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Verfahren gegen Villepin

27. Juli 2007

Wegen einer Rufmordkampagne gegen den heutigen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy ist ein Ermittlungsverfahren gegen den früheren Ministerpräsidenten Dominique de Villepin eingeleitet worden.

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Dominique de Villepin nach seinem Gerichtstermin, Quelle: AP
Dominique de Villepin nach seinem GerichtsterminBild: AP

Villepin werde "Mittäterschaft bei verleumderischer Denunziation" vorgeworfen, sagte sein Anwalt Luc Brossolet am Freitag (27.7.) in Paris. Der Ex-Premier werde verdächtigt, an der Verleumdung Sarkozys mit Hilfe gefälschter Kontolisten mitgewirkt zu haben. Sarkozy und Villepin waren erbitterte Rivalen um die Nachfolge des damaligen Präsidenten Jacques Chirac.

Die Ermittlungsrichter Henri Pons und Jean-Marie d'Huy verdächtigen Villepin, die berüchtigte Clearstream-Affäre organisiert zu haben. Der Skandal hatte die Regierung vor zwei Jahren in eine tiefe Krise gestürzt. Villepin wies den Verdacht energisch zurück: "Zu keinem Zeitpunkt habe ich mich an einem politischen Manöver beteiligt", sagte er vor Journalisten. Alle seine Handlungen im Zusammenhang mit der Affäre seien seine Pflicht als Minister gewesen.

Luxemburgische Kontolisten

Der Beginn des Skandals liegt dreieinhalb Jahre zurück. Ende 2003 waren gefälschte Kontenlisten des luxemburgischen Finanzinstitutes Clearstream aufgetaucht, auf denen neben zahlreichen prominenten Politikern auch der Name des damaligen Innenministers und heutigen Präsidenten Nicolas Sarkozy stand. Die Kontoinhaber hatten angeblich Schmiergeld aus dem Verkauf einer Fregatte an Taiwan aus dem Jahr 1991 erhalten.

Daten und Fakten zu Frankreich

Der frühere Regierungschef war vor zwei Wochen erneut unter Druck geraten, nachdem die Justiz belastendes Material auf dem Laptop eines Geheimdienstgenerals sicher gestellt hatte. Philippe Rondot hatte auf seinem Computer festgehalten, Villepin - damals Außenminister - habe die Weiterleitung der gefälschten Listen an einen Untersuchungsrichter angeordnet, um Sarkozy zu schaden.

Initiator Chirac?

Der frühere Staatspräsident Jacques Chirac war den Aufzeichnungen zufolge der Initiator. Sarkozy deutete die Affäre als Manöver, um ihn auf dem Weg zur Präsidentschaftskandidatur von Chiracs konservativer Partei UMP politisch zu erledigen, und erstattete selbst Anzeige. Villepin hatte sich 2004 noch selbst Hoffnung auf die Nachfolge Chiracs gemacht.

Jean-Louis Gergorin
Schlüsselfigur: Jean-Louis GergorinBild: picture-alliance / dpa

Eine der Schlüsselfiguren des Skandals ist der Villepin-Vertraute Jean-Louis Gergorin. Der damalige Vize-Chef des EADS-Konzerns hat eingeräumt, anonyme Briefe an die Justiz geschrieben zu haben, in denen Sarkozy angeschwärzt wurde. Die Zeitung "Libération" veröffentlichte am Freitag Auszüge aus einem Verhör Gergorins aus der vergangenen Woche, in denen Villepin schwer belastet wird.

Umstrittene Immunität

Dominique de Villepin verlässt das Justizgebäude, Quelle: AP
Dominique de Villepin bleiben noch Rechtswege offenBild: AP


'Nach französischem Gesetz hat ein früherer Minister das Recht, dass sein Fall von einem speziellen Gerichtshof behandelt wird. Bevor es zu einer möglichen Anklage kommt, muss geklärt werden, ob Villepins Aktivitäten im Zusammenhang mit der Clearstream-Affäre in seine Funktion als Minister fielen, wie er bisher beteuert. Er könnte daher gegen die Eröffnung eines formellen Ermittlungsverfahren juristisch vorgehen.

Wegen der Affäre wurden schon mehrere prominente Politiker vernommen, darunter Expremier Jean-Pierre Raffarin und die heutige Innenministerin Michèle Alliot-Marie. Chirac selbst lehnt es ab, zu Clearstream auszusagen. Er beruft sich auf die Immunität für Handlungen während seiner Zeit als Staatsoberhaupt. Dieser Standpunkt ist allerdings umstritten. (wga)