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"Unionsstaat von Russland und Belarus ist praktisch unmöglich"

13. Dezember 2007

Wladimir Putin hält sich zu politischen Gesprächen in Minsk auf. Im DW-Gespräch bewertet Politologe Arkadij Mosches vom finnischen Institut für internationale Beziehungen die Beziehungen zwischen Russland und Belarus.

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DW-Belarus: Wie groß ist Ihrer Meinung nach die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unionsstaat zwischen Belarus und Russland geschaffen wird?

Arkadij Mosches: Ich denke, es ist praktisch unmöglich, einen Unionsstaat als reale Organisation, als Subjekt des internationalen Recht zu schaffen.

Aber warum tauchen dann gerade jetzt, im Vorfeld des Besuchs von Wladimir Putin in Minsk, all diese Spekulationen um eine Wiederbelebung des Unionsstaats auf?

Schon lange wurde der Rat des Unionsstaates zwischen Russland und Belarus nicht mehr einberufen. Deswegen muss es irgendeine Intrige geben, warum eine solche Veranstaltung überhaupt abgehalten wird. Für sie wird viel Werbung gemacht. Ich glaube nicht, dass der Entwurf für eine Verfassung des Unionsstaates auf die Tagesordnung kommt, mit dem noch zudem der Posten eines Präsidenten einführt werden soll. Das würde der bisherigen Logik in den Beziehungen zwischen Russland und Belarus widersprechen und auch den Interessen der belarussischen Staatsführung.

Braucht Russland die Vereinigung mit Belarus zu einem Unionsstaat?

Russland braucht normale, pragmatische Beziehungen zu Belarus. Die russische Führung braucht sichtbaren Fortschritt in den Beziehungen zu Belarus, denn: Wenn sich Belarus aus den einen oder anderen Gründen für einen ukrainischen Entwicklungsweg entscheidet, dann wird es Russland, wenn man berücksichtigt, dass sich die Startbedingungen in den russisch-belarussischen Beziehungen wesentlich von denen in den russisch-ukrainischen Beziehungen unterschieden, sehr schwer fallen, seine regionalen Ambitionen durchzusetzen. Wenn es Moskau nicht gelingt, gegenüber Minsk seinen Willen durchzusetzen, dann wird man wohl kaum davon sprechen können, dass sich irgendeine andere Hauptstadt oder die gesamte Region unterordnen wird. Deswegen hat Belarus für Russland insgesamt große Bedeutung. Gleichzeitig werden in Russland viele Dinge revidiert. Tatsache ist, dass inzwischen die Beziehungen zu Belarus der realen Wirtschaft angepasst wurden. Niemand beabsichtigt mehr, loyale Verbündete weiter zu subventionieren. Damit hat das Format eines Unionsstaates, die politische Integration deutlich an Bedeutung verloren.

Wenn Belarus zwischen dem Unionsstaat und der Europäischen Union wählen könnte, was wäre aus wirtschaftlicher und kultureller Sicht für das Land besser?

Was die Entwicklungsperspektiven angeht, wäre es für Belarus vorteilhafter, sich schrittweise in Richtung EU zu bewegen und europäische Standards zu übernehmen. Aber dies macht nur Sinn, wenn die Aussicht auf eine vollberechtigte Mitgliedschaft in der EU besteht. Aber da diese Möglichkeit für das Land nicht einmal theoretisch besteht, wäre eine solche Entscheidung für jeden Bürger nicht nachvollziehbar.

Das Gespräch führte Maryna Pachabyt, DW-Belarus