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Vogelgrippe bei Zugvögeln:<br>Eine unsichtbare Gefahr

Das Gespräch führte Torsten Gellner24. Mai 2005

In China sind 178 Wildgänse gefunden worden, die an dem Vogelgrippevirus verendet sind. Brunhilde Schweiger vom Robert-Koch-Institut klärt im Gespräch mit DW-WORLD über die Gefahren dieser Entwicklung auf.

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Experten haben das tödliche Virus bei Wildgänsen festgestelltBild: AP

In einem Naturreservat am Qinghai-See in Westchina, das unter anderem Zugvögeln aus Indien als Brutstätte dient, sind 178 tote Wildgänse gefunden worden. Nachdem am Samstag (21.5.05) das Vogelgrippevirus H5N1 als Todesursache identifiziert wurde, hatte das Landwirtschaftsministerium Alarm geschlagen. China begann umgehend mit der Impfung von drei Millionen Hühnern, Enten und Gänsen, um eine Übertragung des Virus zu verhindern. Bislang gab es keine Berichte, dass die Krankheit auf Geflügel oder gar Menschen übertragen worden ist. Es ist das erste Mal seit einem Jahr, dass in China die Vogelseuche entdeckt wurde.

Seit Dezember 2003 haben sich in Südostasien insgesamt 97 Menschen mit H5N1 infiziert, 53 sind daran gestorben. Die WHO beobachtet, ob und wie sich das Virus verändert, da durch Mutationen die Infektiosität sprunghaft ansteigen könnte. Bisher geht man davon aus, dass sich Menschen durch den Kontakt mit infiziertem Geflügel anstecken können. Die WHO befürchtet jedoch, dass angesichts möglicher Mutationen eine Übertragung der Krankheit von Mensch zu Mensch erfolgen könnte. Beweise für diese Vermutung gibt es bislang aber nicht.

DW-WORLD: Was bedeutet die Entdeckung der an Vogelgrippe verendeten Zugvögel?

Brunhilde Schweiger: Das ist schon etwas ungewöhnlich. Solche Viren sind bisher zwar immer mal wieder bei Zugvögeln aufgetaucht, aber in der Regel sind die Tiere daran nicht erkrankt. Die Gefahr besteht jetzt darin, dass dieses Virus von den infizierten Zugvögeln in Zuchtgeflügelbestände eingebracht werden könnte.

Wie könnte das Virus von den Wildenten auf das Geflügel übertragen worden sein?

Zugvögel machen meist an Wassergebieten, an Seen Rast, wo sich in der Nähe häufig auch Hausgeflügel findet. Über die Ausscheidungen der Vögel, die hohe Mengen von Viren enthalten können, könnten die Erreger dann über die fäkal-orale Route von dem Zuchtgeflügel aufgenommen worden sein.

Wie lässt es sich erklären, dass die Zugvögel jetzt an dem Virus verendet sind?

Es handelt sich um ein verändertes H5N1-Virus, das sich im Körper recht schnell ausbreiten kann. Es ist in der Vergangenheit schon vorgekommen, dass Wildvögel an diesen veränderten, also gefährlicheren H5-Viren erkrankt sind, jedoch ohne dass es zu solch drastischen Konsequenzen geführt hätte wie jetzt. Letztlich kann man noch keine eindeutige Erklärung für den jetzigen Fall geben.

Ist die Ansteckungsgefahr für Menschen nun größer geworden?

Das ist nicht zwangsläufig der Fall. Bisher haben wir zwar noch nicht allzu viele Informationen, aber soweit man das beurteilen kann, hat die chinesische Regierung sehr schnell reagiert. Problematisch ist jedoch etwas anderes: Es gibt Hinweise darauf, dass das entdeckte gefährliche Virus in Wildvögeln zirkuliert, ohne dass eine Erkrankung auftritt. Wenn man nicht sieht, wie die Tiere tot umfallen, hält man sie auch nicht für krank. Insofern besteht die Gefahr, dass es über Wildgeflügel zu Infektionen kommt, auch wenn diese Tiere keine Symptome zeigen.

Wie beurteilen Sie das chinesische Krisenmanagement. Haben die Behörden richtig reagiert?

Das würde ich schon sagen. Es gibt ein großes regionales Impfprogramm, wobei in dem betroffenen Umkreis alles Hausgeflügel vorsorglich geimpft wurde. Dieser Kreis soll jetzt noch sukzessive ausgeweitet werden. Insofern ist keine direkte Gefährdung zu sehen. Auch die WHO hat die vorsorgliche Impfung als eine richtige Maßnahme gelobt.

Wie gut ist Deutschland auf eine mögliche Pandemie vorbereitet?

Vor einigen Monaten hat Deutschland einen Pandemie-Plan vorgelegt. Es geht darum, die Auswirkungen einer möglichen Pandemie so gering als möglich zu halten. Drei große Schlüsselmaßnahmen stehen hierfür zur Verfügung: Einmal die Möglichkeiten der Impfung, dann die Möglichkeit einer Therapie respektive Prophylaxe mit antiviralen Medikamenten und schließlich seuchenhygienische Maßnahmen. Alles in allem ist Deutschland, auch im Vergleich zu anderen Ländern, schon ganz akzeptabel aufgestellt.