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Verfrühter Wahlkampf im Bundestag

Bernd Gräßler20. November 2012

Bei den abschließenden Haushaltsberatungen im Bundestag herrscht bereits Wahlkampfatmosphäre. Außerdem sind neue Griechenlandhilfen im Gespräch. Nächste Woche könnte darüber abgestimmt werden.

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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht am 20.11.2012 im Bundestag in Berlin. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Die Unsicherheit, wann und in welcher Höhe neue Finanzhilfen für Griechenland notwendig werden, liegt über der abschließenden Debatte des Bundeshaushaltes für 2013, die am Dienstag begann. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, kündigte an, die Regierung wolle in der kommenden Woche über weitere Finanzspritzen abstimmen lassen und gehe von einer eigenen Mehrheit für die Auszahlung weiterer Hilfstranchen aus. Bereits am Mittwoch (21.11.) sollen die Fraktionen der im Bundestag vertretenen Parteien in Sondersitzungen über das Treffen der Eurogruppe der Finanzminister am Dienstagabend informiert werden.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble äußerte vor dem Parlament lediglich, man habe am Abend in Brüssel schwierige und wichtige Entscheidungen vor sich. Deutschlands Wohlstand hänge "auf Gedeih und Verderb" von der Entwicklung der gemeinsamen Währung ab. Deshalb engagiere man sich für nachhaltige Lösungen, "aber diese Lösungen müssen so sein, dass alle in Europa den Anreiz haben, ihrer Verpflichtung als Mitglied einer Wirtschafts- und Währungsunion gerecht zu werden". Zur Herabstufung der Bonität Frankreichs durch die Rating-Agentur Moody´s sagte der deutsche Finanzminister, dies sei eine "kleine Mahnung", die man nicht dramatisieren solle.

Regierung erfüllt Fiskalpakt

Der Finanzminister sprach am ersten Tag der Haushaltsdebatte. Endgültig beschlossen werden soll der Etat 2013 vom Bundestag an diesem Freitag. Er sieht bei Gesamtausgaben von 302 Milliarden eine Neuverschuldung von 17,1 Milliarden Euro vor. Damit erfüllt Deutschland die Vorgaben des europäischen Fiskalvertrags über die Begrenzung der Staatsverschuldung.

Debatte über Haushalt 2013

Schäuble wehrte sich gegen Kritik der Opposition, man könne noch viel mehr sparen. Schäuble habe es versäumt, die gute Konjunktur für einen konsequenten Schuldenabbau zu nutzen. Der Haushaltsexperte der oppositionellen SPD, Carsten Schneider, meinte dagegen an Schäuble gewandt:" Ihre Aufgabe wäre es gewesen, bei den höchsten Steuereinnahmen, die wir je hatten und angesichts niedriger Zinsen - weil wir der Krisengewinnler Europas sind – die Neuverschuldung längst auf Null zu senken". Schäuble entgegnete:

"Deutschland ist und bleibt unbestritten Stabilitätsanker und Wachstumslokomotive in Europa".

Gegenseitige Vorwürfe

In einer vom bevorstehenden Bundestagswahlkampf geprägten Debatte warfen sich Regierung und Opposition gegenseitig Buchungstricks und Täuschungsmanöver vor. Die Regierung handle nach der Devise "Nach mir die Sintflut!" und bediene bis zuletzt die Interessen ihrer Klientel, beklagte die Opposition. Beispiel sei die für 2013 beschlossene Einführung des umstrittenen Betreuungsgeld für Familien, deren Kleinkinder keine öffentlich subventionierten Betreuungseinrichtungen besuchen.

Für die Linke bemängelte der Abgeordnete Dietmar Bartsch, dass sich die ungünstige wirtschaftliche Prognose und die europapolitischen Risiken nicht im Bundeshaushalt für 2013 widerspiegelten. Die Grünen-Haushaltspolitikerin Priska Hinz nannte es eine Frechheit, dass der Etat des von der CSU geführten Bundesverkehrsministeriums in letzter Minute um 750 Millionen Euro aufgestockt werde. Aus Sicht der Opposition ist dies Wahlkampfhilfe für die in Bayern regierende Koalition aus CSU und FDP vor den ebenfalls im Herbst 2013 anstehenden bayrischen Landtagswahlen. Hinz kritisierte scharf die Kürzungen im Etat des Entwicklungsministeriums, dessen Einzelplan am Mittwoch debattiert wird.

Schäuble forderte die Opposition auf, im Bundesrat, der Ländervertretung, das Steuerabkommen mit der Schweiz nicht länger aus parteipolitischem Kalkül zu blockieren. Anderenfalls gingen dem Bund im kommenden Jahr Steuereinnahmen verloren.

Der Bundestag beschloss am Dienstag auch die Umsetzung des europäischen Fiskalvertrages in deutsches Recht. Die Ratifizierung des internationalen Vertrages durch Bundestag und Bundesrat war bereits im Juni erfolgt.