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Unsicheres Afghanistan

Das Interview führte Maik Meuser10. Februar 2006

Mit viel Geld und militärischem Einsatz soll Afghanistan ein Weg in eine friedliche Zukunft geebnet werden. Doch die Sicherheit im Land hat sich verschlechtert, sagt Hans-Hermann Dube von der GTZ.

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DW-WORLD: Herr Dube, wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Entwicklung in Afghanistan in den letzten beiden Jahren?

Hans-Hermann Dube: Ich bin jetzt seit drei Jahren in Afghanistan. Als wir damals hierher kamen, war die Sicherheitssituation vergleichsweise unkompliziert. Wir konnten uns frei bewegen und Investoren waren durchaus bereit, nach Afghanistan zu kommen, weil sie sich eigentlich nicht gefährdet fühlten. Mittlerweile ist es allerdings so, dass sich die Sicherheitslage, auch aus unserer Sicht, deutlich verschlechtert hat. Investoren sind zunehmend weniger bereit, nach Afghanistan zu kommen. Sie schauen sehr auf Sicherheit und Rechtssicherheit.

Was braucht Afghanistan jetzt am meisten?

Die Menschen hier brauchen eine positive wirtschaftliche Zukunft. Vor allem die Menschen in den traditionellen Paschtu-Gebieten, aus denen ja auch die Taliban kam, brauchen wirtschaftliche Perspektiven, um nicht wieder religiösen Fundamentalisten zu erliegen, die mit allen möglichen Heilsversprechungen kommen und damit gegen ein neues Afghanistan agitieren. Besonders diese Gebiete, die natürlich schwierig für uns sind, brauchen deutlich mehr Hilfe. Wenn die Menschen für sich keine positive Zukunft erkennen können, werden sie irgendwann möglicherweise wieder eine Gefahr für die internationale Staatengemeinschaft darstellen.

Von wem erwarten Sie Hilfe für Afghanistan?

Den Menschen dort ist es vergleichsweise egal, wer die Hilfe leistet. Hauptsache, die Hilfe kommt dort überhaupt an. Im Moment sind vor allem bewaffnete ausländische Truppen im Land, die sich ja durchaus im Kriegszustand befinden. Wir haben in den letzten Tagen beobachtet, wie die Menschen aus den schwierigen Gebieten im Südosten des Landes flüchten, weil sie vor den Kriegshandlungen Angst haben. Sie wissen nicht, wie es weitergeht. Sie haben keine wirtschaftliche Hoffnung. Es ist sicherlich sinnvoll, das ISAF-Mandat auf die Südost-Provinzen auszudehnen. Dann wird auch der friedensfördernde Charakter der Truppen für die Bevölkerung stärker deutlich. Mit Rückenwind der ISAF-Truppen könnten sich dann die Hilfsorganisationen der Internationalen Staatengemeinschaften wieder in diese Gebiete trauen und dort den Menschen beim Aufbau helfen.

Wie nehmen Sie die Situation derzeit wahr, Sie sind ja seit Anfang der Woche wieder in Kabul?

Die Situation ist extrem angespannt. Mein Haus ist in der direkten Nachbarschaft der dänischen Botschaft. Ich kann mich im Moment zwar einerseits sicher fühlen, weil noch nie so viele Polizisten um mein Haus herum stationiert waren wie in diesen Tagen. Aber andererseits macht einem das natürlich schon ein wenig Sorgen, weil wir nicht genau wissen, wie sich die Situation weiter entwickeln wird. Die Stimmung in Kabul, aber auch in Afghanistan ganz allgemein ist sehr angespannt. Wir als Ausländer halten uns derzeit im Untergrund, um nicht alleine durch unsere Anwesenheit, etwa durch die Autos unserer Organisationen, als Ausländer aufzufallen oder zu provozieren.

Hans-Hermann Dube ist Regionalleiter in Afghanistan und Pakistan der Deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ)