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Politik

US-Supreme Court urteilt über Welfenschatz

3. Juli 2020

Schon seit Jahren ist einer der wertvollsten Kirchenschätze des Mittelalters ein Fall für hochkarätige Juristen. Die Kernfrage: Ist der deutsche Staat zu Recht in den Besitz der Kulturgüter gelangt?

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Teile des Welfenschatzes im Kunstgewerbemuseum in Berlin
Teile des Welfenschatzes im Kunstgewerbemuseum in Berlin (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

Der Oberste US-Gerichtshof wird sich mit dem juristischen Tauziehen um den Welfenschatz befassen. Der Supreme Court in Washington will auf Antrag der Bundesrepublik und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) prüfen, ob US-Gerichte in dem Fall überhaupt zuständig sind. Während die Anhörungen für den Herbst erwartet werden, dürfte eine Entscheidung erst im kommenden Jahr fallen.

SPK-Präsident Hermann Parzinger begrüßte in einer ersten Reaktion den Beschluss. Er "freue" sich, "dass wir nun die Möglichkeit haben, dem höchsten US-amerikanischen Gericht vorzutragen, weshalb wir der Ansicht sind, dass dieser Fall nicht vor ein amerikanisches Gericht gehört".

Klage nach 80 Jahren

Hintergrund ist der Verkauf eines Teils des Welfenschatzes durch deutsch-jüdische Kunsthändler im Jahr 1935. Die Erben der Händler verklagten die SPK und die Bundesrepublik 2015 vor einem US-Gericht auf Herausgabe der wertvollen Sammlung mittelalterlicher Reliquien und kirchlicher Prunkstücke. Seitdem zog sich der Rechtsstreit durch mehrere Instanzen.

Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/C. Soeder

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz argumentiert, dass der Fall nicht von einem US-Gericht entschieden werden sollte. Außerdem hält sie die Klage für inhaltlich unbegründet: Zwar sei der Schatz während der Nazi-Diktatur in das Eigentum des preußischen Staates übergegangen. Es habe sich aber nicht um einen "NS-verfolgungsbedingten Zwangsverkauf" gehandelt. Zu diesem Schluss war schon 2014 eine deutsche Prüfkommission gelangt: Die Sammlung sei kein Fall von NS-Raubkunst, so das Gremium, das nach der Ex-Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, benannt ist, die damals den Vorsitz führte.

Ganz anders sehen das die Juristen, die die Erben der Kunsthändler vertreten. Sie hatten vor dem District Court in Washington Klage erhoben, der eine Zuständigkeit bejahte. Die Berufung dagegen wurde abgelehnt. Die SPK hofft nun darauf, dass der Supreme Court die Klage der Erben als unzulässig abweist.
Der Schatz - Goldschmiedearbeiten aus dem 11. bis 15. Jahrhundert - befand sich ursprünglich im Braunschweiger Dom. 1671 ging er in den Besitz des Fürstenhauses der Welfen über. Dieses verkaufte die 82 Objekte im Jahr 1929 an ein Konsortium von jüdischen Kunsthändlern, die die Sammlung laut Kaufvertrag weiterveräußern sollten. Zunächst gelang ihnen nach Darstellung der Limbach-Kommission aber nur der Verkauf von etwa der Hälfte der Stücke.

Auch dieser Tragaltar des Eilbertus von Köln gehört zum Welfenschatz
Auch dieser Tragaltar des Eilbertus von Köln gehört zum Welfenschatz (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/M. Schreiber

1934 trat dann die Dresdner Bank im Auftrag Preußens an das Konsortium heran, um die restliche Sammlung aufzukaufen, welche sich seinerzeit außerhalb Deutschlands - in Amsterdam - in Verwahrung befand. Ein Jahr später schlossen beide Seiten das Geschäft für eine Kaufsumme von 4,25 Millionen Reichsmark ab. Bei Kriegsende beschlagnahmten die Alliierten die Sammlung in Berlin. Heute sind 44 Werke des Welfenschatzes im Eigentum der SPK. Sie werden im Kunstgewerbemuseum am Berliner Kulturforum gezeigt.

jj/pg (dpa, afp, rtr, epd)