1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Deutliche Zinssenkung

29. Oktober 2008

Wegen trüber Konjunkturaussichten hat die US-Notenbank ihren Leitzins auf das niedrigste Niveau seit Sommer 2004 gesenkt. Alles deutet darauf hin, dass Notenbanken in Europa und Asien schnell nachziehen.

https://p.dw.com/p/Fk3s
Mann in Anzug greift sich an Kopf, reibt sich die Augen(17.1.08, Washington - USA, Quelle: AP)
Die Finanzkrise bereitet Kopfschmerzen: der Chef der Federal Reserve, Ben BernankeBild: AP

Die Zinssenkung der Federal Reserve hatten Börsianer bereits seit Tagen erwartet. Die Finanzkrise und die drohenden Folgen für die Wirtschaft ließen aus ihrer Sicht auch kaum etwas anderes zu. Dass der Zinssatz um gleich einen halben Prozentpunkt auf nur noch 1 Prozent gedrückt wurde, war dann doch deutlicher als viele dachten: Vor allem wegen schwächerer Verbraucherausgaben habe sich die Konjunktur anscheinend deutlich verlangsamt, teilte die Federal Reserve am Mittwoch (29.10.2008) mit. In den vergangenen Monaten hätten Unternehmen zudem weniger für Ausrüstungen ausgegeben, auch sei die Industrieproduktion zurückgegangen.

"Die Verschärfung der Finanzmarkt-Turbulenzen wird die Neigung zu Ausgaben wahrscheinlich zusätzlich dämpfen, teils durch die eingeschränkten Möglichkeiten von Haushalten und Firmen, Kredite aufzunehmen", hieß es von der Notenbank weiter. Zugleich sei aber durch den Preisverfall bei Öl und anderen Rohstoffen mit geringerem Inflationsdruck in den nächsten Quartalen zu rechnen.

Wall Street uneinheitlich

Mann in Anzug auf Podium, im Hintergrund einLogo der EZB (2.10.08, Frankfurt, Quelle: AP)
Hört er die Signale aus Washington? Europas oberster Währungshüter, Jean-Claude Trichet und die Europäische Zentralbank könnten bald nachziehenBild: AP

Die Wall Street reagierte mit Verzögerung auf die Entscheidung: Am Nachmittag zogen die Indizes spürbar an, nachdem sie zuvor stark schwankten. Gegen Abend fielen viele Werte aber wieder zurück. Die Fed hatte bereits Anfang Oktober gemeinsam mit anderen führenden Notenbanken die Zinsen außerplanmäßig um einen halben Prozentpunkt gesenkt. Seitdem hat sich die Krise vor allem an den Aktien- und Devisenmärkten weiter zugespitzt.

Die Fed zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass die bisherigen Zinssenkungen gemeinsam mit den staatlichen Maßnahmen zur Stützung des Finanzsektors beitragen werden, "mit der Zeit die Kreditbedingungen zu verbessern und den Weg zu moderatem Wachstum zu ebnen", hieß es weiter. Dennoch gebe es weiterhin Konjunkturrisiken. Der Offenmarktausschuss senkte zugleich den weniger wichtigen Diskont-Zins ebenfalls um 0,5 Punkte auf nun 1,25 Prozent. Die Entscheidungen für die Zinsschritte fielen alle einstimmig.

Weltweit Zinssenkungen erwartet

Ökonomen rechnen nach einer Umfrage der Fachagentur Bloomberg damit, dass die US-Wirtschaft im dritten Quartal um aufs Jahr hochgerechnet 0,5 Prozent geschrumpft ist. Die US-Regierung legt eine erste Schätzung an diesem Donnerstag vor. Fachleute erwarten eine schrumpfende Wirtschaft auch in den letzten drei Monaten des Jahres. Im zweiten Quartal war die größte Volkswirtschaft der Welt noch mit einer hochgerechneten Jahresrate von 2,8 Prozent gewachsen, vor allem dank boomender Exporte durch den schwachen Dollar und ein milliardenschweres Konjunkturpaket der US-Regierung.

Börsianer vor Kurstafeln (3.1.08, New York - USA, Quelle: AP)
Die Wall Street reagierte mit steigenden Kursen auf die Zinssenkung (Archiv)Bild: AP

Nach dem Beschluss der Fed rechnen Volkswirte nun mit weiteren Zinssenkungen in aller Welt. Den Anfang machten China und Norwegen: Die dortigen Zentralbanken kappten ihre Zinsen bereits am Mittwoch. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach einhelliger Meinung der Experten in der kommenden Woche nachziehen. Die Bank von England dürfte in der kommenden Woche ebenfalls die Zinsen senken. Notenbanker David Blanchflower sprach sich am Mittwoch nötigenfalls für große Zinsschritte nach unten aus, um der Konjunktur unter die Arme zu greifen. In Japan steht eine Entscheidung der Zentralbank über die Leitzinsen bereits am Freitag an. Wie die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr, erwägen die Währungshüter in Tokio ebenfalls eine Zinssenkung.

Die US- Notenbank hatte den Leitzins über die vergangenen 13 Monate von 5,25 Prozent auf jetzt 1 Prozent gesenkt. Zuletzt stand der Zins zwischen Mitte 2003 und Sommer 2004 derart niedrig, um die Folgen der geplatzten New-Economy-Blase aufzufangen. Kritiker sehen darin eine der wichtigsten Ursachen für die gefährliche Überhitzung der Immobilien- und Kreditmärkte in den Jahren darauf. (rri)