die Verhaftungswelle sowie die Einschränkungen von Demokratie und Meinungsfreiheit in der Türkei nicht rechtfertigt oder gar unterstützt". "Wir können nicht dulden, dass Erdogans Politik in deutsche Moscheegemeinden hineingetragen wird", sagte Griese der "Welt". "Gerade Ditib muss man kritische Fragen stellen, zumal wegen problematischer Freitagspredigten oder in den Fällen, in denen zu Hass und Gewalt aufgerufen wird", sagte Griese. "Da müssen notfalls auch Imame ausgewiesen werden."

Zwar sprach Griese sich dafür aus, weiterhin "mit Ditib im Gespräch" zu bleiben. Das gelte schon deshalb, weil Verbände wie Ditib die einzigen Gesprächspartner seien, "die wir beim Thema Islam hier haben". Doch sei es "völlig falsch" zu behaupten, dass der Islam sich "überhaupt nicht demokratisch repräsentativ organisieren" könne. Daher müssten auch die islamischen Verbände an demokratischen Kriterien gemessen werden.

Rheinland-Pfalz stoppt Gespräche mit Islamverbänden

Mehrere Bundesländer überprüfen derzeit ihre Kooperation mit Ditib beim islamischen Religionsunterricht. Konsequenzen hat daraus bereits die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gezogen. Dreyer sagte in Mainz, dass die von ihr geführte rot-grün-gelbe Landesregierung die begonnenen Gespräche mit den dortigen Islamverbänden - darunter Ditib - zur Regelung des islamischen Religionsunterrichts ruhen lasse. In Niedersachsen ist die CDU wegen ihrer Bedenken gegenüber Ditib aus den Gesprächen über einen Staatsvertrag zwischen dem Bundesland und den dortigen Islamverbänden ausgestiegen.

Ankara lenkt

Ditib ist der größte deutsche Islamverband, dem rund 900 hiesige Moscheegemeinden zugeordnet sind. Die Imame dieser Moscheen wurden fast durchweg in der Türkei ausgebildet und sind Angestellte der staatlichen Religionsbehörde Diyanet in Ankara, von wo aus diese Imame auch bezahlt werden. Mit Diyanet ist Ditib personell und organisatorisch eng verflochten.

qu/jj (dpa, apf, kna, epd)