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Verhindern Hefepilze bei Morbus Crohn die Darm-Heilung?

19. März 2021

Was die chronisch-entzündliche Darmerkrankung auslöst, ist bislang unklar. Morbus Crohn beeinträchtigt die Lebensqualität und ist nicht heilbar. Laut einer neuen US-Studie könnte ein Hefepilz verantwortlich sein.

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Symbolbild Magenschmerzen Bauchschmerzen
Bild: Colourbox/J. Sapic

Der Hefepilz Debaryomyces hansenii  ist kein Unbekannter: Er ist in vielen Käsesorten, in Bier, in Wein, in Wurst und in fermentierten Lebensmitteln enthalten. Bei Untersuchungen von Mäusen haben Forschende der Washington University School of Medicine (WUSM) in St.Louis festgestellt, dass dieser Hefepilz verletztes Darmgewebe infizieren und die Wundheilung stören kann.

Den selben Hefepilz fanden die Forschenden auch in der entzündeten Darmschleimhaut der meisten an Morbus Crohn Erkrankten. In einem gesunden Darm ist er dagegen nur bei jedem zehnten Menschen vorhanden.

Weitverbreitet und nicht heilbar

Morbus Crohn gehört zusammen mit Colitis ulcerosa zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, die in den letzten zwanzig Jahren deutlich zugenommen haben. Allein in Nordamerika und Europa leiden darunter mehr als 3,5 Millionen Menschen. Deutschland hat mit rund 400.000 Betroffenen eine der höchsten Prävalenzen weltweit zu verzeichnen.

Morbus Crohn
Morbus Crohn - Aufnahmen einer Entzündung im Verdauungstrakt Bild: picture-alliance/dpa/J. Mangler

Diese entzündlichen Darmkrankheiten verursachen meist heftige Bauchschmerzen sowie blutigen Durchfall und schränken die Lebensqualität der Betroffenen oftmals erheblich ein. Bisher können Medikamente diese Entzündungen nur unterdrücken, bislang sind diese Krankheiten aber nicht heilbar.

Antimykotikum beschleunigt Wundheilung

Sind viele Debaryomyces hansenii-Hefepilze in einem entzündeten Darmabschnitt vorhanden, führe dies laut der im Fachblatt "Science" veröffentlichten Studie zur Produktion des entzündungsfördernden Botenstoffs CCL5 durch Makrophagen. 

"Unsere Arbeit unterstützt die Annahme, dass Debaryomyces hansenii für gesunde Menschen ungefährlich ist, aber für Morbus-Crohn-Patienten problematisch sein könnte", sagt Co-Autor Thaddeus Stappenbeck. Andere Hefepilze wie Saccharomyces cerevisiae oder Candida-Arten hingegen würden die Wundheilung nicht behindern.

Durch den gezielten Einsatz des spezifischen Antimykotikum Amphotericin B könne laut Studie die Keimanzahl der problematischen Hefepilze verringert und die Wundheilung der Darmschleimhaut beschleunigt werden.

Betroffene müssen sich gedulden

Da es sich um eine Untersuchung bei Mäusen handelt, sind die Erkenntnisse nur bedingt auf den Menschen übertragbar. Dass aber möglicherweise Pilze dafür verantwortlich sind, dass die Wundheilung bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen gestört wird, ist eine wertvolle neue Beobachtung.

Auch Studien-Autor Umang Jain sieht keine Veranlassung für Betroffene, deshalb ihre Ernähungsgewohnheiten umzustellen: "Wir raten nicht, dass die Menschen aufhören, Käse und verarbeitetes Fleisch zu essen. Das würde weit über das hinausgehen, was wir jetzt wissen".

Auch könne die belastende Krankheit nicht sofort geheilt werden, sagt der Mediziner Jain: "Selbst wenn wir also herausfänden, wie wir die Wundheilung verbessern könnten, würden wir die Krankheit nicht heilen. Aber bei Menschen mit Morbus Crohn verursacht die gestörte Wundheilung eine Menge Leid. Wenn wir zeigen können, dass die Reduktion dieses Pilzes im Körper der Betroffenen - entweder durch Ernährungsumstellung oder durch antimykotische Medikamente - die Wundheilung verbessern könnte, dann könnte dies die Lebensqualität auf eine Weise beeinflussen, die wir mit traditionelleren Ansätzen nicht erreichen konnten."

Dafür aber sind weitere umfassende klinische Studien nötig. Als nächstes sollen deshalb größere Studien an Menschen durchgeführt werden. Nur so lässt sich klären, ob es einen Zusammenhang zwischen der Ernährung und der Häufigkeit dieses Pilzes im Darm gibt. Und was dies für neue Behandlungsmethoden oder möglicherweise für eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten bedeuten könnte. 

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund