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US-amerikanische Muslime in Sorge

26. August 2010

In den USA tobt ein Streit um den Bau eines islamischen Zentrums nahe Ground Zero. Mittlerweile stehen laut einer Umfrage 38 Prozent der US-Bürger dem Islam ablehnend gegenüber. Unter Muslimen wächst die Besorgnis.

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Islamisches Zentrum in Los Angeles, Foto: DW/Kerstin Zilm
Das Islamische Zentrum in Los AngelesBild: DW
Amira Elmallah und Faizan Shabir auf dem UCLA-Campus, Foto: DW/Kerstin Zilm
Amira Elmallah und Faizan Shabir auf dem UCLA-CampusBild: DW

Kurz nach 13 Uhr im islamischen Zentrum von Südkalifornien in Los Angeles. Mehrere hundert Männer und Frauen verneigen sich zum Mittagsgebet. Kaum ist dieses beendet, strömen sie lebhaft miteinander redend in den Vorraum. Derzeit beschäftigt die Muslime in den USA vor allem ein Thema: die Diskussion um den Bau der Moschee in New York.

Omar Haroon ist in den USA geboren und aufgewachsen. Den Finanzberater beunruhigen viele Äußerungen über Muslime, die er derzeit hört. Für ihn seien sie ein Zeichen von Ignoranz und Bigotterie, sagt er: "Sie behaupten, Muslime wollen die Macht übernehmen und die US-Verfassung außer Kraft setzen. Es ist eine Mischung aus Hysterie und Furcht. Es ist Besorgnis erregend, dass so viele Menschen so ignorant sind." Haroon bemüht sich mehr denn je, das Thema Religion in Geschäftsgesprächen zu vermeiden, um keine Kunden zu verlieren. Nach den Terrorangriffen vom 11. September verlor er den Kontakt zu einem engen Freund über Diskussionen um den Islam: "Ich versuchte, ihm zu erklären, dass Terrorismus gegen den Islam verstößt", erinnert er sich. "Mein Freund erklärte mir, ich verstünde den Islam nicht richtig - obwohl ich ihn mein Leben lang praktiziere - und dass der wahre Islam gewalttätig sei."

Gegen Abschottung - für Verständnis


Zwischen den Gläubigen steht Jihad Turk, der Direktor für religiöse Fragen des islamischen Zentrums. Der Sohn einer US-Bürgerin christlichen Glaubens und eines muslimischen Einwanderers aus Jerusalem rät seinen Gemeindemitgliedern, sich gegenüber Menschen anderen Glaubens zu öffnen. Obwohl sie in unterschiedlichen Wohnvierteln von Los Angeles leben, blieben besonders ältere Muslime meist unter sich, sagt er.

Sabrin Said und Amira Elmallah auf dem UCLA-Campus, Foto: DW/Kerstin Zilm
Sabrin Said und Amira Elmallah auf dem UCLA-CampusBild: DW

Turk bezeichnet es als großes Problem, dass die meisten US-Bürger nur das über Muslime wissen, was die Medien zeigen. "Unser Zentrum will das ändern mit Programmen, die offen für alle sind", sagt er. Dazu gehöre auch eine Essensausgabe, mit der jede Woche mehr als 200 Familien versorgt werden, die keine Muslime sind.

Junge Muslime fühlen Feindseligkeit

Ein paar Kilometer weiter westlich auf dem Campus der University of California in Los Angeles treffen sich Faizan Shabbir, Amira Elmallah und Sabrin Said. Die Mitglieder der muslimischen Studentenvereinigung der UCLA sind in den USA aufgewachsen, auch sie beschäftigt die aktuelle Diskussion um den Bau der Moschee. Für Faizan fühlt sie sich an wie ein Angriff gegen Muslime. Er hat manchmal den Eindruck, er müsste sich verteidigen: "In den letzten Jahren scheint die Feindseeligkeit gegen Muslime wieder zu wachsen, möglicherweise wird sie aus politischen Gründen angestachelt, jedenfalls wächst sie wieder und ich verstehe nicht genau, warum", sagt er.

Fassade des islamischen Zentrums in Los Angeles, Foto: DW/Kerstin Zilm
Fassade des islamischen Zentrums in Los AngelesBild: DW

Alle drei sind praktizierende Muslime, sie beten fünf Mal am Tag und fasten in der Zeit des Ramadan. Doch sie sind sicher, dass sie sich von anderen jungen Männern und Frauen in den USA nicht wesentlich unterscheiden. Abgesehen davon, dass Sabrin ein Kopftuch trägt, dazu hört sie manchmal Kommentare: "Manchmal fragen sie etwas, meistens schauen sie nur. Ich beantworte gerne Fragen über meinen Glauben und meine Kleidung. Aber wenn sie nicht auf mich zukommen, kann ich nicht viel tun", sagt Sabrin.

Bestätigte Vorurteile statt wachsendem Verständnis

Die Studenten sind sich einig: die meisten US-Bürger wissen zu wenig über den Islam. Und sie machen sich kaum Mühe, über Muslime mehr zu erfahren, selbst wenn die ihre Nachbarn oder Kollegen sind. Auch Amira begrüßt jede Gelegenheit, mehr von ihrem Glauben zu erzählen. Die derzeitige Diskussion führt aus ihrer Sicht allerdings kaum zu mehr Verständnis, da sie keine kritische Auseinandersetzung provoziere, sondern vielmehr Vorurteile bestätige: "Die Gleichsetzung von Islam und Terrorismus wird von den Medien noch mehr betont und das führt aus meiner Sicht überhaupt nicht weiter." Angesichts der bevorstehenden Kongresswahlen müssen die Muslime in den USA davon ausgehen, dass die Diskussion in absehbarer Zeit keinen nachdenklicheren Ton annimmt.

Autorin: Kerstin Zilm

Redaktion: Ina Rottscheidt