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"Putin ist einfach klüger als viele andere"

Anastassia Boutsko/az15. September 2015

Der russische Stardirigent Valery Gergiev übernimmt bei den Münchner Philharmonikern den Taktstock. Im DW-Interview spricht er über seine neue Aufgabe und seine Freundschaft zu Wladimir Putin.

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Valery Gergiev (Foto: CTK Photo/Michal Dolezal))
Bild: picture-alliance/dpa/CTK Photo/Michal Dolezal

Am 17. September 2015 gibt Valery Gergiev sein offizielles Antrittskonzert als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. Der russische Stardirigent und das Orchester der Stadt eröffnen die Spielzeit 2015/16 mit Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 2.

Seit über 20 Jahren leitet Valery Gergiev als Direktor das legendäre Mariinski-Theater in St. Petersburg. Darüber hinaus ist er seit 2007 Chefdirigent des London Symphony Orchestra und er dirigiert regelmäßig an der Metropolitan Opera in New York. In Moskau geboren, studierte Valery Gergiev Dirigieren bei Ilya Musin am Leningrader Konservatorium. Bereits als Student war er Preisträger des Herbert-von-Karajan-Dirigierwettbewerbs in Berlin. Sein politisches Engagement und seine enge Beziehung zu Wladimir Putin gelten im Westen allerdings als prekär.

Anastassia Boutsko hat für die DW im März 2015 in Berlin mit dem russischen Dirigenten gesprochen.

DW: Herr Gergiev, Sie sind viel beschäftigt und rasen andauernd durch die Welt. Nun werden Sie Chefdirigent der Münchner Philharmoniker und verpflichten sich, einen wesentlichen Teil ihrer raren Zeit an der Isar zu verbringen. Warum?

Valery Gergiev: Das ist meine Verbeugung vor der großen deutschen Musiktradition. Und auch ein bisschen Nostalgie an meine Jugend: München war die erste Stadt, die mich einlud, nachdem ich den Karajan-Wettbewerb in West-Berlin gewonnen hatte. (Anmerkung der Redaktion: 1977)

Sie haben in Sankt Petersburg ein neues Theater aufgebaut und das Thema wird Sie auch in München nicht loslassen. Oder sind Sie mit der jetzigen Philharmonie am Gasteig zufrieden?

Ich schimpfe nie über den Gasteig. Denn wenn ich anfange, darüber zu meckern, dass der Saal nicht gut genug ist, wird man mich zurecht fragen: "Wozu spielst du dann in so einer schlechten Halle? Geh dahin, wo es eine bessere gibt!" Der Gasteig ist nicht einfach, aber auch nicht schlecht. Was den Bau eines neuen Konzertsaals anbelangt, so bin ich ein Praktiker und stelle als erstes die Frage: "Wo?" Ja, ich habe in Petersburg bauen lassen - ein neues Theater und eine Konzerthalle - aber ich wusste genau, wo ich es mache. Es muss nicht unbedingt das historische Zentrum sein. In Paris hat man die neue Philharmonie eben am Stadtrand gebaut.

(Anmerkung der Redaktion: Viele Musikstars beklagten sich seit der Eröffnung der Münchner Philharmonie im Jahr 1985 über die sehr schlechte Akustik. Über Neubau oder Sanierung des Gasteig gab es heftige Debatten)

Man hat in München - aber nicht nur da - ein Problem mit Ihrer persönlichen Loyalität gegenüber Präsident Wladimir Putin.

Soll ich etwa rumlaufen und schreien: "Wir haben in Russland einen schrecklichen Präsidenten"? Ich meine, ich bin viel besser darüber informiert, was Präsident Putin tatsächlich macht, als diejenigen, die eben rumschreien. Es ist sehr wichtig, dass der Präsident eines Landes versteht, dass Kultur und Bildung eine überragende Bedeutung haben. Und Putin versteht es. Ich habe zum Beispiel Ende Dezember (Anm. der Redaktion: Dezember 2014) bei einer Sitzung des Staatsrats gesprochen. Gouverneure aus ganz Russland kamen nach Moskau, um nur über Kultur zu reden.

Er ist einfach klüger als viele andere. Im Übrigen hoffe ich, dass die heutige Krise nicht von Dauer sein wird. Ich glaube fest daran, dass Europa und Russland ihre gemeinsame kulturelle Identität erhalten und auch zu einer neuen politischen Balance bald finden werden.

Das komplette Interview finden Sie hier: Valery Gergiev: "Putin ist einmalig"