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Vom richtigen Umgang

Silke Ballweg29. November 2002

Mehr als zehn Jahre nach der Wende floriert das Geschäft zwischen deutschen und osteuropäischen Firmen. Es könnte sogar noch besser laufen. Wenn sich beide Seiten besser verstünden.

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EU-Außengrenze im polnischen Swiecko: Der Handel boomtBild: AP

Seit der Wende im Jahr 1989 ist der internationale Handel zwischen deutschen und osteuropäischen Firmen stetig gewachsen. Allein in Ungarn gehört mittlerweile die Hälfte aller Firmen einem ausländischen Unternehmen. Viele deutsche Firmen zögern jedoch noch immer vor dem Schritt Richtung Osteuropa. Sie fühlen sich überfordert von dem bürokratischen Dschungel der Fördermöglichkeiten, den vielen Gesetzesänderungen und neuen Handelsabkommen. Und sie fürchten die kulturellen Unterschiede, die sich während der letzten Jahrhunderte zwischen Ost- und Westeuropa aufgebaut haben.

Unwissenheit

"Wenn ein Deutscher mit einem russischen Manager zusammenarbeiten will, muss er mehr kennen, als nur die Geschäftszahlen", sagt Marion Dathe, Geschäftsführerin von interculture.de. Dathe ist innerhalb ihrer internationalen Unternehmensberatung für den Bereich Russland zuständig. Sie bestätigt, was viele Firmen verunsichert: Wenn Firmen aus Ost und West miteinander kooperieren, prallen Welten aufeinander.

Ihre Kontakte zu deutschen Firmen, sagt Dathe, entstünden häufig durch Zufall. "Viele Firmen sprechen uns mit einem konkreten Übersetzungsproblem an. Aber wenn wir uns mit dem Fall beschäftigen, dann stellen wir oft fest, dass das eigentliche Problem nicht an der Übersetzung liegt, sondern an der Art und Weise, wie die Unternehmen miteinander reden." Beide Seiten würden Fehler machen, ohne es zu merken.

Interkulturelles Verständnis

Deutsche Unternehmen sensibilisiert Dathe zum Beispiel für die komplett andere Art der Gesprächsführung ihrer russischen Geschäftspartner. "In Deutschland ist es üblich, schnell zum Punkt zu kommen und sehr offen und direkt miteinander zu reden." In Russland liefen Gespräche aber ganz anders. Man erkundige sich anfangs nach dem Befinden des Partners. Erst gegen Ende des Gesprächs komme man zum Geschäftlichen. Viele Russen hätten mit der schnellen und direkten Art der Deutschen Schwierigkeiten. Die Unterschiede mündeten auf beiden Seiten schließlich in mangelnden Kooperationswillen. "Dann steckt der Karren aber meist schon im Dreck."

Dathe hat sich darauf spezialisiert, international agierende Manager zu schulen und das interkulturelle Verständnis der Unternehmen zu schärfen. Russische Unternehmer würden zum Beispiel viel Wert auf eine klare hierarchische Ordnung legen. Der typische russische Manager sei ein älterer Mann, der unter anderem wegen seiner Lebenserfahrung geachtet wird.

Schwierig, aber nicht unmöglich

Für deutsche Unternehmen bedeute das: "Nicht den Jungmanager oder gar eine Frau schicken, beide werden von den russischen Partner nicht ernst genommen." Außerdem würden sie der russischen Seite das Gefühl vermitteln: Den Deutschen sind wir nicht wichtig, sonst würden sie einen richtigen Chef und nicht etwa nur einen jungen Mitarbeiter schicken. Trotzdem: Kein Grund zum Verzweifeln: "Es kann zwar sehr verzwickt werden", sagt Dathe. "Aber wenn man diese Unterschiede kennt, dann macht man sich das Leben viel einfacher."