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Versicherer haben keine Angst vor Harvey

Brigitte Scholtes
28. August 2017

Der Sturm "Harvey", der über den Südwesten der USA hinweg gezogen ist, hat weniger Schäden verursacht als zunächst befürchtet. Teuer könnte er zwar trotzdem werden, doch das sorgt die Versicherer nicht.

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Bild: Reuters/R. Carson

Die wirtschaftlichen Folgen von Harvey sind noch nicht zu übersehen. Harvey, der zunächst als Wirbelsturm Verwüstungen im amerikanischen Bundesstaat Texas angerichtet hatte, ist zwar inzwischen zum Tropensturm herabgestuft. Doch der Starkregen, den er mit sich bringt, dürfte noch einige Tage andauern. Deshalb wagt es die Versicherungsbranche nicht, sich jetzt schon konkret zu den möglichen Schäden zu äußern, die Harvey nach sich ziehen könnte.

"Die Windschäden sind auf weitgehend dünn besiedelte Regionen gestoßen", erklärt Ernst Rauch vom weltgrößten Rückversicherer Munich Re. Er leitet dessen Corporate Climate Centre, das die Auswirkungen des Klimawandels analysiert. Als Beispiel nennt er die Stadt Rockport, die besonders getroffen wurde: Sie zähle gerade einmal 10.000 Einwohner. Aus heutiger Sicht erwartet Rauch deshalb nicht, "dass Harvey auch nur annähernd an die Schadenhöhen von Katrina herankommt."

Der Staat übernimmt viele Kosten

2005 hatte der Wirbelsturm Katrina große Teile von New Orleans überflutet und Hunderttausende Einwohner obdachlos gemacht, 1322 Menschen starben. Die Volkswirtschaft der USA kostete er 125 Milliarden Dollar, davon war etwa die Hälfte versichert.

Seither aber hat die US-Regierung vor allem die Schadensabsicherung für Überschwemmungsschäden verändert, nun gibt es dort ein staatlich-privates Versicherungsprojekt, das "National Flood Insurance Program".

"Dort ist der Staat im Wesentlichen der Träger der Schäden", erklärt Ernst Rauch von Munich Re. "Das heißt, für dieses Versicherungsprogramm sind in der Tat substantielle Schäden zu erwarten, aber nur ein kleiner Teil davon ist heute in der privaten Versicherungswirtschaft rückversichert."

Der Benzinpreis steigt

Vor allem eine Branche ist stark getroffen: Die Ölindustrie der USA ist vor allem an den Küsten von Louisiana und Texas mit Produktionsanlagen, verarbeitender und chemischer Industrie angesiedelt. Houston, das auch schwer getroffen ist von Überschwemmungen, wird als "Energiehauptstadt" der USA bezeichnet. Die Schäden für diese Branche seien noch schwer abzuschätzen, meint Versicherungsexperte Rauch.

Am Ölpreis selbst ist das noch nicht zu spüren, der gab gestern sogar leicht nach. "Da sind zwar ein Teil der Ölproduktion und einige Produktionsanlagen geschlossen worden", sagt Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank.

Viel deutlicher sind die Folgen an den Preisen für Ölprodukte abzulesen, vor allem an denen für Benzin. Sie legen aktuell um etwa vier Prozent zu. Denn die Raffinerien in Texas wurden im Vorfeld des Hurrikans zum Teil evakuiert. Sie haben eine Kapazität von 5,6 Millionen Barrel am Tag, etwa zwei Millionen Barrel am Tag sollen wegen Harvey betroffen sein.

"Harvey“ überflutet Texas

Die Ölförderer haben gelernt

Ob das auch Auswirkungen auf die Benzinpreise in Europa haben wird, da sind sich die Fachleute noch nicht ganz sicher. Eigentlich dürfte das nicht der Fall sein, glaubt etwa Dora Borbély, Rohstoffexpertin der Dekabank. Auch die Öllager seien noch sehr gut gefüllt. Deshalb werde man den Produktionsausfall wahrscheinlich gut aus den Lagern ausgleichen können.

Dass die wegen der Überschwemmung Schaden nehmen könnten, glaubt Eugen Weinberg von der Commerzbank nicht. Auch die Ölbranche habe aus den Wirbelstürmen der Vergangenheit gelernt und die Anlagensicherheit erhöht.

Dennoch werde es dauern, bis die endgültigen Schäden an den Anlagen feststehen: "Die Regulierung von Überschwemmungsschäden ist komplex", erklärt Versicherungsexperte Ernst Rauch von Munich Re.  Denn nicht alle Immobilien und Anlagen, die unter Wasser stehen, seien zerstört und müssten ersetzt werden. Bis aber ermittelt werde, wie hoch das Ausmaß der Schäden sei, könne es noch ein halbes Jahr, womöglich sogar ein Jahr dauern.