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Verhaltene Reaktionen

17. August 2011

Wirtschaftsregierung, Schuldenbremse und Finanztransaktionssteuer - gute Vorsätze werden Angela Merkel und Nicolas Sarkozy bescheinigt. Doch wie viel davon lässt sich umsetzen? Ökonomen haben ihre Zweifel.

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Angela Merkel und Nicolas Sarkozy auf dem Sondertreffen in Paris (Foto: dapd)
Wollen Führungsstärke zeigen: Merkel und Sarkozy in ParisBild: dapd

Für Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) war das Thema Euro-Bonds "ein Sommertheater, das auch von den Märkten gerne inszeniert wird, weil natürlich hin und wieder sich Ökonomen und auch Politiker finden, die das unterstützen."

Holger Bahr von der Deka Bank (Foto: DW)
Holger Bahr von der Deka BankBild: DW

Die deutsche Kanzlerin und Frankreichs Staatspräsident lehnten Euro-Bonds in Paris ab, zur Beruhigung vor allem vieler Deutscher, denn für sie würde eine gemeinsame Anleihe die Zinsen erhöhen. Solche Bonds könne man sich vielleicht am Ende eines Integrationsprozesses vorstellen, aber nicht mittendrin, so Sarkozy nach dem Treffen vom Dienstag (16.08.2011). Dieser Einstellung schließt sich Holger Bahr an. Er leitet die volkswirtschaftliche Abteilung der Deka Bank: "Wenn man eines Tages die Vereinigten Staaten von Europa hätte, dann sind Europa-Bonds das Anlagevehikel, dann ist das die Form der Finanzierung." Aber das sei nichts, was man übers Knie brechen könnte. "EU-Verträge zu ändern dauert viel länger als zwei, drei Wochen", sagte Bahr zu DW-TV.

Wirtschaftsregierung: Nebulös und wenig konkret

Viel mehr als zwei, drei Wochen werden auch vergehen, bis es die von Merkel und Sarkozy angesprochene Wirtschaftsregierung geben wird. "Der grundsätzliche Ansatz, stärker zu kommunizieren, sich stärker abzustimmen, auch verbindlicher miteinander Wirtschaftspolitik zu betreiben, ist aller Ehren wert", so Holger Bahr von der Deka Bank weiter. Das, was angekündigt wurde mit der europäischen Wirtschaftsregierung, sei allerdings etwas nebulös und wenig konkret.

Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (Foto: DW)
Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in KölnBild: DW-TV

Konkret ist zuerst nur, dass das Politiker-Duo für den Vorsitz dieser Regierung den EU-Ratspräsidenten Herman van Rompuy vorgeschlagen hat und sich die Regierungschefs aller 17 Euro-Länder zweimal im Jahr treffen sollen. Wirtschaftsforscher Michael Hüther sieht ein Legitimationsproblem: "Es gibt natürlich keine Legitimation durch ein Parlament." Dieses Dilemma hätten alle Europäischen Institutionen, da sie "dem Europäischen Parlament gegenüber in keiner vergleichbaren Legitimationsnot stehen, wie das in der normalen demokratischen Kultur eines Nationalstaats der Fall ist", sagte Hüther gegenüber DW-WORLD.DE.

Schuldenbremse: Es lönnte an der Umsetzung haken

Lob erhält die Idee von Merkel und Sarkozy, eine Schuldenbremse in den Verfassungen aller Euro-Länder bis Sommer 2012 zu verankern. "Grundsätzlich ist das natürlich ein ganz konkretes Signal, um zu verdeutlichen, dass man die Märkte verstanden hat", urteilt Holger Bahr von der Deka Bank. Eine öffentliche Verschuldungspolitik solle es nicht mehr geben. "Und wenn die Politik das unterstreicht mit solch einem Instrument, dann würde ich das zunächst einmal sehr positiv werten", so Bahr weiter. Allerdings müssen alle 17 Euro-Länder der Schuldenbremse zustimmen. Es ist fraglich, ob das bis zum nächsten Sommer realistisch ist.

Enttäuschung an den Finanzmärkten

Heribert Dieter von der SWP (Stiftung Wissenschaft und Politik)) in Berlin (Foto: privat)
Heribert Dieter von der SWP (Stiftung Wissenschaft und Politik)) in BerlinBild: H. Dieter

Die von Merkel und Sarkozy vorgeschlagene Finanztransaktionssteuer stößt beim Aktienmarktbetreiber Deutsche Börse auf Ablehnung. Sie wäre "ein Geschenk an die unregulierten Finanzplätze und Finanzprodukte dieser Welt", so der Kommentar des Dax-Unternehmens.

Diese in Aussicht gestellte Steuer und die Absage an die Euro-Bonds führten dazu, dass die Aktienindizes am Mittwoch (17.08.2011) nur eine Richtung kannten: nach unten. Heribert Dieter von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin (SWP) rät im Gespräch mit DW-WORLD.DE zu Gelassenheit: "Finanzmärkte neigen zu Übertreibungen, in die eine wie in die andere Richtung. Deswegen braucht man nicht gleich die Fundamente der Europäischen Währungsunion auf den Kopf zu stellen."

Autorin: Zhang Danhong
Redaktion: Henrik Böhme