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Politik

USA für Aussetzung der Impfstoff-Patente

6. Mai 2021

Mehr als 100 WTO-Mitgliedsländer fordern schon länger vehement, den Patentschutz für Corona-Impfstoffe vorübergehend aufzuheben. Nun wollen die USA das Vorhaben aktiv unterstützen. Die EU zeigt sich offen für Gespräche.

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Corona-Impfdosen des deutsch-amerikanischen Herstellers BioNTech/Pfizer
Corona-Impfdosen des deutsch-amerikanischen Herstellers BioNTech/Pfizer Bild: Abdurrahman Antakyali/Depo Photos/ABACAPRESS/picture alliance

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat sich die US-Regierung für eine zeitlich befristete Aussetzung des Patentschutzes für Impfstoffe ausgesprochen. "Das ist eine weltweite Gesundheitskrise, und die außergewöhnlichen Umstände der COVID-19-Pandemie verlangen nach außergewöhnlichen Maßnahmen", begründete die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai den Kurswechsel ihrer Regierung. Wichtige Herkunftsländer der Pharmaindustrie wie die USA blockieren bislang die von Südafrika und Indien angestoßene Initiative. 

Die US-Regierung glaube zwar fest an den Schutz geistigen Eigentums, sie werde sich aber bei der Welthandelsorganisation (WTO) für eine Ausnahmeregelung bei Corona-Impfstoffen einsetzen, "um diese Pandemie zu beenden". Das Ziel der Regierung sei es, möglichst viele Menschen so schnell wie möglich mit sicheren und wirksamen Impfstoffen zu versorgen", heißt es in einer Erklärung Tais weiter, die im Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet wurde.

Die Handelsbeauftragte betonte zugleich, die Gespräche bei der WTO könnten dauern, weil ein "Konsens" gefunden werden müsse. Tai verwies auch auf die "Komplexität" des Themas.

Mehr als 100 WTO-Mitgliedsländer sowie Nichtregierungsorganisationen wollen die Rechte am geistigen Eigentum für die Impfstoffe aussetzen, damit die weltweite Vakzin-Produktion angekurbelt werden kann. Den USA kommt bei den Verhandlungen als weltgrößte Volkswirtschaft eine Schlüsselrolle zu. Zudem hält die US-Regierung über das Forschungsinstitut NIH die Rechte an einer Erfindung, die als Voraussetzung der modernen mRNA-Impfstoffe der Hersteller Moderna und BioNTech/Pfizer gilt.

"Historische Entscheidung"

Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, bewertete die Absicht der USA als "historische Entscheidung", die ein eindrucksvolles Beispiel der amerikanischen Führungsrolle in Fragen der globalen Gesundheit sei.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International schrieb via Twitter, Präsident Joe Biden habe damit klar gemacht, "dass die USA das Leben von Menschen über die Gewinne von Pharmaunternehmen stellen". Andrew Stroehlein von Human Rights Watch twitterte, jetzt sei bei dem Thema die EU am Zug. Die Europäische Union setzte sich bislang für mehr Lizenzverträge zwischen Entwicklern und Herstellern ein.

EU zeigt sich kooperationswillig

Die Europäische Union zeigte sich derweil offen für Gespräche über eine vorübergehende Aussetzung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe. Man werde jeden Vorschlag diskutieren, "der diese Krise wirksam und pragmatisch angeht", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer Videobotschaft. Man müsse sehen, wie der US-Vorschlag diesem Ziel dienen könne. "Kurzfristig rufen wir jedoch alle Länder mit Impfstoffproduktion auf, Exporte zu erlauben und alles zu vermeiden, was Lieferketten stören könnte."

Von der Leyen erklärte weiter: "Um es klar zu sagen, Europa ist die einzige demokratische Region der Welt, die Exporte im großen Maßstab erlaubt." Bisher seien mehr als 200 Millionen Dosen Corona-Impfstoff in den Rest der Welt geliefert worden. Das sei fast so viel, wie hier in der EU verabreicht worden sei. Damit sei die EU die Apotheke der Welt.

US-Präsident Joe Biden und seine Vize Kamala Harris in Washington
US-Präsident Joe Biden und seine Vize Kamala Harris: Die Pandemie erfordere außerordentliche Schritte Bild: Jim Watson/REUTERS

Die Pharmaindustrie argumentierte bisher stets, die Aufhebung der Patente bringe nicht automatisch mehr Impfstoff. Sämtliche qualifizierte Hersteller seien bereits mit Lizenzen in die Fabrikation eingebunden. Zudem sei vor allem die Produktion der mRNA-Impfstoffe sehr komplex.

An den Börsen kam die Absicht der USA nicht gut an. Die Aktienkurse von Impfstoffherstellern wie BioNTech, Moderna und Novavax erlitten teils deutliche Kursverluste. So rutschte der Kurs der Moderna-Aktie um zwischenzeitlich mehr als sechs Prozent in den Keller.

se/ml/kle (dpa, ap, afp, rtr)