1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Viele Tote bei Bombenanschlägen am Flughafen von Kabul

26. August 2021

Nach mindestens zwei Explosionen vor dem Airport der afghanischen Hauptstadt sind zahlreiche Opfer zu beklagen, unter ihnen US-Soldaten. Der "Islamische Staat" reklamierte die Attacke für sich.

https://p.dw.com/p/3zWpS
Afghanistan | Kabul Airport Explosion
Zwei Explosionen ereigneten sich kurz hintereinander nahe dem Abbey-Tor des FlughafensBild: Xinhua/imago images

Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, schrieb auf Twitter, eine der Detonationen habe sich am Abbey-Tor des Flughafens ereignet. Eine zweite Explosion gab es in der Nähe des Hotels Baron, das nicht weit entfernt liegt.

Der Chef des US-Zentralkommandos, Kenneth McKenzie, sagte, Mitglieder der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) hätten Zivilisten und Soldaten attackiert. Zwei Selbstmordattentäter hätten sich in die Luft gesprengt. Zudem sei geschossen worden. Auch zwölf Angehörige der US-Streitkräfte wurden demnach getötet und 15 verletzt.

Eine weitere Detonation, die einige Stunden später die Menschen vor Ort erschreckte, war nach Angaben eines Taliban-Sprechers eine gezielt herbeigeführte Explosion durch das US-Militär, das Sprengstoff unschädlich gemacht habe. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.

Washington setzt Rettungsmission fort

Die USA setzten die Evakuierungsmission ungeachtet des Angriffs bis zum 31. August fort. "Der IS wird uns nicht davon abhalten", so McKenzie. Man gehe davon aus, dass es weitere Anschläge geben werde, und bereite sich darauf vor.

Die Lage in Kabul ist nach wie vor unübersichtlich. Die Gesamtzahl der Todesopfer könnte 60 übersteigen, wie einheimische Behördenvertreter sagten. Ein Vertreter der radikalislamischen Taliban, die seit kurzem in Afghanistan an der Macht sind, sprach von "mehr als 13 Menschen", die bei den Detonationen getötet wurden. Mindestens 52 weitere seien verletzt worden, sagte der Sprecher des politischen Büros der Taliban in der katarischen Hauptstadt Doha, Suhail Schahin. Man verurteile diesen grausamen Vorfall aufs Schärfste und werde alles unternehmen, um die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen.

Afghanistan I Explosion am Flughafen in Kabul
Die Rauchschwaden nach den Detonationen waren weithin sichtbarBild: Wali Sabawoon/AP/picture alliance

Der IS reklamierte auf seinem Telegram-Kanal die Attacke für sich. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte bereits zuvor unter Berufung auf ungenannte Quellen aus der US-Regierung gemeldet, die USA verdächtigten das Khorasan-Netzwerk, einen Ableger des IS, als Urheber des Anschlags. Die Gruppe, auf deren Konto zahlreiche tödliche Angriffe in der Region gehen, ist mit den Taliban verfeindet. Auch abtrünnige Taliban sollen zu ihren Mitgliedern zählen.

Bundeswehr-Evakuierungseinsatz beendet

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärte, es seien keine eigenen Kräfte betroffen. Während des Attentats seien die deutschen Evakuierungsmaschinen gerade beladen worden. Der deutsche Kommandeur habe daraufhin den Notfallplan ausgelöst. Bis auf zwei Soldaten, die sich gerade im US-amerikanisch kontrollierten Teil des Flughafens befanden, konnten alle Bundeswehrangehörigen in Kabul abfliegen.

Karte Kabul Airport_Map Blast EN Abbey Gate Baron Hotel DE

Die verbliebenen zwei Soldaten gingen später an Bord eines Airbus A400M-Medevac, der noch einmal in der afghanischen Hauptstadt gelandet war. Dieses Sanitätsflugzeug ist auf dem Weg nach Taschkent. Die usbekische Hauptstadt dient als Drehkreuz für die Rettungsmission, deren militärischer Teil von deutscher Seite damit beendet ist. Die fliegende Intensivstation werde bei Bedarf aber weiter für die Behandlung von Verletzten zur Verfügung stehen, so Kramp-Karrenbauer.

Afghanistan | Kabul Airport Explosion
Kämpfer der Taliban vor einem Krankenhaus in Kabul, in dem Verletzte versorgt werdenBild: Wakil Kohsar/AFP/Getty Images

Insgesamt flog die Bundeswehr nach Angaben der Verteidigungsministerin 5347 Menschen außer Landes, darunter mehr als 4200 Afghanen. Alle deutschen Soldaten sowie sämtliche Angehörige des Auswärtigen Amts und der Bundespolizei hätten Afghanistan verlassen.

Kramp-Karrenbauer: Mehr Evakuierungsflüge "unmöglich"

Die Bundesregierung bemühe sich aber weiter um die Ausreise der noch verbliebenen Ortskräfte, sagte Kramp-Karrenbauer. Dies geschehe auch in direkten Gesprächen mit den Taliban. Deren Weigerung, einer Verlängerung der Evakuierungsmission über das Monatsende hinaus zuzustimmen, aber auch die Sicherheitslage hätten es "unmöglich" gemacht, weitere Flüge zu unternehmen. In den vergangenen Tagen hatte es zunehmend Warnungen vor Terroranschlägen rund um den Flughafen in Kabul gegeben. 

Bundesaußenminister Heiko Maas bekräftigte vor der Presse, Deutschland werde "alles daransetzen", den einheimischen Helfern der Bundeswehr, die noch in Afghanistan sind, die Ausreise zu ermöglichen. Er werde daher am Sonntag in die Region reisen, um mit seinen Amtskollegen in Usbekistan, Tadschikistan und Pakistan sowie in der Türkei und Katar über die Lage zu beraten.

Merkel: "Absolut niederträchtiger Anschlag"

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in einer ersten Reaktion: "Die Terroristen haben auf Menschen gezielt, die vor den Flughafentoren gewartet hatten." Merkel sprach von einem "absolut niederträchtigen Anschlag" und versicherte Betroffene und deren Angehörige ihres Mitgefühls.

Die Kanzlerin sagte eine geplante Reise nach Israel wegen der Krise in Afghanistan ab. Der Besuch solle nachgeholt werden, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Ein für diesen Donnerstag angesetztes Treffen des israelischen Ministerpräsidenten Naftali Bennett mit US-Präsident Joe Biden in Washington wurde wegen der Ereignisse auf Freitag verschoben.

Krisentreffen der UN-Vetomächte

UN-Generalsekretär António Guterres lud die Vetomächte des UN-Sicherheitsrats zu einem Krisentreffen ein. Laut Diplomatenkreisen sollen die Botschafter der USA, Chinas, Russlands, Großbritanniens und Frankreichs am Montag in New York mit Guterres zusammenkommen.

jj/uh (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird fortlaufend aktualisiert.