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Vertuschungsversuche beim Haditha-Massaker?

1. Juni 2006

In den USA verdichten sich die Hinweise auf ein Massaker in der irakischen Stadt Haditha durch US-Soldaten. Scheinbar haben die Beschuldigten bewusst versucht, die Vorgänge im November 2005 zu verheimlichen.

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US-Soldaten in Haditha im Oktober 2005Bild: AP

In der Affäre um das mutmaßliche Massaker an irakischen Zivilisten in Haditha haben die betroffenen US-Soldaten möglicherweise bewusst falsche Angaben gemacht. Das berichtet die 'Washington Post' am Donnerstag (01.06.) unter Berufung auf einen Armeevertreter. Ein Unteroffizier der US-Marineinfanterie belog demnach seinerzeit seinen Vorgesetzten, indem er angab, 15 Zivilisten wären durch eine am Straßenrand deponierte Bombe getötet worden. Neun weitere Getötete habe er zudem fälschlich als aufständische Kämpfer bezeichnet.

USA Haushaltsentwurf 2006 George Bush
Bush fordert AufklärungBild: AP

Dem US-Armeevertreter zufolge sollte Untersuchungsbericht bereits bis Ende der Woche ranghohen Kommandeuren vorgelegt werden. Die Ermittler wollten darin Veränderungen bei der Ausbildung der für den Irak vorgesehenen Soldaten vorschlagen und vor allem ein Versagen der Führungsoffiziere feststellen.


Beweise auf Video

US-Marineinfanteristen sollen nach Zeugenaussagen am 19. November 2005 in dem rund 200 Kilometer nordwestlich von Bagdad gelegenen Ort Haditha ein Blutbad angerichtet haben, bei dem auch Frauen und Kinder getötet wurden. Das geht aus einem am Mittwoch veröffentlichten Video hervor, in dem ein zwölfjähriges irakisches Mädchen als eine der wenigen Überlebenden von dem Massaker berichtet. Demzufolge seien 24 Zivilisten getötet worden, ohne dass die US-Soldaten angegriffen worden seien, schreibt die "New York Times" unter Berufung auf US-Militärquellen.

Videoaufnahme von Massaker von Haditha, Irak
Haditha: Auch Auswirkungen auf die US-Präsens im IrakBild: AP

Mit dem Versuch der raschen Schadensbegrenzung traten US-Präsident George W. Bush und Außenministerin Condoleezza Rice dem Vorwurf der Vertuschung entgegen. Es wäre ein fürchterlicher Schandfleck für die Vereinigten Staaten, wenn so etwas geschehen wäre, sagte Rice dem US-Nachrichtensender CNN. Bush kündigte in einer ersten Reaktion eine Bestrafung der Verantwortlichen an, falls sich die Vorwürfe bestätigen. "Das ist die Art, wie Demokratien auf solche Umstände reagieren", sagte er. Rice wie Bush wiesen darauf hin, dass die übergroße Mehrheit der US-Armeeangehörigen im Irak ehrenhaft diene.

USA unter Druck

Derweil geraten die USA im Ausland wegen des mutmaßlichen Massakers immer weiter unter Druck: Der irakische Ministerpräsident Nurik al-Maliki verurteilte am Donnerstag erneut Übergriffe von Koalitionstruppen und kündigte Gespräche mit den US-Streitkräften über Regeln bei Einsätzen an. Maliki kündigte die Einsetzung einer Kommission an, die sich mit den politischen Konsequenzen aus diesem "Verbrechen der multinationalen Truppen" auseinandersetzen soll.

US-Patrouille in Bagdad
US-Patrouille in BagdadBild: AP

Der Befehlshaber der multinationalen Streitkräfte im Irak, General Peter Chiarelli, ordnete am Donnerstag eine Sonderausbildung für alle Soldaten an, "um professionelle militärische Werte und die Bedeutung disziplinierten, professionellen Verhaltens im Gefecht" ebenso wie kulturelle Erwartungen der Iraker zu betonen. "Als professionelle Militärs ist es wichtig, dass wir uns die Zeit nehmen, darüber nachzudenken, was uns von unseren Feinden unterscheidet", sagte Chiarelli. Das Fehlverhalten einiger weniger dürfe nicht die gute Arbeit der Mehrheit zunichte machen.

Negative Auswirkungen

Nach Einschätzung des Pentagons könnten die Vorwürfe Auswirkungen auf den US-Einsatz im Irak haben. Solche Vorwürfe, "egal, ob durch Beweise belegt oder nicht, können Einfluss auf die Fähigkeit der US-Truppen bei ihrem weiteren Einsatz haben", sagte US-General Carter Ham. Die US-Truppen und die irakischen Sicherheitskräfte seien auf die Unterstützung des irakischen Volkes angewiesen. Alles, was dies einschränke, sei "wenig hilfreich, für das, was wir zu tun versuchen", sagte er. Allein die Vorwürfe hätten zweifellos schon Auswirkungen. Deshalb sei die Untersuchung so wichtig. (ina)