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Unterhaltung im Abo: Es wird eng

25. März 2019

US-Firmen wie Netflix und Amazon Prime beherrschen den Markt für das Streamen von Filmen und Serien. Jetzt steigt auch Apple in das Geschäft ein. Traditionelle TV-Sender müssen sich umstellen.

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Symbolbild Fernsehschauen
Bild: picture alliance/dpa/K. Van Weel

Der Einstieg von Apple in den Markt für unbegrenztes Video-Streaming gegen Gebühr ist eine Kampfansage an Netflix und Amazon. Mit 140 Millionen Abonnenten weltweit ist Netflix der Platzhirsch der Branche. Für den Prime-Service des Onlinehändlers Amazon, der auch Videostreaming beeinhaltet, zahlen mehr als 100 Millionen Menschen.

Eine ähnliche Größenordnung will Apple laut Medienberichten in den nächsten fünf Jahren für seinen Streaming-Dienst gewinnen. Über seine iTunes-Plattform bietet das Unternehmen schon seit 2005 (in Deutschland seit 2008) Filme und Serien an - allerdings als kostenpflichtige Einzelabrufe, nicht als Flatrate. Viele Analysten glauben offenbar an einen Erfolg: Die Apple-Aktie legte zuletzt deutlich zu.

US-Firmen dominieren

Die US-Unterhaltungskonzerne Disney und Warner haben für dieses Jahr ebenfalls Streamingdienste angekündigt - mit der Konsequenz, dass ihre Produkte von anderen Plattformen verschwinden könnten.

Zum Disney-Reich gehören nicht nur die Zeichentrickfilme, sondern ein ganzes Hollywoodstudio, die Marvel-Superhelden und Star Wars ("Krieg der Sterne") in all seinen Varianten. Zu Warner gehören neben dem bekannten Filmstudio auch TV-Sender wie HBO, der die erfolgreiche Serie "Game of Thrones" produziert.

Noch ist vieles offen, doch ein paar Dinge gelten bereits als sicher. Erstens werden exklusive Inhalte, also populäre Filme, Serien oder Sportereignisse, zunehmend über verschiedene Plattformen verstreut. Und zweitens wird das Geschäft mit dem Video-Streaming auch in Europa von einer Handvoll global operierender US-Firmen beherrscht.

Star Wars Episode VI Return of the Jedi
Auch beim Streaming gilt: Wer hat, dem wird gegeben. Darth Vader arbeitet inzwischen für DisneyBild: picture-alliance/dpa

Anbieten, was alle wollen

"Den großen Plattformen spielen dabei Skalierungseffekte in die Hände", sagt Florian Kerkau, Geschäftsführer von Goldmedia in Berlin, einer auf Medien spezialisierten Beratungsfirma. Wer viele Nutzer hat, kann es sich erlauben, viel Geld für exklusive Inhalte auszugeben. Und wer erfolgreiche Inhalte exklusiv hat, zieht neue Nutzer an.

Das ist im wesentlichen die Strategie von Netflix. Im vergangenen Jahr gab das Unternehmen 12 Milliarden US-Dollar für neue Filme und Serien aus, in diesem Jahr sollen es sogar 15 Milliarden Dollar werden. "Netflix ist da momentan mit Summen unterwegs, die kein anderer aufbringt", so Kerkau zur DW.

Man könnte auch sagen: die kein anderer aufbringen muss. Im Gegensatz zu seinen Wettbewerbern ist Netflix völlig abhängig vom Streaming, es ist sein einziges Geschäftsfeld. Im vergangenen Jahr machte die Firma damit 1,2 Milliarden Dollar Gewinn - doch es blieb nicht genug Geld, um den gewaltigen Schuldenberg abzutragen.

"Viele Netflix-Serien werden nach nur einem Jahr wieder abgesetzt, weil sie nicht erfolgreich genug sind", sagt Dan Rayburn, Analyst bei der New Yorker Beratungsfirma Frost & Sullivan. "Herauszufinden, was das Publikum will und wie viel Geld man für die Produktion aufwenden muss, ist ein sehr riskantes Geschäft."

Videostreaming-Firma Netflix
Satte 12 Milliarden Dollar gab Netflix im vergangenen Jahr für neue Filme und Serien ausBild: picture-alliance/dpa/B.v. Jutrczenka

Streaming im Nebenjob

Für Amazon und den Neueinsteiger Apple ist Video-Streaming dagegen ein Geschäftsfeld unter vielen, und nicht einmal ein besonders wichtiges.

"Apple ist eine völlig andere Firma als Netflix", so Rayburn zur DW. "Die haben ein ganzes Ökosystem - die Geräte, die Stores, den Bezahldienst. So können sie Videoinhalte ganz anders nutzen als Netflix und damit zum Beispiel den Umsatz in anderen Geschäftsfeldern antreiben."

Netflix hat im vergangenen Jahr 16 Milliarden Dollar umgesetzt. Bei Apple waren es 266 Milliarden. Auch für Amazon (232 Milliarden) ist das Videostreaming nur ein Anreiz unter vielen, um Nutzer zum Abschluss einer Prime-Mitgliedschaft zu bewegen.

Für Netflix ist es daher lebenswichtig, seinen Vorsprung durch exklusive Inhalte zu wahren. Derzeit scheint das noch zu gelingen: Von den zehn erfolgreichsten Streaming-Serien in Deutschland im letzten Monat wurden neun vor allem auf Netflix geschaut, so eine Erhebung von Goldmedia.

Babylon Berlin
"Babylon Berlin" (2017). Die teuerste deutsche Serie lief erst im Pay-TV, dann in der ARD und bei Streaming-DienstenBild: picture-alliance/dpa/F.Batier

Goldene Zeiten für Produzenten

Unter Druck geraten sind dagegen die großen kommerziellen TV-Senderketten in Deutschland, RTL und ProSiebenSat1. "Junge Leute nutzen das lineare Fernsehen nicht mehr so stark wie früher", sagte Florian Kerkau. Beide Unternehmen arbeiten daran, ihre eigenen Streaming-Dienste zu verbessern, zum Teil auch mit Inhalten, für die Nutzer bezahlen müssen. "Ihr Problem ist aber, dass sie den internationalen Hebel nicht so gut bedienen können wie die amerikanischen Firmen."

Für die Produzenten von deutschen Filmen und Serien sei diese Entwicklung trotzdem ein Segen, sagt Kerkau. Sie haben schwierige Jahre hinter sich, in denen die deutschen Privatsender kaum noch Aufträge vergaben und sich mit dem Ausstrahlen von US-Produktionen begnügten. Seitdem Netflix und Co. den Markt aufmischen, produzieren die Sender wieder mehr eigene Inhalte, um attraktiv zu bleiben. "So viel wie heute wurde noch nie produziert", sagte Kerkau. "Für Produzenten ist das eine goldene Zeit."

Die Bereitschaft, ein Abo für einen Videodienst abzuschließen, ist in Deutschland allerdings noch deutlich geringer ausgeprägt als in den USA. Mehr als die Hälfte aller US-Haushalte (55 Prozent) hatten 2017 mindestens ein Streaming-Abo, so eine Erhebung von Deloitte. In Deutschland waren es laut Goldmedia im selben Jahr nur 18 Prozent. Die monatliche Gebühr für das TV-, Hörfunk- und Streaming-Angebot der öffentlich-rechtlichen Sender, die alle Haushalte in Deutschland zahlen müssen, wurde dabei allerdings nicht mitgezählt.

Andreas Becker
Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.