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Neuer EU-Vertrag

Matthias Klein19. Juni 2007

Vor dem Gipfel in Brüssel präsentieren sich die EU-Mitgliedsstaaten in Sachen Verfassung uneinig. Nun ist aber ein Ausweg in Sicht: Ein neuer EU-Vertrag.

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Eine Lösung ist in Sicht: Merkel mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Topolanek, einem Verfassungs-BlockiererBild: AP

Die Polen sind nicht einverstanden, die Briten nicht und auch die Tschechen melden Bedenken an: Die Fronten bei den Verhandlungen um die EU-Verfassung sind verhärtet. Als Ratspräsidentin hat es Angela Merkel nicht leicht. Verschiedene Positionen stehen sich unversöhnlich gegenüber.

Klassischer Änderungsvertrag

Die Lösung dieses Dilemmas wird wohl sein, dass die Europäische Union auf eine Verfassung im eigentlichen Sinne verzichtet und stattdessen einen neuen Vertrag in der Tradition der Verträge von Amsterdam oder Nizza beschließt.

Die EU-Außenminister einigten sich in der Nacht zum Montag (17.6.07) bereits auf einen solchen klassischen Änderungsvertrag zu den bereits bestehenden EU-Verträgen. Dieser soll zentrale Punkte des Verfassungsentwurfs aufgreifen und umsetzen. Der neue Vertrag wäre dann kein kompletter Text, sondern würde in juristisch gewundenen und meist schwer verständlichen Formulierungen bestehendes Recht ergänzen.

Keine Verfassung, sondern nur ein Vertrag – ist das ein fauler Kompromiss? Nein, meint Janis Emmanouilidis, EU-Experte am Centrum für angewandte Politikforschung (CAP): "Es ist der Kompromiss, der nötig sein wird, um sich im Kreise der EU-Mitgliedsstaaten zu einigen und um dann auch tatsächlich die Chance zu haben, dass das Ergebnis tatsächlich in allen EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert wird. Ich glaube sehr wohl, dass man diesen Vertrag ernst nehmen kann, denn er wird die wichtigsten Elemente des Verfassungsvertrags beinhalten."

Verhandlungen in einer Regierungskonferenz

Vermutlich würden die genauen Details in einer Regierungskonferenz verhandelt. Dort müssten dann auch die Details zum Abstimmungsverfahren geklärt werden – der Aspekt, bei dem die Polen auf einer Änderung des bisher vorgesehenen Modus beharren. In einem optimalen Szenario würden sich die Staaten auf dem Gipfel in Brüssel auf die Einberufung einer solchen Konferenz einigen, sagt Andreas Maurer, EU-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Dazu reicht eine einfache Mehrheit der Länder. Lediglich das Europäische Parlament müsste noch angehört werden, aber "das hat schon signalisiert, dass es eine Konferenz gut heißt", sagt Maurer.

Die Verhandlungen könnten dann bereits unter der kommenden portugiesischen Ratspräsidentschaft beginnen. In der Berliner Erklärung im März diesen Jahres hatten die EU-Staaten als Ziel formuliert, "die Europäische Union bis zu den Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 auf eine erneuerte gemeinsame Grundlage zu stellen." Dieses Ziel sei mit dem neuen EU-Vertrag im Optimalfall zu erreichen, meint Maurer.

Bis spätestens Dezember 2007 müssten sich die EU-Länder dazu auf den Änderungsvertrag einigen. Nach der Übersetzung in alle Amtssprachen könnte dieser dann im März 2008 unterzeichnet werden. Im Anschluss könnten die Verfahren der Ratifizierung in den Ländern beginnen. Alleine in Belgien müsste der neue Vertrag durch sieben Parlamente bestätigt werden. Geht alles gut, wäre der neue Vertrag 2009 rechtzeitig zu den Europa-Parlaments-Wahlen ratifiziert.

Einigungschance groß

Wenig wahrscheinlich ist nach Meinung der Experte, dass einer der Staaten die Verfassung oder den neuen Änderungsvertrag durch sein Veto ganz platzen lassen will. Im Moment gehe es den Regierungschefs "um die Vermarktung des Verhandlungsergebnisses gegenüber der eigenen Öffentlichkeit", erklärt Maurer. Deshalb gingen einige auf Konfrontationskurs. An einem generellen Scheitern habe aber keiner Interesse. Deshalb sei es sehr wahrscheinlich, dass letztlich ein Vertrag zustande kommen werde.