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Visa-Vergabe in Europa schreckt Hochqualifizierte ab

Thomas Franke5. Juni 2006

Europa will sich im Wettbewerb um Nachwuchskräfte behaupten. Deshalb soll es Talenten leicht gemacht werden, sich in der EU um Studienplätze zu bewerben. Das ist der Anspruch. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus.

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Antrag für ein Schengen-VisumBild: dpa
Ausländer und Deutsche in der Wirtschaft
Sie haben es geschafft: Zwei indische Kunden bei der SENTECH Instruments GmbH in BerlinBild: dpa Zentralbild

Auf dem Weg in die EU sind derart hohe Hürden zu nehmen, dass viele Bewerber schon entnervt aufgeben, wenn sie sich in den Botschaften der europäischen Staaten mit den Bedingungen für die Visavergabe konfrontiert sehen. Im Zeichen der neuen Sicherheits- und Antiterrorvorschriften wurden diese deutlich verschärft.

Die Visavergabe – ein Papierkrieg

Das Beispiel der Mazedonierin Valentina Dimitrovska zeigt, wie langwierig der Weg zum Visum ist. Sie ist Biologin, 27 Jahre alt und soll zwei Jahre an einem Institut in Italien forschen. Die Einladung und den Vertrag hat sie bereits. 13 Tage hat sie auf den Termin in der italienischen Botschaft gewartet, um ein Visum zu beantragen: "Du musst alle Papiere dabei haben, insgesamt etwa 40, um der Botschaft zu beweisen, dass du nicht den Rest deines Lebens in Italien bleiben möchtest, sondern dass du zurück nach Mazedonien kommen wirst."

In einer Broschüre der Botschaft steht, was man für ein Visum braucht: Eine feste Wohnung in Mazedonien, die Eltern müssen Geld verdienen, eine Krankenversicherung, und nicht zuletzt eine gehörige Summe Bargeld. Gerade das letzte ist für viele Menschen ein Problem, zumal für junge Leute. Valentina ist nicht reich. Sie wohnt, wie viele junge Mazedonier, mit ihrer Schwester und ihren Eltern zusammen. Sie berichtet weiter: "Dann brauchte ich den Nachweis, dass meine Mutter arbeitet und Geld hat. Mein Vater ist schon pensioniert. Ich musste die Abrechnungen seiner letzten drei Gehälter vorzeigen. Und noch mehr." Mehrere Monate hat die Prozedur gedauert.

Lieber in die USA

Dass es so nicht weitergehen kann, ist mittlerweile auch in Brüssel angekommen. Zu viele Leute wenden der EU den Rücken zu. Ewa Klamt ist Mitglied der konservativen EVP-Fraktion und Berichterstatterin für Migration im Europaparlament: "Gerade sehr intelligente Menschen haben es einfach irgendwann nicht mehr nötig, zu sagen: 'Ich warte hier jetzt schon eine Ewigkeit auf ein Visum, um in diese Europäische Union einreisen zu können. Dann zieh ich es vor, in die Vereinigten Staaten zu ziehen oder nach Kanada zu gehen. Dort bin ich erwünscht, dort kann ich forschen, dort kann ich arbeiten.'" Ewa Klamt ist mit den Schlussfolgerungen in ihrer Partei in der Minderheit: "Wir sagen: 'Wir sind kein Einwanderungskontinent.' Deutschland sagt: 'Wir sind kein Einwanderungsland.' In Wirklichkeit ist ständige Bewegung, und zwar von Menschen, die zu uns kommen, und auch von Menschen, die in andere Länder gehen."

Image Europas nimmt Schaden

Die Mazedonierin Valentina Dimitrovska hat die Prozedur hinter sich, erfolgreich. Die junge Biologin darf nach Italien fahren um dort forschen. Aber sie ist gekränkt: "Ich fühle mich diskriminiert. Das Ansehen unserer Nation ist sehr gering, aber hier wird deine Würde echt strapaziert. Was glauben die, wer ich bin? Bin ich ein Räuber oder ein Terrorist?"

Valentina brauchte mal ein Visum für Großbritannien. In der Botschaft wurde es komplett absurd: "Der Beamte fragte: 'Woher soll ich wissen, dass Sie hier sind?' Und ich hab ihm geantwortet: 'Sie sehen doch, dass ich da bin, es gibt von mir keinen Klon.' Das war lächerlich, aber man muss auf solche dämlichen Fragen antworten."