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Unruhige Urlaubsregionen werben um Gäste

11. März 2011

Die Deutschen sind reisefreudiger denn je und lassen sich ihren Urlaub wieder etwas kosten. Fraglich ist allerdings, ob von dem Boom auch die Urlaubsregionen in Nordafrika und im arabischen Raum profitieren können.

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Leerer Strand im einstigen Urlaubsparadies in Tunesien (Foto: dpa)
Leerer Strand im einstigen Urlaubsparadies in TunesienBild: picture-alliance/dpa

"Eine friedliche Revolution inspiriert die Welt", steht auf einem der Plakate, mit denen auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin die Besucher in der Halle 23a empfangen werden. "7000 Jahre Geschichte und eine neue Ära" - "Auch friedliche Revolutionen sind möglich", lauten weitere Botschaften. Über große Leinwände flimmern Szenen mit Demonstranten und Gratulationen aus aller Welt. Der politische Umbruch bestimmt die Atmosphäre und Ägypten präsentiert sich dabei auf der ITB so strahlend und selbstbewusst, als gebe es keine weiteren Herausforderungen.

Hunderttausende protestierten Anfang Februar in Kairo auf dem Tarhir-Platz (Foto: dpad)
Bilder einer friedlichen RevolutionBild: AP


"Man muss die einfach positiv annehmen. Ägypten hat schon in der Vergangenheit Krisen bewältigt und zwar relativ schnell und ich glaube, dass auch diese relativ schnell bewältigt werden kann", sagt Hotelmanager Christian Grage, der für Hilton Worldwide von Kairo aus für die Region Ägypten und das östliche Mittelmeer zuständig ist. Auch Grage strahlt ungebrochene Zuversicht aus und das, obwohl die Auslastung der Hotels und Ressorts in den ägyptischen Urlaubshochburgen trotz Hochsaison derzeit bei nur 30 bis maximal 50 Prozent liegt: "Ja, das tut weh. Es tut allen weh. Aber man muss da durch. Man muss sich auf seine Stärken verlassen und einige Reserven angreifen. Aber wir sehen grundsätzlich, dass die Zahlen schon wieder positiv sind", sagt Grage.

Ägypten hat viel zu bieten

Die Sonne, das Meer, die Strände, die Altertümer - das Land habe einfach sehr viel zu bieten, fügt Grage hinzu. Bei den großen deutschen Reiseveranstaltern gibt man ihm Recht. Ägypten zählt zu den Topzielen, 1,3 Millionen Bundesbürger urlaubten dort im vergangenen Jahr. Nach den Sicherheitswarnungen durch das Auswärtige Amt verschwanden die Destinationen zwar für etwa vier Wochen aus dem Programm, doch jetzt wird die Region wieder angeboten und zwar verlockende zehn bis 15 Prozent preiswerter als zuvor, wie Nina Meyer vom Reiseveranstalter L'tur sagt: "Sicherlich fragen die Leute heute nach: kann ich nach Ägypten reisen, kann ich nach Tunesien reisen? Wir sagen, dass es im Moment überhaupt kein Problem ist, einen Pauschalurlaub am Roten Meer zu buchen." Aus ihrer Sicht habe am Roten Meer zu keiner Zeit ein wirkliches Sicherheitsrisiko bestanden.

Tunesien trifft es härter

Deutsche Touristen freuen sich nach ihrer Rückkehr aus Tunesien am Flughafen in Düsseldorf (Foto: dpa)
Glückliche Ankunft: Deutsche Touristen freuen sich, Tunesien verlassen zu habenBild: picture alliance/dpa

Wer in Tunesien urlaubte, weiß da anderes zu berichten. Entsprechend stärker sind hier die Buchungszahlen eingebrochen. Für den Sommer liegen sie derzeit um die Hälfte hinter den Vorjahreszahlen zurück und aktuell werden Reisen nach Tunesien mit bis zu 50 Prozent Preisabschlag angeboten. Für den Tourismussektor in Tunesien ist das verheerend und entsprechend eindringlich wirbt Mehdi Houas, der Minister für Handel und Tourismus der neuen tunesischen Regierung, auf der ITB in Berlin um Vertrauen: "Heute ist die Sicherheit komplett garantiert, weil die Polizei und die Armee gut zusammenarbeiten. Was die Sicherheit am meisten garantiert, ist, dass wir die tunesische Bevölkerung, was die Zukunft und die Durchsetzung der Demokratie angeht, beruhigen können." Der Minister verweist auf die Übergangsregierung und eine Agenda, die zu freien demokratischen Wahlen führen sollte.

Ob das reicht, um potenzielle Urlauber zu beruhigen, kann bezweifelt werden. Hinter vorgehaltener Hand heißt es auf der ITB, dass zwischen Ägypten und Tunesien ein gewaltiger Unterschied bestehe. Während in Ägypten, wenn es ruhig bleibe, wohl schon im kommenden Winter wieder Normalbetrieb herrschen könnte, werde der in Tunesien wohl bis zu zwei Jahre auf sich warten lassen. Tourismusminister Houas kann das nicht akzeptieren: "Viele Tourismusprofis haben uns gesagt, dass dieses Jahr schwierig werden würde und dass sie wahrscheinlich mit dem Reiseziel Tunesien Geld verlieren würden. Ich habe ihnen erklärt, dass dieses verlorene Geld eine Investition sein könnte."

In Mitleidenschaft gezogen

Der libysche Stand auf der ITB in Berlin (Foto: dapd)
Auch Libyen ist auf der ITB vertretenBild: dapd

Was Tunesien derzeit durchlebt, davon hoffen andere Länder in der Region, dass es ihnen erspart bleiben wird. Auf der ITB sind die politischen Unruhen und die Frage, auf welche Länder sie noch übergreifen werden, bei den Ausstellern aus der arabischen Welt ein Dauerthema. Mit der Sicherheit der Touristen steht und fällt das Geschäft und wenn die Bürger demonstrieren und das Auswärtige Amt eine Reisewarnung herausgibt, dann hat das Folgen. Das spürt auch Monika Landler von Arabian Trails, einem Unternehmen, das im Oman für große Reiseveranstalter Touren, Hotels und Autos organisiert: "Es wird etwas drastischer dargestellt, als es wirklich ist. Also Unruhen, Bluttaten und Gefahren gibt es überhaupt nicht und trotzdem leidet das Land darunter. Es ist eine Warnung ausgesprochen, aber wir verstehen nicht, warum es da Vorsichtsmaßnahmen gibt." Die Omanis seien ein ganz friedlicher Menschenschlag, die würden die ganze Aufregung nicht verstehen, die es weltweit gibt, sagt Landler weiter.

Ein Land, das alle meiden

Auch Libyen ist übrigens auf der ITB mit einem Stand vertreten. Viel Betrieb herrscht dort nicht und die ausliegenden Hochglanzprospekte über Wüstensafaris und Touren zu den libyschen Altertümern finden so gut wie keinen Absatz. Urlaub in einem Land, in dem der Diktator sein Volk bombardieren lässt - dafür wird sich auf der Messe in Berlin wohl kein Abnehmer finden.

Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Zhang Danhong