1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Neuanfang?

Grahame Lucas28. Dezember 2008

Nach zwei Jahren Notstandsregierung unter dem Militär soll Bangladesch wieder eine demokratisch gewählte Regierung bekommen. Die beiden Spitzenkandidatinnen stehen allerdings nicht für politischen Neuanfang.

https://p.dw.com/p/GNv3
Militärparad, Quelle: AP
Die Übergangsregierung hat die Unterstützung des MilitärsBild: AP

Bangladesch gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Es hat seit Jahren einen Spitzenplatz im Korruptionsindex von Transparency International. Seit fast zwei Jahren wird das Land von einer vom Militär gestützten Notstandsregierung regiert, die die Bekämpfung der Korruption und des islamistischen Extremismus im Lande zum obersten Ziel erklärt hat. Vor wenigen Tagen wurde der Notstand, der am 11. Februar 2007 ausgerufen wurde, aufgehoben, damit am 29. Dezember 2008 Wahlen im drittgrößten muslimischen Land der Welt stattfinden können.

Khalida Zia von der Nationalpartei (BNP), Quelle: AP
Khalida Zia von der Nationalpartei (BNP) war Premierministerin des LandesBild: AP

Von Anfang an hatte die Notstandsregierung keinen einfachen Stand. Ihr Mandat, nicht vom Volk, sondern von den Militärs erteilt, lautete: die weitverbreitete Korruption in Bangladesch, die das Land ins Chaos zu stürzen drohte, zu bekämpfen und aus dem öffentlichen Leben zu verbannen. Die an den Pranger gestellten Politiker zeigten keine Reue und verweigerten die Zusammenarbeit mit den neuen Machthabern in Dhaka. Insbesondere die Partei der Nationalisten in Bangladesch (Bangladesh Nationalist Party, BNP) tat alles, um Stimmung gegen die Übergangsregierung zu machen, indem sie ihr selbst Betrug am Volk unterstellte und Verschwörungstheorien verbreitete. So behauptet die BNP-Vorsitzende Khaleda Zia immer wieder, dass die BNP gesiegt hätte, wenn am 22. Januar 2007 reguläre Wahlen stattgefunden hätten: "Überall in Bangladesch hätten die BNP und ihre Partner Entwicklungsprojekte gefördert!", so ihre Versprechen.

Anfängliche Erfolge

Trotz der Vorwürfe der Nationalisten erzielte die Übergangsregierung zunächst sichtbare Erfolge. Die Luxusautos der korrupten Politiker und Beamten verschwanden aus dem Straßenbild. Illegal errichtete Hochhäuser in der Hauptstadt wurden abgerissen. Ein neues Gesetz stellte Regeln für die legale Parteienfinanzierung auf. Eine neue Liste aller Wähler wurde fertig gestellt, fiktive Wählernamen wurden gelöscht. Durch moderne Technik bei der Stimmabgabe sollte Wahlbetrug unmöglich gemacht werden. Polizisten gingen ohne Einmischung der Politik wieder ihrer Arbeit nach. Politiker, die im Verdacht standen, Schmiergelder angenommen zu haben, kamen in Untersuchungshaft. 100.000 weitere Verdächtige wurden verhaftet und in vielen Fällen wurde Anklage erhoben.

Sheikh Hasina von der Awami-Liga (AL), Quelle: ap
Sheikh Hasina von der Awami-Liga (AL) war ebenfalls PremierministerinBild: AP

Aber dann erlitt die Übergangsregierung einige schwere Niederlagen und verlor zunehmend die Kraft, ihre Ziele weiter zu verfolgen. Die Neugründung der Parteien schlug fehl. Politiker aus dem zweiten Glied lehnten Reformen und Wahlen vor der Freilassung ihrer Parteivorsitzenden geschlossen ab. Und es gelang den Staatsanwälten nicht immer, die Gerichte von der Schuld der angeklagten Spitzenpolitiker zu überzeugen. Ende August 2007 brachen Studentenproteste im ganzen Land aus, die zur Verhängung einer Ausgangssperre führten. Die öffentliche Zustimmung schmolz dahin, als es der Regierung nicht gelang, die beiden alten politischen Rivalen, Sheikh Hasina und Khaleda Zia, aus der Politik hinauszudrängen.

Rückkehr zu geordneten Verhältnissen

Schließlich gelang es nach zähen Gerichtsverhandlungen den beiden Vorsitzenden der größten Volksparteien, der Awami-Liga und der BNP, mit der Unterstützung ihrer mächtigen Familienclans weitgehend ohne Verlust an Ansehen und Macht an die Spitze ihrer Parteien zurückzukehren. Gern hätte Fakrhuddin Ahmed, der Chef der Übergangsregierung, die Entscheidung vom 17. Dezember, den Notstand aufzuheben und den Weg zur Wahlurne freizumachen, als Triumph des Staates über die Korruption verkauft. Sein dringender Appell an das Volk um Unterstützung für die Rückkehr zur Demokratie wirkte aber vielmehr wie eine Kapitulation: Er rief zu Wahlen auf, "damit das Land die Demokratie durch einen friedlichen, bedeutsamen und geordneten Wahlgang wiederherstellen kann.“

Wo steuert Bangladesch also hin? Allen ist klar, dass das Land, das zu den ärmsten und bevölkerungsreichsten der Welt gehört, Jahrzehnte brauchen wird, um seine wirtschaftliche Probleme zu lösen. Zudem sind die 153 Millionen Einwohner wie kein anderes Volk vom Klimawandel und dem Anstieg vom Meeresspiegel bedroht. Die Häufigkeit von Wirbelstürmen mit katastrophalen Folgen im Küstenbereich nimmt auch zu.

Bangladesch nach einem Zyklon, Foto: AP
In Bangladesch werden Flutkatastrophen und Wirbelstürme immer häufigerBild: AP

Wird die Korruption bekämpft?

Im Wahlkampf gab es nun kein einziges Wort über die Fortsetzung des Kampfes gegen die Korruption zu hören. Auch kein Hinweis auf einen politischen Neubeginn. Vielmehr ist zu befürchten, dass nach der Wahl viele Interessen bedient werden, viele Anhänger aufgrund ihrer Loyalität belohnt werden müssen. Offen ist auch, ob die Anhänger der unterlegenen Seite das Wahlergebnis akzeptieren oder gewalttätig reagieren werden.

Ein Hoffnungsschimmer besteht lediglich darin, dass die beiden großen Parteien auf Koalitionspartner angewiesen sein werden, und dass beide Gruppierungen nur im Konsens eine Chance haben, eine Regierung zu bilden. Letztlich aber steht neben der politischen Bühne die Armee weiterhin in Wartestellung: Niemand kann voraussagen, wie sie reagieren wird, wenn aus ihrer Sicht das Ergebnis der Wahl am 29. Dezember oder der Kurs der neuen Regierung nicht stimmt.