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Unterstützung für chinesischen Bürgerrechtler

5. November 2011

Seit über einem Jahr steht der chinesische Bürgerrechtler Chen Guangcheng unter Hausarrest. Immer mehr Internetnutzer fordern jetzt seine Freilassung. Nun mischt sich auch der US-Kongress ein.

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Chinesische Menschenrechtler Chen Guangcheng (Foto: AP)
Chinesischer Menschenrechtler Chen GuangchengBild: AP

"Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen kann das Suchergebnis nicht angezeigt werden". Diese Nachricht erscheint auf dem Bildschirm, wenn man auf der chinesischen Version von Twitter den Namen des Menschenrechtlers Chen Guangcheng eingibt. Chinas Regierung ist offenbar nervös, denn seit einigen Wochen fordern Internetnutzer ein Ende des Hausarrests des Menschenrechtsaktivisten.

Chen Guangcheng hatte sich vor allem für ein Ende der chinesischen "Ein-Kind-Politik" eingesetzt. Der seit seiner Kindheit blinde Bürgerrechtler eignete sich im Selbststudium juristisches Fachwissen an. Der so genannte „Barfuß-Anwalt“ beriet Landbewohner in seiner Heimatprovinz Shandong und half Menschen, sich gegen Zwangssterilisationen und Zwangsabtreibungen juristisch zu wehren. Damit machte er sich offenbar die chinesische Regierung zum Feind. Im Jahr 2005 stellten die Behörden Chen unter Hausarrest, 2006 verurteilte ihn ein chinesisches Gericht zu einer Freiheitsstrafe von über vier Jahren. Sein angebliches Vergehen: "Anstachelung zur Störung der öffentlichen Ordnung". Im September letzten Jahres endete seine Haft. Seitdem steht er gemeinsam mit seiner Frau und seiner sechsjährigen Tochter unter Hausarrest, ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt, seine Tochter darf noch nicht einmal zur Schule gehen. Außerdem wurde Chen mindestens einmal schwer misshandelt.

Aktivisten protestieren für Chens Freiheit

Chens Frau Yuan Weijing vor Bücherregal (Foto: Youtube)
Chens Frau Yuan Weijing steht ebenfalls unter HausarrestBild: YouTube

Trotz der völligen Isolation erhält Chen Guangcheng immer mehr Solidaritätsbekundungen von chinesischen Internetnutzern. Einige veröffentlichen auf dem chinesischen Internetportal Youku und auf Youtube ein Video von einem ihm gewidmeten Feuerwerk. Andere Aktivisten stellen Bilder mit der Überschrift "Free Guangcheng" ins Internet. Bilder von Menschen mit Transparenten, auf denen sie Freiheit für Chen Guangcheng fordern, kursieren auf den Seiten der sozialen Netzwerke in China.

Die Zensurbehörden sperren diese Inhalte, so weit es ihnen gelingt. Allerdings konnten sie nicht verhindern, dass inzwischen fast täglich einige Dutzend Aktivisten aus ganz China in Chen Guangchengs Heimatstadt Linyi für seine Freilassung protestieren. Einer von ihnen ist Peng Zhonglin. Gegenüber DW-WORLD.DE berichtete er von "heftiger Gewalt gegen die Demonstranten". Eine Gruppe von über 50 Schlägern sei laut Peng in Linyi aufgetaucht. "Sie schlugen und gleichzeitig raubten sie die Leute aus. Sie haben Handys und Kameras geklaut. Als einige der Aktivisten die Polizei anriefen und Beweisbilder machten, gab es noch heftigere Attacken." Die Schlägertrupps kreisten eine Gruppe von Demonstranten ein, so Peng. Einige seien verletzt worden.

Ein Sprecher des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit der Provinz Shandong sagte gegenüber DW-WORLD.DE, man wisse nichts von den Schlägertrupps in Chens Heimatort Linyi. Der Aktivist Sun Jianmin ist allerdings überzeugt, dass Regierungsbehörden hinter den Attacken auf die Demonstranten stecken. Er selbst war Zeuge der Schlägerei, sagte er DW-WORLD.DE: "Die waren vorbereitet. Garantiert wurde das von der lokalen Regierung organisiert. Welche Feinde hat Chen Guangcheng sonst vor Ort?", fragt sich nicht nur Aktivist Sun Jianmin.

Unterstützung aus den USA

Was mit Internetaktionen begann, ist inzwischen sogar in Washington zum Thema geworden. Chris Smith, der Vorsitzende der Exekutivkommission zu China im US-Kongress, sagte am Mittwoch, er habe bereits eine Delegation gegründet. Wenn die Einreisegenehmigungen rechtzeitig ausgestellt würden, werde eine Gruppe von Kongressabgeordneten bereits nächsten Donnerstag (10.11.2011) nach China reisen.

US-Abgeordneter Chris Smith und Menschenrechtsaktivistin Chai Ling bei einer Anhörung im US-Kongress (Foto: DW)
Der US-Abgeordnete Chris Smith (l.) und die Aktivistin Chai Ling bei einer Anhörung im US-KongressBild: DW

Ziel der Reise sei es, Chen Guangcheng zu besuchen. "Die Kommission fordert nicht nur Unterstützung für Chen Guangcheng, sie fordert auch, seine Ehefrau Yuan Weijing und seine Tochter besuchen zu können", so Smith. "Die Menschenrechte sind sowohl amerikanische Werte, als auch allgemeine Werte in der ganzen Welt." Der Kongress warte nun darauf, dass die chinesische Regierung die Einreisegenehmigungen ausstelle, so der Kommissionsvorsitzende.

Einige chinesische Aktivisten haben inzwischen eine Petition beim Ministerium für Öffentliche Sicherheit in Peking eingereicht. Darin äußern sie ihre Sorge wegen der schlechten Behandlung von Chen Guangcheng. Ob das Ministerium die Petition annimmt, ist bislang allerdings noch offen.

Autor: Christoph Ricking

Redaktion: Ana Lehmann