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Von der Hilflosigkeit deutscher Minister

19. Dezember 2015

Der Ruf nach Entlastung bei der Verteilung der Flüchtlinge ist bisher im Nichts verhallt. Während Außenminister Steinmeier den Osteuropäern nun mit Klage droht, tritt Flüchtlingskoordinator Altmaier auf die Bremse.

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Kanzleramtsminister Peter Altmaier und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (foto: Getty Images)
Die Bundesregierung ringt in der Flüchtlingskrise um eine gemeinsame Position gegenüber den EU-Partnern: Kanzleramtsminister Altmaier (l.) und Außenminister SteinmeierBild: Getty Images/AFP/J. Macdougall

"Wenn es nicht anders geht, werden die Dinge eben auf den dafür vorgesehenen Wegen juristisch geklärt." Damit spielte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier auf mögliche Verfahren wegen Vertragsverletzungen sowie Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof an. Denjenigen Partnern in der Europäischen Union, die sich weigern, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, drohte der deutsche Chefdiplomat unverhohlen mit juristischen Konsequenzen. Klar war, dass er damit vor allem die ost- und mitteleuropäischen Regierungen meinte.

Über die Dauer solcher Verfahren und die Aussichten auf Erfolg äußerte sich der Minister im Interview des Hamburger Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" nicht. Europa sei "eine Rechtsgemeinschaft, das einmal gegebene Wort zählt etwas", gab sich Steinmeier aber zuversichtlich. Eine Klage sei "nicht schön, aber dann muss es eben sein". Europäische Solidarität sei "keine Einbahnstraße", so der Sozialdemokrat.

Ganz anders hört sich zeitgleich dazu Kanzleramtsminister Peter Altmaier an, der für die Bundesregierung die Flüchtlingspolitik koordinieren soll. Er lehnte Drohungen zum Beispiel an die Staaten Osteuropas strikt ab.

Beim jüngsten EU-Gipfel waren die deutschen Forderungen nach einer gerechten Verteilung der Flüchtlinge in Europa weitgehend zurückgewiesen oder auch schlicht ignoriert worden. Ungeachtet dessen hatte sich Altmaier auch da überraschend optimistisch gezeigt. Schließlich werde nun "mit Hochdruck" daran gearbeitet, die Auffanglager in Griechenland und Italien "möglichst bis Weihnachten" funktionsfähig zu machen, behauptete der CDU-Politiker. Und dies sei die Voraussetzung dafür, die Verteilung der Flüchtlinge auf andere Länder vorzunehmen.

Jetzt sagte Altmaier dem Münchner Magazin "Focus", er "glaube, dass unsere befreundeten Länder in Osteuropa bald erkennen werden, dass jedes moderne Land, das sich in der Globalisierung bewähren will, Migration nicht ausblenden kann". Deswegen habe er "immer dafür geworben, dass man in der EU nicht droht, sich erpresst oder Handtaschen auf den Tisch stellt". Er zeigte sich noch einmal überzeugt, dass sich die EU "zusammenraufen" werde. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in Brüssel auf Überzeugungsarbeit gesetzt.

Ranghohe europäische Politiker waren erschienen, um in Rom eine kleine Gruppe Eritreer nach Schweden zu verabschieden (foto: Getty Images)
Ranghohe europäische Politiker waren erschienen, um in Rom eine kleine Gruppe Eritreer nach Schweden zu verabschiedenBild: Getty Images/AFP/A. Solaro

Zahlreiche andere führende europäische Politiker hatten den Ost- und Mitteleuropäern schon mit Gegenmaßnahmen gedroht, etwa mit der Streichung von EU-Fördergeldern. Insbesondere in Österreich macht sich Unmut über die "Verweigerer" in den Visegrad-Staaten breit. Bundeskanzler Werner Faymann hatte zuletzt gewarnt, man könne auch die EU-Beiträge kürzen, sollten sich osteuropäische Länder nicht an der Aufnahme von Migranten beteiligen.

Steinmeier beklagte, manche der Nachbarländer machten es sich "zu einfach" mit dem Vorwurf, "dass eineinhalb Millionen Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak doch nur wegen 'deutscher Willkommenskultur' nach Europa strömen". Die EU-Kommission sei den Forderungen vieler Mitgliedstaaten nach einem besseren Schutz der EU-Außengrenzen jetzt nachgekommen. Dafür müssten jene Partner, die in der Frage der Lastenverteilung "zurückhaltend" gewesen seien, hier "schnell Nägel mit Köpfen machen".

Die EU-Staaten hatten im September die Verteilung von 160.000 Asylbewerbern in Europa vereinbart, was in der Praxis bislang kläglich gescheitert ist. Nur 232 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland wurden in andere EU-Länder gebracht.

SC/ml (afp, dpa, spiegel)