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Fall Magnizki

28. Juli 2011

Der ungeklärte Tod des Juristen Sergej Magnizki in einem Moskauer Gefängnis hat nun zu US-Sanktionen gegen russische Amtsträger geführt. Moskau kritisiert die Entscheidung, russische Menschenrechtler begrüßen sie.

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Portrait von Sergej Magnizki (Foto: AP)
Sergej Magnizki starb in UntersuchungshaftBild: AP

Russland werde die von den USA verhängten Visa-Einschränkungen für russische Amtsträger, die angeblich am Tod von Sergej Magnizki schuld seien, nicht unbeantwortet lassen, droht das Außenamt in Moskau. Auch unter russischen Abgeordneten wird Kritik laut. So sagte der stellvertretende Vorsitzenden des Ausschusses für internationale Angelegenheiten der Staatsduma, Leonid Sluzkij, die Entscheidung des State Department untergrabe das Vertrauen in die russisch-amerikanischen Beziehungen. Das Vorgehen der USA könnte Moskau und Washington "an den Rand eines kalten Krieges" bringen.

Portrait von Ljudmila Aleksejewa (Foto: RIA Novosti)
Ljudmila Aleksejewa hält Sanktionen für angebrachtBild: RIA Novosti

"Ich freue mich, dass Washington diese Entscheidung getroffen hat", erklärte hingegen die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe, die bekannte russische Menschenrechtlerin Ljudmila Aleksejewa. Die USA würden mit diesem Schritt deutlich machen, dass die internationale Gemeinschaft sich vor "Metastasen der Gesetzlosigkeit" schützen wolle, betonte sie gegenüber der Deutschen Welle.

Sergej Magnizki, Jurist des US-Investmentfonds Hermitage Capital Management, war im November 2008 wegen angeblichen Steuerbetrugs festgenommen worden. Im November 2009 starb er unter ungeklärten Umständen in Untersuchungshaft in dem berüchtigten Moskauer Gefängnis Butirka. Seinem Arbeitgeber zufolge hatte Magnizki ein Komplott zur Veruntreuung öffentlicher Gelder publik gemacht, an dem auch russische Beamte beteiligt gewesen sein sollen. Der 37-Jährige litt an Entzündungen der Bauchspeicheldrüse und der Gallenblase. Eine medizinische Behandlung wurde ihm aber verwehrt. Menschenrechtlern zufolge gibt es auch Grund zur Annahme, dass Magnizkis Tod durch Schläge verursacht wurde. Der Fall löste internationale Empörung aus und wird von Kritikern als Symbol für Korruption und unmenschliche Haftbedingungen in Russland gesehen.

"Ein Erfolg für Russlands Oppositionelle"

Wladimir Ryschkow, Michail Kassjanow, Boris Nemzow, Wladimir Milow (Foto: DW)
Wladimir Ryschkow, Michail Kassjanow, Boris Nemzow, Wladimir MilowBild: DW

Unterdessen berichten russische staatlichen Medien, die Europäische Union beabsichtige nicht, im Zusammenhang mit dem Fall Magnizki Sanktionen gegen russische Amtsträger zu verhängen. Das sei aber nur Moskauer Wunschdenken, meint Aleksejewa. "Man muss abwarten, bis jedes EU-Land über diese Frage entscheidet, das ist ein langes Verfahren. Bekanntlich haben sich die Niederlande bereits für Sanktionen ausgesprochen", so die russische Menschenrechtlerin. Sie schließt nicht aus, dass auch andere Länder dem Beispiel folgen.

Die Entscheidung des State Department sei zweifellos ein Erfolg für Russlands Oppositionelle, meint der russische Politikexperte Michail Winogradow. Einreiseverbote in die USA und EU für russische Amtsträger hatten neben russischen Menschenrechtlern vor allem führende russische Oppositionelle gefordert. Die Vorsitzenden der von den Behörden nicht zugelassenen "Partei der Volksfreiheit", Boris Nemzow, Wladimir Ryschkow, Michail Kassjanow und Wladimir Milow, verlangen seit langem zudem, die für den Tod Magnizkis Verantwortlichen zu bestrafen. Erst vor kurzem hatten russische Ermittler nach langer Untersuchung erklärt, Gefängnismitarbeiter wegen "Mängeln der medizinischen Versorgung" belangen zu wollen.

Autoren: Jegor Winogradow, Markian Ostaptschuk (afp)
Redaktion: Hans Spross