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Auf Patrouille

23. Oktober 2008

Die EU-Mission hat das russische Militär in den Pufferzonen um Südossetien und Abchasien abgelöst. Zu den abtrünnigen Provinzen verwehren die Russen den Beobachtern den Zutritt. Was unternimmt die Mission in Georgien?

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Erste EU-Beobachter treffen in Tiflis ein (23.09.2008)Bild: picture-alliance/dpa

225 Mann aus 22 Nationen sind zurzeit im Auftrag der EU als Militärbeobachter in Georgien, darunter 25 Deutsche. Es sind zivile Beobachter, und sie sollen für Sicherheit und Stabilität in der Region sorgen. Deshalb fahren sie Patrouillen. Die EU-Mission hat das russische Militär in den sogenannten Pufferzonen um die abtrünnigen Provinzen abgelöst, also zum Abzug der Russen beigetragen. Das ist ein Erfolg, aber es gibt ein Problem: Denn eigentlich ist die EU-Mission für ganz Georgien zuständig, also auch für Südossetien und Abchasien. Die Russen verwehren den Beobachtern aber den Zutritt.

Kontrollbesuche auf dem Lande

9 Uhr morgens in Gori, der ehemals von Russen besetzten georgischen Stadt nahe Südossetien. Helmut David, Gendarm der französischen Armee, und Tichomir Yotov, Zivilist aus Bulgarien, stehen vor dem Hotel "Viktoria" und beugen sich über eine Karte. Heute geht es hinauf in das Dorf Nikozi, dort hat es Plünderungen gegeben. Danach müssen sie überprüfen, ob eine Bombe geräumt wurde, und sie sollen der georgischen Polizei einen Besuch abstatten.

Die Beobachter tragen zivil. EUMM, EU Monitoring Mission, steht groß auf ihren blauen Westen und auf den gepanzerten Fahrzeugen. Am Ortsausgang von Gori passieren sie eine Großbaustelle. Hier lässt die Regierung eine ganze Siedlung mit Einfamilienhäusern für die Vertriebenen aus Südossetien bauen. Kurz darauf dann Kühe am Straßenrand, Pferde, ein Eselgespann.

Schüsse, Diebstahl und Plünderungen

Nach einer halben Stunde der erste Halt. Zwei georgische Polizisten stehen in einem Dorf am Straßenrand. Ob sie nachts patrouillieren würden, wollen die Beobachter wissen? - Nein, sie stünden hier an ihrem festen Posten, sagen die georgischen Polizisten. Aber es sei alles ruhig gewesen in der letzten Nacht. Tichomir Yotov nickt zufrieden. Zwei Nächte zuvor gab es Schüsse, angeblich von georgischer Seite aus nach Südossetien hinein. Das haben die Südosseten gemeldet. Die EU-Mission konnte den Vorfall nicht klären.

"Wir können nicht rund um die Uhr selbst alles überall überwachen. Unser Mandat sieht nur Beobachtung vor, und das heißt, wir sprechen mit der Bevölkerung. Manchmal haben die Leute Informationen für uns: Da geht es um Diebstahl und Plünderungen. Wie kürzlich in dem Dorf, in das wir gleich fahren", sagte Yotov.

Ziel ist Zusammenarbeit mit Südosseten und Russen

Das nächste Dorf ist das letzte vor der Verwaltungsgrenze nach Südossetien. Die beiden georgischen Polizisten, die hier stehen, tragen amerikanische Waffen und Schutzhelme, es sind Eliteeinheiten des georgischen Innenministeriums. Wer geplündert hat, Südosseten oder Russen, wissen auch sie nicht. Sechs Personen seien es gewesen, und sie seien aus Südossetien herübergekommen. Die beiden Polizisten wollen ein russisches unbemanntes Aufklärungsflugzeug am Himmel gesehen haben - über georgischem Gebiet.

Der Franzose macht sich Notizen. Etwa die Hälfte der Häuser in dem Dorf soll beschädigt sein. Das Vieh ist gestohlen, von Südosseten, sagen die Georgier. Die EU-Beobachter haben keine Möglichkeit, diese Angaben zu überprüfen, denn ihre Mission hat bisher keinen Zutritt zu den abtrünnigen Provinzen.

In einem Büro in Tiflis sitzt der Chef der EU-Mission, der Diplomat Hansjörg Haber. Haber gibt sich zuversichtlich: "Wir werden versuchen, mit der anderen Seite eine Zusammenarbeit einzuleiten, und wir wollen eine Zusammenarbeit auf der Ebene der Polizei herstellen, wo dann über solche Vorfälle geredet wird und man weiter versucht, sie aufzuklären." Die Gespräche mit Südosseten und Russen über solche Pläne hätten aber gerade erst begonnen.

"Die Menschen bangen jede Nacht"

In Nikozi, dem Grenzdorf zu Südossetien, haben sich ein paar Bewohner versammelt. Seit die EU-Beobachter durch die Dörfer führen, werde weniger geplündert, sagen einige. Tamaz ist schon etwas älter, seinen Nachnamen möchte er nicht sagen. Er guckt missmutig: "Hier kann von Sicherheit keine Rede sein. Wir bangen jede Nacht, dass wir erschossen werden."

Er glaubt, dass Georgien völlig unschuldig am Krieg sei - und dass die Europäer den Georgiern helfen müssten, Südossetien so schnell wie möglich zurückzugewinnen, mit allen Mitteln. Die Tatsache, dass die Georgier den Krieg mit ihrem Angriff auf das südossetische Zchinwali selbst ausgelöst haben, wird zwar in der Hauptstadt Tiflis diskutiert. Aber hier, auf dem Land, und gerade unter den Vertriebenen, will kaum jemand etwas von einer georgischen Schuld hören. Und dementsprechend sieht Tamaz auch keinen Sinn in der Mission, die beide Seiten kontrollieren soll: "Die EU-Mission hilft uns auch nicht. Die tun doch gar nichts. Die kommen und gehen wieder. Das ist alles."

Gesine Dornblüth