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Vom Studenten zum Unternehmer

Bianca Schröder2. Januar 2014

Ein eigenes Unternehmen zu gründen, können sich nur wenige Studierende vorstellen. Gründungsförderungen an Hochschulen sensibilisieren für das Thema und helfen beim Weg in die Selbstständigkeit.

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Die Australier Shoaib Burq und Kashif Rasul (Foto: DW/Bianca Schröder)
Bild: Bianca Schröder

Shoaib Burq hatte nach seinem Uni-Abschluss an der University of Melbourne eine gut bezahlte Stelle bei einer australischen Behörde. Die Arbeit machte ihm Spaß. Und doch war dem heute 33-jährigen Australier klar, dass er dort nicht bis zur Rente bleiben wollte. "Ich wusste, wie es dort beruflich weitergehen würde, und ich hatte diesen unternehmerischen Antrieb", sagt Burq. Ein Glück für ihn, dass sein Cousin Kashif Rasul nicht nur seine Leidenschaft für Landkarten teilte, sondern auch seinen Hang zum Unternehmertum. Rasul war für seine Promotion in Mathematik bereits 2003 nach Berlin gezogen. Kein schlechter Ort, um ein Start-up zu gründen, dachte der Geoingenieur Burq, und folgte seinem Cousin 2010.

So viel Unternehmergeist wie die beiden Australier hätten nicht viele Studierende, sagt Michael Liecke vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK): "Lediglich sieben Prozent der Studenten wollen nach ihrem Abschluss ein Unternehmen gründen, damit liegen wir im internationalen Vergleich so ziemlich auf dem letzten Platz." Wesentlich stärker ausgeprägt ist der Unternehmergeist laut Umfragen in den angelsächsischen Ländern. Doch das Interesse an der beruflichen Selbstständigkeit wächst auch unter Studierenden in Deutschland - nicht zuletzt dank des Engagements der Hochschulen. Viele haben in den letzten Jahren Zentren für Gründungsförderung eingerichtet. Sie helfen den Studierenden, Antworten auf drängende Fragen zu finden.

Michael Liecke vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (Foto: DW/Bianca Schröder)
Michael Liecke vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag wünscht sich, dass die Hochschulen ihr Engagement noch verstärkenBild: Bianca Schröder

Frauen gründen seltener

Ohne diese Unterstützung, die sie von der Freien Universität Berlin bekamen, wäre es für Kashif Rasul und Shoaib Burq viel schwieriger gewesen, ihr Start-up auf die Beine zu stellen. "Der Gründungsservice hat uns zu Finanzierung und Unternehmensform beraten, er hat uns ein Büro bereitgestellt und uns geholfen, unser Start-up bekannt zu machen", sagt Rasul. Es entstand SpacialDB, ein Start-up, das den Aufbau und die Pflege von fortgeschrittenen Geo-Datenbanken anbietet. Das können etwa Routenplaner für Rollstuhlfahrer sein, aber auch Karten für Hilfsorganisationen, die nach einer Naturkatastrophe im Einsatz sind und Informationen über die aktuelle Lage in der Region benötigen. Ein EXIST-Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums half den Jungunternehmern in der Anfangsphase.

An der Freien Universität kommen besonders viele Ausgründungen aus den Fächern Mathematik und Informatik. Das hänge auch mit den Finanzen zusammen, erläutert Steffen Terberl vom Gründungsservice der Hochschule: Wer seine Geschäftsidee online verwirklichen kann, benötigt weniger Startkapital als etwa ein Chemiker, der auf Labore und Material angewiesen ist. Unter den Gründern an der Berliner Hochschule sind deutlich mehr Männer als Frauen. Dies spiegelt die bundesweite Situation wider, wie eine Studie des Bundesbildungsministeriums ergab. Frauen nehmen demnach die eigenen Defizite stärker wahr und haben weniger Spaß am Umgang mit Chancen und Risiken.

Die Australier Shoaib Burq und Kashif Rasul (Foto: DW/Bianca Schröder)
Die Gründer Shoaib Burq und Kashif Rasul haben mit ihrem Start-up den Schritt die Selbstständigkeit gewagtBild: Bianca Schröder

Hochschulen suchen die Nähe zum Markt

Dass Hochschulen den Unternehmergeist ihrer Angehörigen fördern, sei volkswirtschaftlich sinnvoll, sagt Michael Liecke vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag: "Wir haben in Deutschland die glückliche Situation, dass wir Industrien haben, die sich im internationalen Umfeld sehr gut behaupten können, aber dies sind eher traditionelle Industrien. Deswegen brauchen wir die Impulse aus der Wissenschaft, um auch in neuen Bereichen wie Software oder Biotechnologie kompetitiv zu sein." Liecke wünscht sich von den Hochschulen noch mehr Engagement, zum Beispiel durch die Integration des Themas Unternehmensgründung in die Curricula verschiedener Fächer.

An vielen Universitäten gibt es bereits Workshops, in denen Studierende ihre Geschäftsideen erproben können. Das Angebot zeuge von einem Bewusstseinswandel, erläutert Steffen Terberl von der Gründungsförderung der Freien Universität. Zu diesem Umdenken habe eine Änderung des Arbeitnehmererfindungsgesetzes im Jahr 2002 geführt: "Nicht mehr der Professor selber war für die Verwertung der Erfindung zuständig, sondern die Schutzrechte gehörten fortan dem Arbeitgeber", erklärt er. "An vielen Hochschulen hat man festgestellt, dass man noch sehr marktfern war und Überlegungen angestellt, über Ausgründungen Marktnähe herzustellen." Denn eine Erfindung sei nichts wert, wenn kein Produkt daraus resultiere.

Steffen Terberl vom Gründungsservice der Freien Universität Berlin (Foto: DW/Bianca Schröder)
Steffen Terberl vom Gründungsservice der FU Berlin hilft Studierenden bei drängenden FragenBild: Bianca Schröder

Mit einem Gründerboom rechnet der DIHK trotz der Angebote der Hochschulen nicht. Etwas Gutes haben sie jedoch bewirkt: Eine Studie des DIHK hat gezeigt, dass diejenigen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen, heute besser vorbereitet sind als frühere Generationen.