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Milliarden-Dollar-Spritze

8. Februar 2008

168 Milliarden US-Dollar für Investitionsanreize und Steuererleichterungen: Senat und Abgeordnetenhaus haben Bushs Konjunkturpaket durchgewunken. Das soll die schwächelnde US-Wirtschaft ankurbeln.

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Kongressgebäude Capitol Hill in Washington (Quelle: AP)
Vom Capitol Hill aus schüttet der US-Kongress sein Füllhorn ausBild: Illuscope

Die Einigung sei ungewöhnlich schnell erfolgt, berichtete die Zeitung "Washington Post" am Freitag (8.2.2008). Die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi, erklärte: "Wir machen Geschichte. Was der Kongress in Rekordzeit verabschiedet hat, ist ein Geschenk an die Mittelklasse und an jene, die in unserem Land dorthin streben."

Streit um Umfang

Der US-Kongress: zuständig für Gesetzgebung und Kontrolle von Präsident und Regierung (Quelle: dpa)
Der US-Kongress: zuständig für Gesetzgebung und Kontrolle von Präsident und RegierungBild: picture-alliance/dpa

Dabei war den Entscheidungen in Senat und Abgeordnetenhaus ein mehrtägiger Streit um dessen Umfang vorausgegangen: Noch am Mittwoch scheiterte im Senat ein Versuch der Ausweitung des Pakets. Ein Kompromissvorschlag fand schließlich am Donnerstag eine Mehrheit. Das Programm hat jetzt ein Volumen von 168 Milliarden Dollar (116 Milliarden Euro). Der weitaus größte Teil, 152 Milliarden Dollar, soll bereits 2008 in die Wirtschaft gepumpt werden und damit im Wahljahr unter anderem deutliche Steuererleichterungen für die amerikanischen Bürger bringen. Präsident George W. Bush will den Entwurf noch im Februar unterschreiben.

"Sieg für das amerikanische Volk"

Nach Angaben von Parlamentariern kommt das Paket vor allem weniger gut Verdienenden zugute. Ab einem Jahreseinkommen von 75.000 Dollar fällt die Steuererleichterung weg. Politiker beider Parteien begrüßten die Pläne: Die Einigung habe einem Impuls für die Wirtschaft zum Sieg verholfen, sagte der demokratische Senator Max Baucus. Der Republikaner Mitch McConnell erklärte: "Dies ist kein Sieg für Demokraten oder Republikaner. Dies ist ein Sieg für das amerikanische Volk."

Bush bezeichnete das Paket als "solide und weitgefächert". Es werde "den privaten Konsum ankurbeln und Investitionen beschleunigen", erklärte der Präsident in Washington. Finanzminister Henry Paulson sagte, nach der Entscheidung des Kongresses könne nun rasch Geld in die angesichts der Immobilienkrise unter Druck stehende US-Wirtschaft gepumpt werden. Die ersten Schecks mit Steuerrückzahlungen könnten nach der Unterzeichnung des Gesetzes ab Anfang Mai verschickt werden. Bush werde es in der kommenden Woche unterschreiben, sagte seine Sprecherin Cynthia Bergman. Ein genaues Datum wurde noch nicht genannt.

Alles hängt am Konsumenten

US-Immobilienkrise zum Verkauf (Quelle: AP)
Die US-Immobilienkrise beschert Anlegern weltweit VerlusteBild: AP

Angesichts der seit zwei Jahren fallenden Häuserpreise und der daraus entstandenen Krise um Immobilienkredite sorgt sich die US-Regierung um einen Einbruch der Konjunktur. Ob das angekündigte Maßnahmenpaket das Land vor einer Rezession bewahren wird, hängt nach Angaben von Wirtschaftsexperten vor allem auch davon ab, ob die Bürger die Steuerrückzahlungen wie gewünscht für den Konsum einsetzen oder auf ihr Bankkonto legen.

Wie die definieren die USA eine Rezession?

In den USA wird unter Rezession ein deutlicher Rückgang der Aktivität über die gesamte Wirtschaft verstanden, der über mehrere Monate andauert. Dies muss in den Daten zu Industrieproduktion, Beschäftigung, Realeinkommen und Einzel- sowie Großhandel zum Ausdruck kommen.

Ob sich die Wirtschaft in einer Rezession (lateinisch für "Rückgang") befindet, entscheidet in den USA das private Wirtschaftsforschungsinstitut "National Bureau of Economic Research" (NBER).

Das Institut konstatiert aber oftmals erst nach einer solchen Abschwungphase, dass es diese gegeben hat. Das Institut sieht seine Aufgabe darin, die Entwicklung der Wirtschaft über alle Sektoren hinweg auf Monatsbasis zu verfolgen. Die vier wichtigsten Indikatoren für das Institut sind: der monatliche Arbeitsmarktbericht, die realen persönlichen Einkommen ohne Transferzahlungen, das verarbeitende Gewerbe sowie die Industrieproduktion. Die letzte Rezession in den USA begann dem NBER zufolge im März 2001 und dauerte bis November desselben Jahres.

Schlechte Noten für Bush und Kongress

Trotz der Maßnahme: Weniger als ein Jahr vor dem Ende seiner zweiten Amtszeit rutschen Bushs Zustimmungswerte in den Keller. Wie aus einer am Freitag veröffentlichten Umfrage für die Nachrichtenagentur Associated Press hervorgeht, sind nur 30 Prozent der Amerikaner mit seiner Arbeit zufrieden. Die Zustimmung unter den Republikanern sank sogar auf ein historisches Tief. Auch der Kongress verlor im Vergleich zum Januar deutlich an Ansehen: Mit der Arbeit der Abgeordneten sind nur noch 22 Prozent der Bürger zufrieden. Die Umfrage wurde vom Institut Ipsos durchgeführt. Daran beteiligten sich 1006 Personen.

Nicht besonders populär: US-Präsident George W. Bush (Quelle: AP)
Nicht besonders populär: US-Präsident George W. BushBild: AP

Die Umfragewerte spiegeln offenbar die Angst vor einer Rezession wieder. US-Bürger können die Auswirkungen der stotternden Konjunktur am Abbau von Arbeitsplätzen, sinkenden Aktienkursen und Immobilienpreisen deutlich ablesen. Den niedrigen Zustimmungswert von 31 Prozent hatte Bush schon mal im November erreicht. Im Vergleich zum Januar sank die Zustimmung jetzt um vier Punkte. Bei den Republikanern findet Bush nur noch bei 61 Prozent Zustimmung.

Bei der Zustimmung insgesamt ist Bush aber noch weit von Rekordwerten entfernt. Den niedrigsten Wert erreichte 1952 Harry Truman während des Korea-Krieges. Richard Nixon kam kurz vor seinem Rücktritt wegen der Watergate-Affäre 1974 auf 24 Prozent. (leix)