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Verantwortung ohne finanzielle Kosten

Hülya Köylü24. Juni 2002

Die Türkei hat den Oberbefehl über die Internationale Sicherheitstruppe in Afghanistan übernommen. Deutschland wollte nicht, also kommt jetzt das einzige Nato-Mitglied mit islamischer Bevölkerung zum Zuge.

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Türkisches Oberkommando in AfghanistanBild: AP

Nach dem militärischen Vorgehen der USA und Großbritanniens gegen Taliban und El Kaida gab es zwei Länder, die als Nachfolger der Briten für das Kommando über die Internationale Sicherheitstruppe für Afghanistan (ISAF) in Frage kamen: die Türkei und Deutschland. Deutschland lehnte unter Hinweis auf die Grenzen seiner militärischen Kapazitäten wegen verschiedener friedenserhaltender Engagements auf dem Balkan ab. Übrig blieb die Türkei.

NATO-Bündnispartner zahlen

Doch das Land steckt notorisch in finanziellen Schwierigkeiten. Deshalb mussten sich die anderen Bündnispartner im Zuge von Verhandlungen mit den USA zur Hilfe verpflichten. Dem von Wirtschaftskrisen erschütterten Land an der geographischen Peripherie Europas wurde zugesichert, dass die Kosten für das Engagement in Afghanistan von den Verbündeten übernommen werden.

Politiker, Militärs und weite Teile der Bevölkerung sind stolz wegen der neuen Aufgabe. Allerdings hatte sich Ankara anfangs eher schwer getan, sich mit dem Gedanken einer türkischen Verantwortung für die ISAF anzufreunden. Die Struktur der Truppen, die Dauer des Mandats, die Kompetenzen - all dies sorgte für Bauchschmerzen und musste langwierig verhandelt werden.

Angst vor Unterwanderung durch Islamisten

So bestand die Türkei darauf, dass die überwiegende Mehrheit der ISAF-Truppen von Soldaten aus NATO-Ländern gestellt wird. Der Hintergrund: In der strikt säkular verfassten Türkei herrschte große Angst vor, dass bei Einbeziehung anderer islamischer Länder heimlich radikal-islamische Kräften in die ISAF-Reihen eingeschleust werden könnten. Von offizieller Seite wurde dies als "großes Risiko" beschrieben.

Unter die Verantwortung der Türkei fallen künftig zum Beispiel die Koordination der Truppenkontingente, die Organisation von Lufttransporten und die Geheimhaltung des Nachrichtenaustauschs. Am Ende setzte sich die Türkei auch gegen den Willen der Briten mit ihrer Forderung durch, die strategischen amerikanischen Informationssysteme nutzen zu können. Ob die Türkei in naher Zukunft dem amerikanischen Wunsch folgt und den Nachrichtenaustausch aus eigenen Kräften finanziert, bleibt offen.

1.500 türkische Soldaten in Afghanistan

Das türkische Oberkommando hat auch personelle Konsequenzen. Bisher gab es unter den rund 5.000 Soldaten aus 18 Ländern nur knapp 300 Türken. Künftig werden es 1.500 sein. Als Nachfolger des Briten John McColl übernimmt der türkische General Akin Zorlu das Kommando. In der Türkei geht man davon aus, dass sich Zorlu auf einen kooperationsbereiten afghanischen Sicherheitsapparat verlassen kann. Schließlich gibt es seit rund acht Jahrzehnten militärische Beziehungen zwischen Afghanistan und der Türkei.