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Viele Aufgaben für den neuen Mann an der Spitze

Rolf Wenkel29. Juni 2012

Am 1. Juli wurde Jim Yong Kim neuer Präsident der Weltbank. Seine Wahl, von den USA gefördert, hat viele Schwellenländer verärgert. Denen muss der Neue jetzt beweisen, dass er der richtige Mann ist.

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Jim Yong Kim (Foto: dpa)
Jim Yong KimBild: picture-alliance/dpa

Der 52-jährige Jim Yong Kim tritt kein leichtes Amt an. Sein Vorgänger hat die UN-Organisation zur Bekämpfung der Armut durch die globale Finanzkrise führen müssen. "Robert Zoellick hat keinen großen Fußabdruck hinterlassen", sagt Rolf Langhammer, Vizepräsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, zur DW. "Das liegt auch an den Schocks, die die Weltwirtschaft in dieser Zeit erlitten hat." Die Industrieländer hätten und haben ihre eigenen Probleme - in der Eurozone, in den USA, in Japan. "Da bleibt für die Weltbank und für die Probleme von Entwicklungsländern leider nicht sehr viel übrig."

Indes, für Peter Wahl von der deutschen Nichtregierungsorganisation Weed haben diese Zeiten der globalen Krisen auch etwas Gutes bewirkt: "Die Finanzkrise hat gezeigt, dass das blinde Vertrauen in den Markt eine Sackgasse war. Und es hat auch in der Finanzkrise einige Maßnahmen gegeben, die durchaus sinnvoll waren. So wurden der Gruppe der armen Länder günstige Hilfen zur Verfügung gestellt, um die Auswirkungen der Finanzkrise abzupuffern. Das waren richtige Maßnahmen, antizyklisch eingesetzt. Insofern hat die Weltbank da etwas gelernt."

Die Weltbank hat gelernt

Früher wurde der Weltbank vorgeworfen, sie befördere ebenso wie ihre Schwesterorganisation, der Internationale Währungsfonds, mit ihrem Credo zur Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung die Sache der Industrieländer. Nicht Entwicklungshilfe sei das eigentliche Ziel, sondern die Entwicklungsländer zu Märkten für die Industrieländer aufzubauen. Doch diese Vorwürfe hört man heute nicht mehr so laut wie früher. "Heute ist die Weltbank sehr damit beschäftigt, die verteilungspolitische Wirkung von solchen Programmen zu untersuchen und dabei vor allen Dingen auf die Situation der Ärmsten einzugehen", sagt der Kieler Ökonom Rolf Langhammer.

Die extreme Armut auf der Welt sei auf dem Rückzug, so lautet ein Fazit der Weltbank unter Robert Zoellick. Die Zahl der extrem Armen sei zwischen 1981 und 2008 von knapp zwei auf rund 1,3 Milliarden zurückgegangen. Mithin sei die Zahl der Menschen, die von weniger als 1,25 Dollar pro Tag leben müssen, um knapp 700 Millionen gesunken.

Doch das ist nur zum Teil ein Erfolg der Weltbank, sagt Rolf Langhammer. "Die Erfolge der Entwicklungsländer heute sind im Wesentlichen auf ihre eigenen Anstrengungen zurückzuführen sind und weniger auf die externe Unterstützung seitens der multilateralen oder bilateralen Geber, und das betrifft auch die Weltbank."

Die Bank bekommt Konkurrenz

Diese Entwicklung beschert der Weltbank ein massives Identitätsproblem. Länder wie China, Indien oder Brasilien sind inzwischen reich genug, um selbst Darlehen an Entwicklungsländer zu geben, 2010 hat China die Weltbank sogar als Kreditgeber für Entwicklungsländer überholt. "Die Weltbank muss durch die personelle Besetzung und durch eine inhaltliche Neuaufstellung diese Gegebenheiten berücksichtigen", ist Langhammer überzeugt.

Die Schwellenländer seien heute nicht nur Handelspartner für viele Entwicklungsländer, sondern auch wichtige Ressourcengeber - mit neuem Selbstbewusstsein. "Wenn die Weltbank und die industriellen Gebernationen dies nicht anerkennen, dann wird es eine Spaltung geben. Und die Gefahr ist, dass die Weltbank dann marginalisiert wird."

Peter Wahl von der Nichtregierungsorganisation Weed sieht in dieser Entwicklung eine Chance - denn Konkurrenz belebt das Geschäft: "Auch die BRICS, also die Staatengruppe Brasilien, Indien, China, Russland und Südafrika, haben beschlossen, eine eigene Entwicklungsbank zu gründen. Die Weltbank wird damit in Wettbewerb treten müssen - und das ist eine grundsätzliche und neue Herausforderung."

Viele Wünsche an den Neuen

Doch kann Jim Yong Kim die Schwellenländer davon überzeugen, dass er als Chef-Entwicklungshelfer der Vereinten Nationen der richtige Mann am richtigen Ort ist? Peter Wahl von Weed hofft jedenfalls, dass neue Besen besser kehren als alte. "Es pfeifen die Spatzen vom Dach, dass die Millenniums-Entwicklungsziele nicht erreicht werden können bis 2015. Deshalb ist jetzt eine große Anstrengung notwendig, dass die Weltbank, gerade auch im Lichte der Konkurrenz im Wettbewerb mit China und den anderen BRICS-Staaten zeigt, dass sie hier tatsächlich noch gebraucht wird."

Der Kieler Ökonom Rolf Langhammer hofft, dass Kim viel stärker als sein Vorgänger Robert Zoellick den Kontakt zu den Schwellenländern sucht, und dass sich die Weltbank mehr mit der Umwelt und den endlichen Ressourcen beschäftigt. "Wir haben diese Riesenprobleme der Ressourcenerschöpfung, der Erschöpfung landwirtschaftlicher Flächen und so weiter. Es würde der Weltbank gut zu Gesicht stehen, wenn sie sich diesen Themen stärker widmen würde."