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Versagte der Thüringer Verfassungsschutz?

9. Januar 2012

Der Verfassungsschutz in Thüringen hat schon vor 14 Jahren von kriminellen Machenschaften der Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gewusst. Dennoch konnte Böhnhardt während einer Durchsuchungsaktion abtauchen.

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Neonazi-Trio Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos (Foto: dpa)
Fahndungsfoto der Polizei von 1998: Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos (v.l.)Bild: picture-alliance/dpa

Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz hat bestätigt, dass im November und Dezember 1997 Beamte der Erfurter Behörde Böhnhardt und Mundlos observierten. Die Rechtsterroristen kauften in dieser Zeit in verschiedenen Baumärkten Material zum Bau einer Bombe, so unter anderem Brennspiritus und Gummiringe, wie der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) berichtet. Gelagert wurde das Material in einer Garage in Jena.

Wenige Wochen später, Ende Januar 1998, wurde die Garage von Polizisten durchsucht. Während der Aktion entfernte sich Böhnhardt unbehelligt vom Durchsuchungsort und tauchte ab. Die Beamten stellten in der Garage unter anderem 1,4 Kilogramm Sprengstoff in Rohrbomben sicher.

Ramelow erhebt schwere Vorwürfe

Thüringens Linken-Fraktionschef Ramelow (Foto: dpa)
Thüringens Linken-Fraktionschef Ramelow wirft dem Verfassungsschutz Schlamperei vorBild: picture-alliance/dpa

Der Fraktionschef der Linken im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, hielt dem Verfassungsschutz nun vor, seinerzeit wichtige Informationen aus der Observation als "geheim" eingestuft und damit der Polizei vorenthalten zu haben. "Die Polizei hätte mit diesen Informationen eine ordentliche Durchsuchung planen und ordentliche Haftbefehle erwirken können", sagte Ramelow dem MDR.

Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz wies die Vorwürfe zurück. Die Observationsergebnisse seien dem Landeskriminalamt Thüringen übermittelt worden, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. Die Dokumentation sei nur als "vertraulich" eingestuft worden. Die übermittelten Informationen seien dann auch genutzt worden.

Ergebnis vielleicht bis Ostern

Ein erster Zwischenbericht zu möglichen Ermittlungspannen der Behörden in Thüringen bei der Verfolgung von Böhnhardt, Mundlos und ihrer Komplizin Beate Zschäpe wurde am Montag (09.01.2011) in Erfurt vorgelegt. Eine von der Landesregierung berufene unabhängige Kommission untersucht dort die Arbeit von Verfassungsschutz und Polizei. Der Leiter der Kommission, der ehemalige Bundesrichter Gerhard Schäfer, erklärte, man habe umfangreiches Aktenmaterial ausgewertet und sei noch mitten in der Arbeit. Er hofft, bis Ostern ein Ergebnis vorlegen zu können.

Das Neonazi-Trio tauchte nach Aushebung seines Lagers 1998 unter und ließ sich unter falschem Namen erst im sächsischen Chemnitz und dann in Zwickau nieder. Die drei gründeten die Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU). Auf ihr Konto sollen mindestens zehn Morde an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern sowie einer Polizistin gehen.

Autorin: Susanne Eickenfonder (dapd, dpa, afp, rtr)
Redaktion: Reinhard Kleber