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Politik

Venezuela: Journalisten unerwünscht?

Gabriel González Zorrilla
1. Februar 2019

In Venezuela sind mehrere ausländische Journalisten wegen Verletzung von Einreisebestimmungen verhaftet worden. Das fehlende Journalistenvisum entpuppt sich immer mehr als bequemes Mittel der Vorzensur.

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Venezolanischer Oppositionsführer und selbsternannter Interimspräsident Juan Guaido in Caracas, Venezuela
Bild: Reuters/C. Barria

Jorge Arreaza war sichtlich erbost: "Es ist unerhört und unverantwortlich, dass die [ausländischen] Medien Journalisten entsenden, ohne die vom venezolanischen Gesetz geforderten Mindestvoraussetzungen zu erfüllen, und dann einen Medienskandal daraus konstruieren". Für den venezolanischen Außenminister gibt es keinen Zweifel: "Dies ist ein weiteres Beispiel für die Medienkampagne gegen unser Land", twitterte er am Donnerstag (31.01).

Was war passiert? Venezuela befindet sich derzeit wegen des Machtkampfes zwischen Präsident Nicolás Maduro und Oppositionsführer Juan Guaidó im Fokus der Weltöffentlichkeit. Journalisten aus aller Welt reisen in Venezuela ein, um über die Krise zu berichten. Die venezolanischen Behörden haben in den vergangenen Tagen mehrere ausländische Journalisten verhaftet, die nicht über das erforderliche Journalistenvisum verfügten, sondern nur über ein normales, welches wesentlich schneller und unbürokratischer zu bekommen ist.

Unkalkulierbares Risiko

Drei Journalisten der spanischen Nachrichtenagentur EFE waren am Mittwoch vom venezolanischen Geheimdienst Sebin verhaftet worden. Bereits seit Dienstag sitzen zwei französische Journalisten des Fernsehsenders TF1 in Caracas in Haft. Auf Anfrage der DW bestätigte ein Mitarbeiter des Büros der spanischen Nachrichtenagentur EFE in Caracas, dass die drei EFE-Kollegen ohne Journalistenvisa eingereist seien. Der Mitarbeiter, der nicht namentlich genannt werden wollte, bestätigte auch, dass die drei inhaftieren Kollegen noch im Laufe des Tages freikommen würden.

Jorge Arreaza Montserrat, Außenminister Venezuela
Venezuelas Außenminister Arreaza wittert eine "Medienkampagne" gegen sein LandBild: picture-alliance/Photoshot

Andere Journalisten haben nicht so viel Glück und sitzen länger als nur einen Tag im berüchtigten Helicoide-Gefängnis in Caracas. Der deutsche Journalist Billy Six wurde Mitte November letzten Jahres verhaftet. Six, der ohne Journalistenvisum nach Venezuela einreiste, wird von den venezolanischen Behörden Spionage, Rebellion und das Verletzen von Sicherheitszonen vorgeworfen. Ein erster Besuch des Inhaftierten durch Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Caracas konnte erst am 9. Januar stattfinden.

Die venezolanischen Behörden stellen sich auf den Standpunkt, das Recht und Ordnung nun mal eingehalten werden müssen. Das trifft für einen Rechtsstaat sicherlich zu. Dennoch wird die spezielle Visumspflicht für Journalisten in einer ganzen Reihe von Staaten auch dazu missbraucht, um eine unliebsame Berichterstattung zu behindern.

"Die Webseite ist leider nicht erreichbar"

"In unübersichtlichen Konflikten wie aktuell in Venezuela ist es besonders wichtig, dass unabhängige Journalisten von vor Ort berichten können, für die Menschen im Land, aber auch für das internationale Publikum. Wer Kollegen an ihrer Arbeit hindert, muss etwas zu verbergen haben", so DW-Chefredakteurin Ines Pohl. 

Venezuela Unterstützer von Präsident Maduro Kämpft mit Journalisten in Caracas
Journalisten berichten über eine Demonstration von Maduro-Unterstützern in CaracasBild: Reuters/C. Garcia Rawlins

Ein Anruf der DW bei der venezolanischen Botschaft in Berlin mit der Bitte um Auskunft über ein Journalistenvisum verläuft ernüchternd. "Das läuft ausschließlich über die Webseite des Ministeriums für Kommunikation. Aber leider ist die Webseite schon seit mehreren Tagen nicht erreichbar", sagt die freundliche Stimme am anderen Ende der Leitung. Und selbst wenn, würde eine ordentliche Akkreditierung voraussichtlich 30 Tage dauern - viel zu lang, um von vor Ort über die aktuellen Entwicklungen im Land berichten zu können. Und so stecken die ausländischen Journalisten - wie sehr oft bei der Arbeit in Krisengebieten - in dem Dilemma, einerseits die Einreisebestimmungen, die oft willkürlich zur Behinderung der journalistischen Arbeit ausgelegt sind, respektieren zu müssen, und andererseits schnell, aktuell und fundiert über das Geschehen vor Ort berichten zu wollen.

Visum als Instrument der Kontrolle

Auch Reporter ohne Grenzen beklagt eine alarmierende Zunahme der Zensur in Venezuela im Zuge der aktuellen Staatskrise. Laut einer Erhebung des Instituts für Presse und Gesellschaft in Venezuela (IPYS) hat es zwischen dem 1. und dem 28. Januar 2019 im Land 45 Angriffe auf Journalisten gegeben, darunter willkürliche Festnahmen, Beschlagnahme von Ausrüstung sowie Gewalt durch Polizei und Militär.

"Das Journalistenvisum wird in bestimmten Ländern oft als Instrument der Kontrolle missbraucht", vermutet Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen Deutschland gegenüber DW: "Im Sinne der Pressefreiheit wäre es zu begrüßen, wenn der venezolanische Außenminister sich mal darüber aufregen würde", so Mihr.