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Viele Flutopfer in Pakistan warten noch auf Hilfe

3. August 2010

Durch die Flutkatastrophe in Pakistan sind bereits mehr als 1500 Menschen ums Leben gekommen, Hunderttausende fliehen vor den Fluten. Hilfsorganisationen warnen vor wachsender Seuchengefahr.

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Flutkatastrophe in Pakistan(Foto: AP)
Überall schmutziges Wasser - Millionen Menschen haben alles verlorenBild: AP

Pakistanische Behörden rechnen bislang mit 1500 Todesopfern infolge des Hochwassers im Nordwesten des Landes. Bislang gebe es allein in der nordwestlichen Provinz Khyber Pakhtunkhwa 1116 Todesfälle, sagte der Sprecher des privaten Rettungsdienstes Edhi, Mujahid Khan, am Montag (02.08.2010). Die Behörden hätten bislang 774 Todesopfer registriert, sagte der Informationsminister der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Mian Iftikhar Hussain. Insgesamt seien jedoch zwischen "1200 und 1500" Menschen getötet worden, sagte Hussain.

Untersuchungen der Vereinten Nationen in vier Bezirken ergaben außerdem, dass dort rund 980.000 Menschen obdachlos oder auf der Flucht sind. Die Zahl könne auf über eine Million steigen, wenn die Rettungsteams ihre Nachforschungen fortsetzten, teilte das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten in Genf mit.

Die pakistanische Regierung geht davon aus, dass insgesamt 1,5 Millionen Menschen von den Überschwemmungen betroffen sind. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) geht dagegen von deutlich mehr Betroffenen aus: 2,5 Millionen Menschen seien in Gefahr. In einer am Montag veröffentlichten Erklärung des IKRK hieß es: "In den meisten betroffenen Gegenden wurden ganze Dörfer ohne Vorwarnung von Wasserwänden weggespült."

Menschen suchen nach ihren Habseligkeiten (Foto: AP)
Die Menschen suchen in den Wassermassen nach ihren HabseligkeitenBild: AP

Menschen kritisieren Krisenmanagement

Es sind zwar mindestens 30.000 Soldaten im Katastrophengebiet im Einsatz. Dennoch wachsen bei den betroffenen Menschen der Zorn und das Unverständnis über die pakistanische Regierung und ihrem Vorgehen in dieser Lage. Zahlreiche Überlebende, kritisierten am Montag das Krisenmanagement. Sie hatten ohne ärztliche Versorgung und ohne Nahrung in Notunterkünften Zuflucht gefunden.

In der nordwestpakistanischen Stadt Peshawar demonstrierten Hunderte von Menschen dafür, dass die vom Ausland bereits bewilligten Hilfsgelder unmittelbar den Opfern zugute kommen müssen. "Das Schulgebäude, in dem ich Unterschlupf gefunden habe, ist voll mit Menschen, ohne eine ausreichende Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medizin", sagte der 53-jährige Demonstrant Ejaz Khan. Die Stammesgebiete Khyber und Mohmand hätten bislang überhaupt keine Hilfe erhalten. Nach Angaben der Vereinten Nationen warten dort noch 27.000 Menschen darauf, dass man ihnen hilft.

EU und UN stellen Hilfsgelder bereit

Die EU stellte 30 Millionen Euro Soforthilfe für die Flutopfer bereit. Angesichts der Notlage kündigte UN-Generalsekretär Ban Ki weitere Hilfsgelder in Höhe von zehn Millionen Dollar aus einem Nothilfe- Etat an.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte in Berlin, die Bundesregierung stelle für die Soforthilfe bis zu 500.000 Euro zur Verfügung. Die USA haben am Sonntag finanzielle Hilfe für Pakistan in Höhe von 10 Millionen Dollar versprochen. Nach pakistanischen Angaben haben die USA bereits vier Rettungsboote ins Katastrophengebiet geschickt sowie zwei Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung, vorgefertigte Stahlbrücken und 380.000 Lebensmittelpakete bereitgestellt.

Helfer befürchten große Seuchengefahr

Menschen in der nordwestlichen Provinz Khyber Pakhtunkhwa (Foto: Pakistan-Relief.org)
Nach der Flut sind die Lebensmittel besonders knapp - viele Flutopfer stehen ohne Lebensmittel und ärztlicher Versorgung daBild: Pakistan-Relief.org

Nach der Flutkatastrophe befürchten verschiedene Hilfsorganisationen eine drastische Zunahme von Seuchen. Der Einsatzleiter des Roten Halbmonds, Muhammad Ateeb Siddiqui, sagte: "Die ausgedehnte Verschmutzung des Wassers könnte zu gravierenden gesundheitlichen Problemen führen." Viele Menschen hätten "buchstäblich alles verloren". Waleed Rauf, Länderdirektor der privaten Hilfsorganisation CARE in Pakistan, berichtete: "Die Zerstörung ist vor allem in Khyber Pakhtunkhwa sehr hoch, wir hören ständig neue Berichte von Todesfällen und zerstörten Häuser." Tausende Menschen bräuchten nun dringend Notunterkünfte und eine Gesundheitsversorgung. "Es können schnell Seuchen ausbrechen", so Rauf.

Auch die Hilfsorganisation Caritas International warnt vor Seuchengefahr. Impfungen gegen Cholera und Hepatitis seien dringend notwendig, weil das Wasser für die Versorgung der Haushalte sehr stark verunreinigt sei. "Wir schätzen die Lage als sehr besorgniserregend ein", sagte Caritas-Referatsleiter für Pakistan, Reinhard Würkner. Da auch viele Tiere in den Fluten umgekommen seien, trieben deren Kadaver nun in den Fluten und stellten für die Menschen ein großes Gesundheitsrisiko dar.

Ex-Hochburg der Taliban

Die Bewohner der westlichen Regionen Pakistans leben ohnehin in großer Armut und leiden seit Jahren unter der Gewalt von Taliban und El Kaida. Am stärksten betroffen ist das Swat-Tal. Dort haben die Wassermengen mehrere Dörfer fast vollständig verschwinden lassen. Im Swat-Tal litten die Bewohner jahrelang unter dem Terror der Taliban, danach erlebten sie die blutige Militäroffensive gegen die militanten Islamisten. Hunderttausende Menschen mussten nach einer Regierungsoffensive gegen die Taliban im vergangenen Sommer ihr bereits Zuhause verlassen.

Autorin: Franziska Stotz (dpa, ap, rtr, afp)

Redaktion: Dirk Eckert