1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

fernschreiber

Nadja Hagen19. Februar 2008

Die Präsidentschaftswahlen in Russland rücken näher. Das Internet ist eine wichtige Quelle für Informationen über die Kandidaten. Manche sind aber auch etwas obskur.

https://p.dw.com/p/DA4b
Bild: DW

Besonders interessant ist die Präsenz Andrej Bogdanows im Internet. Der Vorsitzende der eher unbedeutenden Demokratischen Partei zeigt sich gern als weltoffen und europafreundlich. In Russland ist er weitgehend unbekannt. Manch einer hält ihn sogar für eine Marionette des Kremls.

Bogdanows Standartsatz lautet: "Ich bin der jüngst Präsidentschaftskandidat und Sie können mich immer alles fragen." Besonders letzteres unterstreicht er mit der Aufforderung, persönliche Fragen einfach unter odnoklassniki.ru zu stellen. Auf dieser Seite kann man ehemalige Mitschüler suchen, was den Mitgliedzahlen nach sehr beliebt ist.

Als Weihnachtsmann oder beim Baden

Gibt man Bogdanow in die Suchmaske der Seite ein, heißt das noch nicht, dass man ihn leicht findet, denn es gibt noch ungefähr 100 andere Personen, die genauso heißen.

Hat man dann aber den richtigen Bogdanow entdeckt, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Davon abgesehen, dass er 446 Freunde hat, sind auch noch 87 Bilder zu bestaunen. Darunter solche, die ihn als Weihnachtsmann zeigen oder oberkörperfrei beim Baden. Außerdem lassen sich verschiedene Urlaubsbilder bewundern. Ägypten, Sri Lanka, Israel oder Indonesien sind nur einige seiner exklusiven Urlaubsziele.

Kein Wort zum politischen Programm

Interessanter sind die Forumsbeiträge auf seiner Seite. Dort wollen die User wissen, ob Bogdanow für sich tatsächlich eine Chance bei der Wahl sieht, ob er wirklich denkt, dass die Wahlen frei sind. Bogdanow scheint diese Fragen ganz pflichtbewusst zu beantworten, aber neue Erkenntnisse gewinnt der Leser trotzdem nicht.

Wie sein Programm als Präsidentschaftskandidat konkret aussieht, dazu schweigt sich Bogdanow allerdings aus.

Auch Profile der anderen Präsidentschaftskandidaten sind unter odnoklassniki.ru zu finden. Glaubt man den User-Zahlen, hat Wladimir Putins Wunschnachfolger, Dmitri Medwedew weniger Freunde als der Ultranationalist Wladimir Schirinowski. Für den Kommunisten Gennadi Sjuganow scheint sich dort hingegen überhaupt niemand zu interessieren. Aber die Web-Gemeinde zählt ja auch nicht zu seiner Zielgruppe.

Bogdanow führt - zumindest im Internet

Alle drei erwähnten Kandidaten können jedenfalls nicht mithalten mit dem jungen Bogdanow, der bei Livejournal, einem Bloggerprofil, sogar eine eigene Seite betreibt. Auch hier sieht man Bogdanow in seiner Wahlplakatspose und darf Fragen stellen, die er dann beflissentlich beantwortet. Das heißt, ob er das persönlich macht, ist noch die Frage. Wahrscheinlich hat er einfach nur, was den anderen Kandidaten fehlt: einen jungen, internetkundigen Vertrauten, der für ihn den ganzen Tag im Internet arbeitet.

Viel helfen wird es ihm aber nicht. Umfragen zufolge kann der Außenseiter mit weniger als einem Prozent der Stimmen rechnen. Es scheint also, dass schlussendlich auch die Freiheit des Internets keine Gefahr für Medwedews zukünftige Präsidentschaft birgt. Eher im Gegenteil: Wer will schon einen Präsidenten haben, der seine Urlaubsbilder online stellt?