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US-Bundesrichterin erklärt umstrittenes Abhörprogramm für verfassungswidrig

Daniel Scheschkewitz, Washington DC18. August 2006

Herber Rückschlag für die Bush-Regierung. Die Richterin eines Bundesgerichts in Michigan erklärte die Überwachung von Auslandstelefonaten ohne richterliche Anordnung auch bei Terrorverdacht für verfassungswidrig.

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Soll nicht mehr mithören: US-Präsident George W. BushBild: AP

Die Existenz des umstrittenen Programms war im Frühjahr 2006 von US-Medien aufgedeckt worden. Es erlaubte dem Geheimdienst NSA, Telefongespräche zwischen den USA und dem Ausland ohne richterliche Anordnung abzuhören, wenn eine der beiden Parteien in dem begründeten Verdacht steht, Verbindungen zu einer Terror-Organisation zu haben.

Dagegen hatten unter anderem Bürgerrechtsorganisationen und Journalisten geklagt, die nun von einem Distrikt-Gericht in Detroit im US-Bundesstaat Michigan Recht bekamen: Im Urteil der Richterin vom Donnerstag (17.8.2006) heißt es, das Programm verstoße unter anderem gegen das Recht auf Redefreiheit und den Schutz der Privatsphäre.

Justizministerium geht in Berufung

Alberto Gonzales Justizminister USA
US-Justizminister Alberto GonzalesBild: APTN

Das US-Justizministerium ging sofort in die Berufung. "Wir wissen von unseren Führungskräften in den Geheimdiensten, dass dieses Programm sehr effektiv ist in unserem Bemühen, Amerika vor seinen Feinden zu schützen", erklärte Justizminister Alberto Gonzales. Die Regierung sei auch der Überzeugung, dass das Programm im Einklang mit den Gesetzen steht.

Das Urteil hat zwar bis zu einer Entscheidung des nächst höheren Gerichts keinerlei bindende Wirkung, dennoch ist es für Präsident George W. Bush ein herber politischer Rückschlag. Bush hatte das Abhörprogramm noch am Montag (14.8.) offensiv verteidigt: "Wann immer wir einen Hinweis erhalten, dass es eine Terrorzelle in den USA gibt, werden wir aktiv: Wir beobachten, wir hören ab." Es sei sehr wichtig, dass die Institutionen, die Terror-Anschläge verhindern, auch die notwendigen Mittel dazu haben - im Rahmen der Verfassung, so Bush.

Opposition: Abhörprogramm schade dem Volke

Das Urteil der Richterin, die das Programm nicht im Rahmen der Verfassung sieht, wurde von Vertretern der Opposition begrüßt. Der Sprecher der Demokraten im US-Senat, Harry Reid, sagte, die Verfassungsverstöße der Regierung seien zum Schaden des amerikanischen Volkes. Fünf Jahre nach den Terroranschlägen des 11. Septembers sei man bei der Suche nach einer effektiven Anti-Terror-Strategie keinen Schritt weitergekommen. Erst Ende Juni hatte der höchste US-Gerichtshof die von Präsident Bush eingeführten Militärtribunale im Gefangenenlager von Guantanamo als verfassungswidrig bezeichnet.